Arzneimittel und Therapie

Neuer Protonenpumpeninhibitor Rabeprazol

Die Protonenpumpenhemmer haben sich gemausert. Nach anfänglichen Vorbehalten bei der Markteinführung der ersten Wirkstoffe gelten sie inzwischen nach Ansicht der Gastro-Liga als Medikamente der Wahl in der Therapie säurebedingter Erkrankungen, wie Refluxösophagitis und Magen- und Dünndarm-Ulzera. Der neue Protonenpumpeninhibitor Rabeprazol (Pariet(r)), der seit 1. Dezember 1998 im Handel ist, zeichnet sich durch einen schnellen Wirkungseintritt aus.


Refluxösophagitis sowie das Magen- und Dünndarm-Ulkus sind die häufigsten säurebedingten Erkrankungen. Die Hauptursachen sind bekannt: die Besiedelung mit dem Keim Helicobacter pylori und die Schädigung der Magenschleimhaut durch Medikamente, insbesondere nichtsteroidale Antirheumatika. Wird die Säuresekretion gehemmt, können die Schleimhautläsionen zur Abheilung gebracht werden. Wichtig scheint dabei zu sein, daß der Magen-pH ausreichend lange effektiv angehoben wird. So geht man davon aus, daß zur Heilung einer Ösophagitis der pH-Wert des Magensaftes für mindestens 15 Stunden pro Tag auf einen pH von über 4 angehoben werden muß. Die derzeit einzige Wirkstoffklasse, die diesen Anspruch erfüllt, sind die Protonenpumpeninhibitoren.
Vergleichsuntersuchungen mit dem neuen Protonenpumpenhemmer Rabeprazol zeigen demnach auch erwartungsgemäß, daß dieser gegenüber einem H2-Blocker bezüglich der Heilungsraten signifikant überlegen war. Wesentlich interessanter sind dagegen die Ergebnisse randomisierter doppelblinder Vergleichsstudien zwischen Rabeprazol und dem ersten Protonenpumpenhemmer Omeprazol, die jeweils an etwa 200 Patienten durchgeführt wurden:

  • Bei der Behandlung der endoskopisch gesicherten Refluxösophagitis waren die Heilungsraten nach vier und acht Wochen mit über 80 bzw. über 90 Prozent unter Omeprazol und Rabeprazol vergleichbar. Auch in der Erhaltungstherapie über ein Jahr bestätigte sich die Äquieffektivität: Die Remissionsraten lagen unter beiden Wirkstoffen bei 95 Prozent.
  • In der Therapie von Magenulzera waren die Heilungsraten nach sechs Wochen mit 91 Prozent ebenfalls vergleichbar. Als überlegen erwies sich Rabeprazol allerdings in der Schmerzbekämpfung. Nach drei Wochen litten die Patienten deutlich weniger und seltener unter Schmerzen.
  • Bei der Behandlung des Ulcus duodeni zeigte sich ein ähnliches Bild: Die Heilungsraten nach vier Wochen waren mit 98 Prozent unter Rabeprazol und 93 Prozent unter Omeprazol in etwa vergleichbar. Die Schmerzen gingen unter einer Therapie mit Rabeprazol deutlicher zurück.

Zulassung in Sicht: Erhaltungstherapie und Eradikation


Zwar gibt es für Rabeprazol keine Beschränkung der Anwendungsdauer. Für die Erhaltungstherapie ist der neue Protonenpumpenhemmer offiziell allerdings noch nicht zugelassen. Die notwendigen Unterlagen liegen inzwischen jedoch vor, so daß innerhalb kurzer Zeit mit einer Erweiterung der Indikation zu rechnen ist. Ähnliches gilt für die Eradikation. In klinischen Studien der Phase II wurde Rabeprazol zumindest erfolgreich im Rahmen der "italienischen" Tripeltherapie (Protonenpumpenhemmer plus Clarithromycin plus Metronidazol), der "französischen" Tripeltherapie (Protonenpumpenhemmer plus Amoxicillin plus Clarithromycin) sowie der "alternativen" Tripeltherapie (Protonenpumpenhemmer plus Amoxicillin plus Metronidazol) eingesetzt. Die beste Erfolgsrate mit 100 Prozent erzielte die italienische Variante, die schlechteste mit 90prozentiger Erfolgsrate die "Alternative".

