Arzneistoffporträt

Azelastin-Nasenspray gegen Heuschnupfen

Azelastin* ist eine stark und langanhaltend antiallergisch wirksame Substanz mit hochselektiven Histamin-H1-Rezeptor-antagonistischen Eigenschaften. Desweiteren verfügt Azelastin über eine Reihe zusätzlicher antiinflammatorischer Effekte.

In-vivo-Studien und In-vitro-Untersuchungen haben gezeigt, dass Azelastin die Synthese oder Freisetzung von Mediatoren der Sofort- und Spätreaktion allergischer Reaktionen hemmt, z.B. von Histamin, Serotonin, Prostaglandinen, Leukotrienen, plättchenaktivierendem Faktor (PAF) und Eosinophil Cationic Protein (ECP) [1].

Wie bedeutungsvoll das Wirkprinzip von Azelastin ist, zeigt das Krankheitsgeschehen der allergischen Rhinitis: Die allergische Reaktion an der Nase wird durch eine Mastzelldegranulation eingeleitet, die über eine Ausschüttung von Histamin, Leukotrienen und anderen Mediatoren zur typischen Sofortsymptomatik führt. Während Histamin vor allem für den Niesreiz verantwortlich ist, induzieren die Leukotriene in der Nasenschleimhaut durch ihre gefäßerweiternde Wirkung eine Schleimhautschwellung und eine vermehrte Sekretion. Außerdem sind diese Mediatoren auch an der Rekrutierung eosinophiler Granulozyten beteiligt, die eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung der Entzündungsreaktion im allergischen Geschehen spielen.

Durch seinen hemmenden Einfluss auf die Leukotrienbildung wirkt Azelastin abschwellend auf die Nasenschleimhäute und bietet insbesondere für die Patienten Vorteile, die unter einer nasalen Obstruktion leiden. Nach Anwendung des Azelastin-Nasensprays werden die Symptome der allergischen Rhinitis z.B. Niesreiz, Jucken, Sekretion, nasale Obstruktion schnell und langanhaltend gelindert. Baumgarten et al. [2] zeigten in experimentellen Studien, dass Azelastin-Nasenspray einen Wirkungseintritt innerhalb von 15 Minuten nach Applikation und eine Wirkdauer von mindestens 12 Stunden aufweist.

Antiinflammatorische Wirkung

Azelastin verfügt nicht nur über antihistaminerge, sondern zusätzlich über antiinflammatorische Eigenschaften. Einer der wichstigsten dafür verantwortlichen Wirkmechanismen dürfte die Hemmung der Leukotriensynthese durch Azelastin sein.

Chand et al. [3] untersuchten die Antileukotrienwirkung auf molekularer Ebene (Abb. 1). Der mögliche Mechanismus erfolgt intrazellulär über eine Hemmung der Leukotriensynthese durch Azelastin infolge Blockade zweier Enzymsysteme, zusätzlich wird der Einstrom der für die Leukotriensynthese ebenfalls wichtigen Calciumionen inhibiert.

Ciprandi et. al. [4] untersuchten den Effekt von Azelastin-Nasenspray auf die inflammatorischen Prozesse während der allergischen Sofort- und Spätreaktion. Durchgeführt wurde die doppelblinde, plazebokontrollierte Studie bei 20 Patienten mit saisonaler allergischer Rhinitis außerhalb der Pollensaison. In der ersten Studienphase wurden die Patienten einem allergenspezifischen nasalen Provokationstest unterzogen. Nach einer einwöchigen Wash-out-Phase wurden die Patienten entweder mit Plazebo- oder Azelastin-Nasenspray (0,28 mg) behandelt und 30 Minuten später einem allergenspezifischen nasalen Provokationstest unterzogen. Messparameter waren Entzündungszellen (eosinophile und neutrophile Granulozyten), Mediatoren (ECP) sowie die Expression interzellulärer Adhäsionsmoleküle (ICAM-1) auf nasale Epithelzellen.

Bei den Patienten in der Plazebo-Gruppe zeigte sich keine Modifikation bei den untersuchten Parametern. Die mit Azelastin-Nasenspray behandelten Patienten zeigten signifikant niedrigere Werte bei den untersuchten Parametern (siehe Abb. 2). Diese Effekte zeigten sich sowohl während der allergischen Sofortreaktion nach 30 Minuten als auch während der allergischen Spätreaktion nach 6 Stunden.

Antiobstruktive Wirkung

In einer doppelblinden Crossover-Studie untersuchten Spaeth et. al [5] die antiobstruktive Wirkung von Azelastin-Nasenspray. 28 Patienten mit saisonaler allergischer Rhinitis wurden vor Beginn der Pollensaison einer nasalen Provokation mit Histamin oder spezifischen Allergenen ausgesetzt. 90 Minuten vor dem Provokationstest wurden die Patienten entweder mit Plazebo- oder Azelastin-Nasenspray (0,28 mg) behandelt. Messparameter zur Wirksamkeit wurden erhoben per Rhinomanometrie¹), akustischer Rhinometrie²) und in Form von Symptomenscores.

