Arzneimittel und Therapie

Capecitabin - ein orales Fluoropyrimidin

Bei der Behandlung des kolorektalen Karzinoms ist in den USA ein neues Therapieprinzip in Entwicklung: die Behandlung mit oralen Fluoropyrimidinen.


Einer der wichtigsten Vertreter dieser neuen Substanzklasse ist der Wirkstoff Capecitabin (XelodaTM). Hierbei handelt es sich um ein orales Krebstherapeutikum, das entwickelt wurde, um Effizienz und Verträglichkeit der Tumortherapie zu verbessern. Capecitabin ist bislang das einzige oral wirksame Fluoropyrimidin. Die Substanz wurde von der amerikanischen Food und Drug Administration und der Schweizer Zulassungsbehörde im Mai 1998 zugelassen.

Dreistufige Aktivierung


Über einen dreistufigen Reaktionsweg wird Capecitabin im Organismus zu Fluorouracil aktiviert. Zunächst erfolgt dabei die Absorption durch die intestinale Mukosa, wobei das Molekül unverändert bleibt. Dies ist vorteilhaft, da so die Gefahr von Diarrhöen minimiert wird. In der Leber wird eine Carbamat-Seitenkette abgespalten und das Molekül wird durch das Enzym Carboxylesterase zu Deoxy-5-Fluorocytidin metabolisiert und durch die Cytidindesaminase schließlich zu Deoxy-5-Fluorouridin umgewandelt. Entscheidend ist die anschließende Metabolisierung zu Fluorouracil durch das vorrangig im Tumorgewebe vorhandene Enzym Thymidinphosphorylase. Sowohl Capecitabin als auch die beiden Metabolite sind nicht toxisch.

Hohe Konzentration im Tumorgewebe


Pilotstudien bei 18 Patienten nach chirurgischer Resektion eines Kolonkarzinoms und mit Lebermetastasen haben ergeben, daß bei der Verabreichung von Capecitabin in den Tumorzellen etwa 3,5fach höhere Konzentrationen an Fluorouracil erzielt werden als im gesunden Gewebe. Auch die Studien der Phase I und II verliefen hoffnungsvoll. Als Nebenwirkungen traten neben der Diarrhö Übelkeit sowie das Hand-Fuß-Syndrom (Schwellung der Hände und Füße) auf, jedoch keine Stomatitis, Myelosuppression und Haarverlust.
Der neue Wirkstoff erwies sich als sicher und effizient. Die Gabe von Capecitabin könnte zukünftig ein bevorzugter Weg sein, um Fluorouracil zu verabreichen.

Oral statt intravenös


Besonders vorteilhaft ist, daß durch eine orale Therapie die hochwirksame intravenöse Dauerinfusion ersetzt werden kann. Das steigert den Therapiekomfort des Patienten erheblich. Dazu trägt aber auch die deutlich bessere Verträglichkeit der Medikation bei. Diese ist als entscheidender Vorteil des neuen Regimes anzusehen, da sie die Behandlung erträglicher für den Patienten macht.
Von der besseren Verträglichkeit profitieren nicht nur die Tumorpatienten. Infolge der resultierenden geringeren Hospitalisierungsdauer dürfte die neue Therapieform direkt mit wirtschaftlichen Vorteilen verknüpft sein.
Präklinische Studien zeigen zudem, daß die Gabe von Capecitabin eine bessere klinische Effektivität als die intravenöse Fluorouracil-Behandlung hat. Derzeit laufen klinische Studien der Phase III bei Patienten mit fortgeschrittenem kolorektalen Karzinom, bei denen die Wirksamkeit von Capecitabin mit derjenigen von intravenösem Fluorouracil plus Leukovorin vergleichen wird.
Quelle
Prof. Dr. Y. M. Rustum, Buffalo/USA, Prof. Dr. Richard Pazdur, Houston/USA; Bericht von der 3. Internationalen Konferenz zur Biologie, Prävention und Therapie gastrointestinaler Tumore, Köln, 23. bis 26. September 1998
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