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Politiker nehmen Bedenken der DPhG ernst
Der Präsident der DPhG, Prof. Dr. H. P. T. Ammon, wandte sich Anfang April dieses Jahres an den Bundeskanzler, die beteiligten Ministerien und die Bundestagsfraktionen: "Um den Standort Deutschland in der Arzneimittelforschung, aber auch in der Grundlagenforschung an der Universität nicht weiter zu beschädigen", schrieb Professor Ammon, "bittet die DPhG, ernsthaft darüber nachzudenken, ob es nötig ist, weitere drastische Maßnahmen zum Tierschutz einzuführen". In der Zwischenzeit liegen die Antwortschreiben vor, die überwiegend positiv ausfallen. Man wolle, so beteuerten die Politiker, die Argumente der DPhG abwägen und zu einer Lösung kommen, die keine Beeinträchtigung für die Forschung mit sich bringe.
In der letzten Wahlperiode haben SPD, Bündnis 90/Die Grünen, PDS und der Bundesrat Entwürfe vorgelegt, das Grundgesetz mit einem Tierschutzartikel zu ergänzen. Nur wenn der Tierschutz als Staatsziel erklärt werde, so wurde argumentiert, ließen sich unnötige Tierversuche, Quälereien bei Transporten und artfremde Massentierhaltung vermeiden. Das Gesetzesvorhaben scheiterte damals am Widerstand der alten Bonner Regierungsparteien CDU/CSU und FDP. Sie lehnten eine Aufnahme des Tierschutzes in das Grundgesetz mit dem Argument ab, die bestehenden einfachen Gesetze seien ausreichend.
Nach dem Regierungswechsel im Herbst 1998 wurde das Thema "Tierschutz als Staatsziel im Grundgesetz" erneut aufgegriffen. Zur Zeit liegen vier Gesetzesanträge vor: von der FDPBundestagsfraktion, von den Bundestagsfraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen, von der PDS und zuletzt vom Bundesrat, der zum Beispiel folgenden Wortlaut vorschlägt: "Tiere werden als Mitgeschöpfe geachtet. Sie werden im Rahmen der Gesetze vor vermeidbaren Leiden und Schäden geschützt."
Konsens anstreben
Die Bundesregierung, so die Antwort des Bundeskanzleramtes vom 26. April 1999 auf Professor Ammons Schreiben, "bemüht sich in der Weise auf den Gesetzgebungsprozess einzuwirken, dass allen berechtigten Anliegen Rechnung getragen wird". Das Bundeskanzleramt zitierte auch die Stellungnahme der Bundesregierung vom 14. April 1999: "Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass dem Tierschutz künftig Verfassungsrang zukommen soll. Bei der Formulierung sollte ein übergreifender Konsens angestrebt werden."
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung betonte in seinem Schreiben vom 14. Juli 1999, die Forschung werde auch in Zukunft auf Tierversuche angewiesen sein. Die biomedizinische Forschung für den Menschen dürfe nicht durch unangemessene und unverhältnismäßige Rahmenbedingungen eingeschränkt werden, erklärte Dr. Harmut Deyda im Auftrag von Ministerin Bulmahn. Auch das Bundesministerium für Gesundheit zeigte sich offen für Professor Ammons Bedenken.
"Niemandem kann daran gelegen sein, dem Standort Deutschland zu schaden, indem Forschung auf einem der wichtigsten Gebiete des Gesundheitswesens unmöglich gemacht wird", schrieb am 19. Mai 1999 Dr. Schuster im Auftrag von Ministerin Fischer. Die Möglichkeiten, Tierversuche auf ein unvermeidliches Maß zu reduzieren, seien nach Ansicht des Ministeriums zwar noch nicht voll ausgeschöpft. "Ich bin mir aber auch bewusst, dass diese Möglichkeiten Grenzen haben", betonte Schuster. Das Europäische Recht stelle an die Entwicklung von Arzneimitteln Forderungen, die auch in Zukunft erfüllt werden müssten. "Die Wahl der Mittel", so Schuster, "wird dabei vom jeweils geltenden Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse bestimmt".
Der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Karl-Heinz Funke entgegnete am 24. Mai 1999, er befürworte im Prinzip eine Grundgesetzergänzung, sei sich aber bewusst, dass "nicht alle Tierversuche ersetzbar sind". Es sei nicht beabsichtigt, so der Minister, erforderliche Tierversuche zu behindern oder gar zu unterbinden. Eine derartige rechtliche Wirkung werde die beabsichtigte Grundgesetzänderung nicht enthalten. "Ich bin sicher", schrieb Minister Funke, "dass am Ende des Diskussionsprozesses eine Lösung gefunden wird, die zu keiner Beeinträchtigung der medizinischen Forschung führen wird".
Die Aufnahme des Staatszieles Tierschutz in das Grundgesetz würde einen "nicht zu missachtenden positiven Effekt für die Forschung haben", formulierte am 26. Mai 1999 Dr. Wolfgang Gerhardt, Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion. Denn "die Forschung würde aufgrund der richterlichen Überprüfung darlegen können, dass ihre Versuche die Belange des Tierschutzes berücksichtigen". Ein Anliegen der FDP sei es, so Gerhardt, dass das Genehmigungsverfahren durch mögliche richterliche Kontrolle auf keinen Fall verzögert werden dürfe.
Kritisch äußerte sich am 6. Mai 1999 die PDS-Politikerin Eva Bulling- Schröter auf das Schreiben von Professor Ammon: "Wir teilen Ihre Meinung nicht, dass durch eine Verankerung des Tierschutzes in die Verfassung eine erhebliche Behinderung wichtiger Bereiche der biologisch-medizinischen Forschung stattfinden wird." Man sei in der PDS nicht der Auffassung, diese Grundgesetzänderung werde zu einer Stillegung von Forschungseinrichtungen führen. "Es ist rein spekulativ, dass keine Forschungen mehr auf dem Gebiet der Pharmazie erfolgen können", schrieb Bulling-Schröter. "Natürlich nehme ich zur Kenntnis", fügte die PDS-Politikerin hinzu, "dass im Umgang mit Tierversuchen wachsende Sensibilität und eine Rücknahme dieser zu verzeichnen ist. Ob dies ausreichend ist, wage ich zu bezweifeln."
Unionsparteien lehnen Grundgesetzänderung ab
Die Unionsparteien lehnen wie die DPhG eine Grundgesetzergänzung zum Tierschutz ab. Alois Glück, der Fraktionsvorsitzende der CSU im Bayerischen Landtag schrieb am 28. April 1999 an Professor Ammon, dass dem Anliegen des Tierschutzes am wirksamsten durch gesetzliche Regelungen im Tierschutzgesetz Rechnung getragen werde.
Ähnlich argumentierte der CDU-Vorsitzende Dr. Wolfgang Schäuble in seinem Antwortschreiben vom 7. Mai 1999: "Durch die Einfügung eines Staatsziels Tierschutz in die Verfassung werden keine Fortschritte für den Tierschutz erreicht". Wie Schäuble ausführte, könnten noch bestehende Probleme bei der Massentierhaltung und den Tiertransporten "hinreichend durch ein einfaches Gesetz" gelöst werden, jedoch nur "im Rahmen einer Abstimmung in der Europäischen Union". Die eigentliche politische Aufgabe, betonte Schäuble, liege "in der europaweiten Durchsetzung unseres hohen Standards im Tierschutz".
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