Die Ergebnisse der akustischen Rhinometrie zeigten nach Histaminprovokation eine statistisch signifikant geringere Volumenverminderung der Nasenhöhle unter der Verumgruppe (p< 0,05). Bestätigt wurden die Ergebnisse durch die per Rhinomanometrie nach Allergenprovokation festgestellte Verbesserung des nasalen Flow unter Azelastin. Weiterhin zeigte die Auswertung der Symptomenscores der Patienten eine deutlich überlegene Wirksamkeit von Azelastin gegenüber Plazebo, insbesondere bezogen auf die nasale Obstruktion nach Provokation mit Histamin (p = 0,005) und Allergen (p < 0,02).

Vergleich von Azelastin-Nasenspray und Budesonid-Nasenspray

Gastpar et al. [6] verglichen in einer offenen Multizenterstudie an 193 Patienten mit perennialer allergischer Rhinitis die Wirksamkeit von Azelastin-Nasenspray mit der eines Budesonidsprays. So konnte mittels rhinomanometrischer Untersuchungen ein vergleichbar guter Anstieg des Nasal flow unter beiden Medikationsformen gezeigt werden. Auch ein Rückgang der Entzündung der Nasenschleimhaut konnte unter beiden Medikationsformen vergleichbar gut bestätigt werden.

Globalurteil zur Verträglichkeit

Gegenüber den systemischen Antihistaminika bietet die topische Anwendung von Azelastin den Vorteil einer sehr geringen Substanzbelastung. Die nach topischer Applikation des Wirkstoffes Azelastin gemessenen Plasmaspiegel liegen nur knapp oberhalb der analytischen Nachweisgrenze im pg-Bereich, sodass sedierende Effekte auszuschließen sind. In einigen Studien zeigte sich in der Verumgruppe sogar eine Zunahme der Vigilanz aufgrund der Besserung der Beschwerdesymptomatik [7, 8, siehe Abb. 3].

Im Verlauf einer Anwendungsbeobachtung bei insgesamt 3300 Patienten konnte die gute Verträglichkeit von Azelastin-Nasenspray unter Praxisbedingungen bestätigt werden. Als sehr gut oder gut beurteilten 97% der Ärzte und 96% der Patienten die globale Verträglichkeit und 94% der Ärzte und 92% der Patienten die lokale Verträglichkeit [9].

Zusammenfassung

In klinischen Studien zeigte Azelastin-Nasenspray

  • einen schnellen Wirkungseintritt innerhalb von 15 Minuten,
  • eine Wirkdauer von mindestens 12 Stunden,
  • einen antiinflammatorischen Effekt,
  • antiobstruktive Eigenschaften,
  • eine gute allgemeine und lokale Verträglichkeit, auch in der Langzeitbehandlung,
  • keine Entwicklung einer Tachyphylaxie,
  • keine Sedierung, sondern eine Zunahme der Vigilanz.

Fußnoten: *Wirkstoff in Vividrin akut gegen Heuschnupfen mit Azelastin. ¹ Verfahren zur Prüfung des nasalen Atemwegwiderstandes. ² Verfahren zur dreidimensionalen Erfassung der Nasenhaupthöhle.

Literatur [1] Mc Tavish, D., et al.: Azelastin. Drugs 38 (5), 778-800 (1989). [2] Baumgarten, C.R., et al.: Modification of Allergen-induced Symptoms and Mediator Release by Intranasal Azelastine. J. Pharmacol. Ther. 2 (3), 43-51 (1994). [3] Chand, N., et al.: Azelastine - a Novel In Vivi Inhibitor of Leukotriene Biosynthesis: A Possible Mechanism of Action. J. Asthma 32 (3), 227-234 (1995). [4] Ciprandi, G., et al.: Topical azelastine reduces eosinophil activation and intercellular adhesion molecule-1 expression on nasal epithelial cell: An antiallergic activity. J. Allergy Clin. Immunol. 98, 1088-1096 (1996). [5] Mösges, R., et al.: Azelastine Reduces Histamine-Induced Swelling of Nasal Mucosa. ORL 58, 157-163 (1996). [6] Gastpar, H., et al.: Intranasal treatment of perennial allergic rhinitis. Comparison of azelastine nasal spray and budesonide nasal aerosol. Arzneimittelforschung 43 (4), 475-479 (1993). [7] Mösges, R., et al.: ECP-kontrollierte Sequenztherapie bei allergischer Rhinitis. Z. Hautkrankheiten 72 (6), 441-445 (1997). [8] Spaeth, J., et al.: Sedation in allergic rhinitis is caused by the condition and not by antihistamine treatment. Allergy 51, 893-906 (1996). [9] Mösges, R., et al.: Azelastin-Nasenspray in der allergologischen Praxis. HNO aktuell 3, 173-176 (1995).

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