Keine Cytochrom-P450-assoziierten Interaktionen


Da bei älteren Vertretern der Protonenpumpenhemmer Interaktionen mit anderen Wirkstoffen, die ebenfalls über das Cytochrom-P450-System metabolisiert werden, bekannt sind, wurde das Risiko von Wechselwirkungen zwischen Rabeprazol und kritischen Medikamenten untersucht. Weder mit Theophyllin noch mit Phenytoin, Warfarin oder Diazepam kam es dabei zu Interaktionen. Auch mit Antazida fanden keine Wechselwirkungen statt. Vorsicht ist allerdings, wie bei allen Säurehemmern, bei Substanzen geboten, deren Resorption vom pH-Wert abhängt. So wird Digoxin bei gleichzeitiger Einnahme von Rabeprazol um 22 Prozent stärker resorbiert, Ketoconazol dagegen um 30 Prozent weniger aufgenommen.

Vorteile in der Handhabung


Der neue Protonenpumpenhemmer Rabeprazol bietet für Arzt und Patient eine Reihe von Vorteilen in der Handhabung:

  • Eine optimale Säurehemmung wird mit Rabeprazol in einer Tagesdosis von 20 mg erreicht. Eine Anpassung der Dosis bei speziellen Patientengruppen wie älteren Menschen oder Leber- bzw. Niereninsuffizienten ist nicht erforderlich.
  • Der schnelle Wirkungseintritt von Rabeprazol verbessert vermutlich die Patienten-Compliance.
  • Rabeprazol wird einmal täglich eingenommen. Da weder Tageszeit noch Nahrungsaufnahme die Resorption beeinflussen, bleibt der Zeitpunkt der Einnahme dem Patienten überlassen. Aus Gründen der Compliance empfiehlt sich jedoch die regelmäßige Applikation zu einem einmal festgelegten Zeitpunkt.
  • Rabeprazol wird nicht nur in den üblichen Packungsgrößen (entsprechend 14, 28 und 56 Tabletten), sondern auch in einer Packungseinheit von sieben Tabletten (Pariet(r) Sieben) angeboten. Dies ermöglicht beispielsweise eine Überbrückung der Zeit bis zur endgültigen diagnostischen Abklärung oder einen kostengünstigen Einsatz im Notdienst.

Rabeprazol: hoher pKa bringt schnellere Wirkung


Protonenpumpeninhibitoren (Protonenpumpenhemmer) sind Prodrugs. Sie werden erst im Magen, genauer gesagt an der Parietalzelle (Belegzelle) pH-abhängig in den aktiven Metaboliten, ein zyklisches Sulfenamid, umgewandelt. Je schneller diese Verstoffwechslung geschieht, um so schneller setzt die Wirkung ein. Rabeprazol wird wegen seines hohen pKa-Wertes von 4,9 bereits bei einem relativ hohen pH-Wert von 5 in seine aktive Form überführt und kann deshalb schnell wirksam werden. Im Vergleich dazu entfalten Protonenpumpenhemmer mit niedrigerem pKa-Wert (Omeprazol: 4,13, Lansoprazol; 4,01; Pantoprazol: 3,96) ihren Effekt erst bei niedrigeren pH-Werten von etwa 4. Sie treten deshalb erst in Aktion, wenn die Säuresekretion mehr oder weniger vollständig aktiviert ist. Befürchtungen, daß der hohe pKa-Wert von Rabeprazol durch die unspezifische Blockierung von Zellenzymen zu vermehrten Nebenwirkungen führt, wurden bislang weder in Tierversuchen noch am Menschen bestätigt.
Quelle
Prof. Dr. André L. Blum, Lausanne, Dr. Berndt Birkner, München, Einführungspressekonferenz: "Pariet(r) setzt neue Standards: gute Compliance durch schnelle Säurehemmung". München-Freising, 20. November 1998, veranstaltet von Eisai GmbH, Frankfurt, und Janssen-Cilag GmbH, Neuss.
Dr. Beate Fessler, München

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