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AOK-Chef Ahrens: Apothekenketten und Versandapotheken zulassen!

OBERHAUSEN (diz). Die Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbots und die Zulassung von Apothekenketten gehören mit zu den gesundheitspolitischen Vorstellungen des AOK-Bundesverbandes. Wie Vorstandsvorsitzender Dr. Hans-Jürgen Ahrens, Bonn, auf dem Apotheken-Strategie-Wirtschaftsforum ő99 am 5. März in Oberhausen ausführte, müssten im Apothekenbereich noch mehr Rationalisierungsmöglichkeiten ausgeschöpft werden, um zu mehr Wirtschaftlichkeit zu gelangen.


Die politische Ausgangslage sieht Ahrens wie folgt: Für die Krankenkassen ergeben sich immer weniger Einnahmen durch niedrigere Löhne und die anhaltende hohe Arbeitslosigkeit. Vor diesem Hintergrund müsse man sich fragen, so der AOK-Chef, warum es überhaupt eine Versicherungspflichtgrenze gebe.

Überkapazitäten abbauen


Auf der Ausgabenseite zeigten sich Überkapazitäten in allen Sektoren: zu viele Krankenhäuser und zu viele Ärzte. Es gebe auch zu viele Apotheken, wobei Ahrens einräumte, dass sich diese Überkapazitäten nicht unmittelbar auf die Ausgaben der Krankenkassen auswirkten. Das Überangebot an Leistungserbringern, insbesondere an Ärzten, führe zu einer Leistungsausweitung: Jede dritte Röntgenaufnahme sei heute überflüssig, so räumten Ärzte sogar selbst ein. Überkapazitäten gebe es auch im Krankenhaus aufgrund mangelnder Kooperation und Verzahnung mit dem ambulanten Sektor.

Die Eckpunkte der Reform


Mit den von der Bundesregierung vorgelegten Eckpunkten zur Strukturreform 2000 soll eine qualitativ hochwertige, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung sichergestellt, das Krankenversicherungssystem weiterhin solidarisch finanziert werden. Das Selbstbestimmungsrecht und die Eigenkompetenz des Patienten soll gestärkt werden, Prävention und Gesundheitsförderung im Vordergrund stehen. Die Finanzmittel im Gesundheitssystem müssten effizient genutzt werden, eine Steuerung könne eventuell über ein Globalbudget erfolgen. Sehr wichtig sei die Verzahnung von ambulanter und stationärer Behandlung. Nach Ahrens werde es einen Katalog an Leistungen geben, die auch ambulant ausgeführt werden könnten. Die Krankenhäuser werden sich für Fachärzte öffnen müssen, die zum Beispiel auch unter Nutzung von Geräten des Krankenhauses ihre Patienten ambulant oder auch kurzstationär im Krankenhaus betreuen können.

Stärkung der Hausarztposition - ohne Bonus und Malus


Ahrens stellte sich hinter das Vorhaben, die Position des Hausarztes, der -Lotse im Gesundheitswesen werden solle, zu stärken. Allerdings werde es nicht soweit kommen, dass den Patienten, die sich bei diesem Hausarzt einschreiben, ein Beitragsbonus gewährt werden könne. Dadurch entstünden Mehrkosten, die sich nicht rechneten. Auch ein Malussystem (z.B. 20 DM -Strafe, wenn ein Patient gleich den Facharzt aufsucht) sei nicht machbar, da die Versicherten großen Wert auf Wahlfreiheit des Arztes legten, wie aus Umfragen hervorgehe.

Kassen an der Krankenhausplanung beteiligen


Der wichtigste Punkt bei einer Gesundheitsreform, so bekräftigte Ahrens, sei der Krankenhausbereich. Zu verfolgen seien hier bedarfsgerechte Investitionen im stationären Bereich. Als Rahmenplanung könne er sich vorstellen, dass Einvernehmen erzielt werde zwischen Ländern und Kassen über Kapazitäten und Strukturen der Krankenhäuser. Die Krankenkassen sollten an der Rahmenplanung beteiligt werden, z.B. auch an der Standortfrage. Er könne sich vorstellen, dass die Krankenkassen schrittweise die Investitionskosten der Krankenhäuser übernehmen und in einem zweiten Schritt auch die Finanzierung der pauschalen Fördermittel der Länder.

Änderungen im Arzneimittelbereich


Als Eckpunkte in einer Gesundheitsreform 2000 für den Arzneimittelbereich sieht Ahrens die Positivliste, den Erhalt des Festbetragssystems, die Wiedereinführung der Abgabeverpflichtung von Importarzneimitteln, die Einführung eines Zuzahlungssystems, das sich an den Eigenschaften des Arzneimittels orientiert, die Steuerung des Arzneimittel-, Verbandmittel- und Heilmittelbudgets und die Überarbeitung der Negativliste, mit der nicht in den Leistungsbereich gehörende bzw. unwirksame Arzneimittel von der Verordnung ausgeschlossen werden können (Beispiel Viagra).

Ketten- und Versandapotheken zulassen!


Ahrens befürwortete die Zulassung von Apothekenketten und die Abschaffung des Fremd- und Mehrbesitzverbots; Versandapotheken müssten zugelassen werden, Krankenhausapotheken sollten sich für den ambulanten Bereich öffnen dürfen. Anzustreben sei das elektronische Rezept, also eine Online-Verordnung und -Abrechnung zwischen Arzt, Apotheke und Krankenkasse.

Kassen sollen Patienten über Angebote informieren dürfen


Der Krankenkasse sei außerdem ein Recht zur Information ihrer Versicherten einzuräumen: Krankenkassen sollten nach Ahrens über Markt- und Angebotstransparenz sowie über die Produktqualität informieren dürfen. Auch über eine Lockerung datenschutzrechtlicher Bestimmungen müsse nachgedacht werden, um dadurch mehr Transparenz zu erreichen.
Trotz dieser Forderungen habe man, so bekräftigte Ahrens, auch in Zukunft ein Interesse an einem funktionierenden Apothekenwesen in Deutschland. l

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