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Arzneimittel und Therapie
Fibrinolytika: Tenecteplase bei frischem Herzinfarkt
Als Goldstandard der medikamentösen Behandlung eines frischen Herzinfarktes gilt die schnelle Infusion des gentechnisch hergestellten Gewebeplasminogen-Aktivators Alteplase (Actilyse®) zusätzlich zur Gabe von Acetylsalicylsäure und Heparin.
Alteplase-Variante
Tenecteplase ist eine Alteplase-Variante, die eine langsamere Plasma-Clearance, eine größere Fibrin-Spezifität und einen höheren Widerstand gegenüber PAI-1 (Plasminogen-Aktivator-Inhibitor 1) aufweist. Im Gegensatz zu Alteplase, das als Bolus gefolgt von Infusionen in absteigender Dosis über 90 Minuten ("front-loaded") verabreicht wird, kann Tenecteplase als einzelner Bolus gegeben werden.
ASSENT-Studie
In der ASSENT-2-Studie (Assessment of the Safety and Efficacy of a New Thrombolytic) wurden die Wirksamkeit und Sicherheit von Tenecteplase und Alteplase bei Patienten mit frischem Herzinfarkt verglichen. Primäres Zielkriterium war die 30-Tage-Sterblichkeit unter den beiden Therapieregimen.
In 1021 Krankenhäusern nahmen 16949 Patienten mit frischem Herzinfarkt (Symptomdauer < 6 Stunden) an der Studie teil. Sie bekamen randomisiert und doppelblind:
- eine am Körpergewicht orientierte Bolusinjektion zwischen 30 und 50 mg Tenecteplase oder
- eine Bolusinjektion von 15 mg Alteplase, gefolgt von einer 30-Minuten-Infusion mit 0,75 mg/kg (bis zu 50 mg) Alteplase und einer 60-Minuten-Infusion mit 0,50 mg/kg (bis zu 35 mg) Alteplase.
Alle Patienten erhielten Acetylsalicylsäure zur oralen Einnahme und Heparin intravenös. Die Patienten durften weitere Medikamente, wie Betablocker, ACE-Hemmer, niedermolekulare Heparine und CSE-Hemmer, erhalten.
Ergebnisse
Die Intention-to-treat-Analyse ergab:
- Die 30-Tage-Sterblichkeit unterschied sich nicht zwischen den Gruppen: Sie betrug mit Tenecteplase 6,18% und mit Alteplase 6,15%.
- Intrakraniale Blutungen (Blutungen im Schädel) betrafen 0,93% der mit Tenecteplase und 0,94% der mit Alteplase Behandelten.
- Nichtzerebrale Blutungskomplikationen waren unter Tenecteplase seltener als unter Alteplase (26,43% gegenüber 28,95%). Unter Tenceteplase wurden auch weniger Bluttransfusionen benötigt als unter Alteplase (4,25% gegenüber 5,49%).
- Todesfälle und nicht tödliche Schlaganfälle traten innerhalb von 30 Tagen bei 7,11% der mit Tenecteplase und bei 7,04% der mit Alteplase Behandelten auf.
Beim Herzinfarkt muss rasch gehandelt werden. Unabhängig davon, welches Fibrinolytikum eingesetzt wird, gilt: Je kürzer die Zeit vom Symptombeginn bis zum Therapiebeginn, desto größer der Nutzen der Wiederdurchblutung. Durch die einfache Bolusgabe könnte das neue Fibrinolytikum Tenecteplase zur raschen Behandlung des Herzinfarktes - auch schon vor Erreichen des Krankenhauses - beitragen.
Literatur ASSENT-2 Investigators: Single-bolus tenecteplase compared with front-loaded alteplase in acute myocardial infarction: the ASSENT-2 double-blind randomised trial. Lancet 354, 716-722 (1999). Future of reperfusion therapy for acute myocardial infarction. Lancet 354, 695-699 (1999).
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