DAZ aktuell

Hilfsmittel: Barmer will Apotheker nicht ausschließen

WUPPERTAL. Im August wurde der Entwurf einer gemeinsamen Empfehlung der gesetzlichen Krankenkassen bekannt, der die Apothekerinnen und Apotheker komplett von der Hilfsmittelversorgung ausschließen würde. Auch die Anpassung von Kompressionsstrümpfen oder die Abgabe von Spritzen oder Pens wäre dann kaum mehr möglich (DAZ Nr. 33 vom 18. 8.). Die Deutsche Apotheker Zeitung hakte bei Dr. Eckart Fiedler nach, wie er als Chef der größten Ersatzkrankenkasse zu diesem Entwurf steht, den die Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der GKV erarbeitet hat. Dr. Fiedler, Vorstandsvorsitzender der Barmer Ersatzkasse, plädiert eindeutig für die Wiederaufnahme der öffentlichen Apotheken in die Empfehlung. Seine Krankenkasse wolle nicht auf die Unterstützung der Apotheken verzichten. Allerdings erwähnt der Barmer-Chef auch die Kündigung des Hilfsmittelliefervertrags zwischen Ersatzkassen und Deutschem Apothekerverband (DAV). Hier gäbe es eine zu starre Haltung des DAV, meint Fiedler.

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Die gesetzlichen Krankenkassen haben den Entwurf für eine weitreichende Änderung in der Hilfsmittelversorgung erarbeitet. Dieses würde die Apotheker von der Abgabe etwa von Kompressionsstrümpfen oder Applikationshilfen wie Pens ausschließen. Ist die Empfehlung bereits so beschlossen?

Fiedler:

Die Empfehlung befindet sich zur Zeit im Anhörungsverfahren. Unter anderem wurde der Deutsche Apothekerverband (DAV) mit Schreiben vom 15.9.1999 gebeten, zu dem Entwurf Stellung zu nehmen.

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Im Entwurf werden unter anderem Krankenschwestern oder -pfleger als mögliche Zugelassene für die Hilfsmittelversorgung aufgeführt. Diese sind durch ihre Zusammenarbeit mit den Ärzten in den Kliniken mit an der Entscheidungsfindung beteiligt, welcher Patient welchen Hilfsmittelbedarf hat. Wenn Krankenschwestern und -pfleger anschließend die Produkte auch verkaufen, ist eine Interessenskollision vorprogrammiert. Wie ist Ihre Haltung dazu?

Fiedler:

Nach den geltenden Zulassungsempfehlungen der Spitzenverbände können auch jetzt schon Krankenschwestern oder -pfleger unter bestimmten Voraussetzungen zur Belieferung von Versicherten zugelassen werden. Hier sehen wir bereits heute - da ist Ihnen zuzustimmen - die Gefahr einer möglichen Interessenskollision in den Fällen, wo Krankenschwestern oder -pfleger neben einer Tätigkeit im erlernten Beruf auch eine Zulassung zur Lieferung von Hilfsmitteln erhalten. Die Auflistung von Krankenschwestern und -pflegern in den Empfehlungen soll primär bedeuten, dass dieses Berufsbild grundsätzlich dazu qualifiziert, eine Belieferung mit Hilfsmitteln in bestimmten Produktbereichen vorzunehmen.

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Der Deutsche Apothekerverband hat auf den drohenden Kostenschub für die gesetzlichen Krankenkassen hingewiesen, wenn die preiswerte Hilfsmittelversorgung durch Apotheken wegfiele. Wäre dies nicht kontraproduktiv angesichts der gespannten Finanzsituation der Kassen?

Fiedler:

Der Barmer ist es sehr wohl bewusst, dass die Apotheken die Möglichkeit haben, in bestimmten Produktbereichen eine wirtschaftliche Versorgung ihrer Versicherten zu ermöglichen. Die Barmer hat sich daher auch dafür eingesetzt, dass die Apotheker ausdrücklich wieder als potenzielle Leistungserbringer zur Lieferung von Hilfsmitteln in den Zulassungsempfehlungen aufgeführt werden.

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In dem Papier, dem Entwurf für Änderungen in der Hilfsmittelversorgung, werden die Apotheker mit keinem Wort erwähnt. Darüber hinaus finden sich etliche k.o.-Kritierien darin. So muss die Hilfsmitteltätigkeit des Zugelassenen von wirtschaftlicher Bedeutung sein oder zeitlich die übrige Tätigkeit übersteigen. Wie ist die Begründung dafür?

Fiedler:

Auch in den jetzt gültigen Empfehlungen der Spitzenverbände ist schon von der wirtschaftlichen oder zeitlichen Bedeutung der Tätigkeit für die Zugelassenen die Rede. Dies war für die Ersatzkassen bisher überhaupt kein Grund, Apotheken von der Belieferung unserer Versicherten mit Hilfsmitteln auszuschließen. Die Barmer möchte keinesfalls auf die Unterstützung der Apotheken bei der Hilfsmittelversorgung verzichten. Das war ja auch der Grund, warum wir uns für die Wiederaufnahme der Apotheken in die Empfehlungen eingesetzt haben.

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Die Apotheken haben in den letzten Jahren bei der Stomaversorgung oder der Kompressionsstrumpfanpassung mittels Mitarbeiterschulung aufgerüstet und auch gesonderte Räume dazu bereitgestellt. Sehen Sie hier trotzdem noch Verbesserungsbedarf?

Fiedler:

Die Barmer begrüßt es, dass die im Wettbewerb stehenden Apotheken die Qualität der Hilfsmittelversorgung steigern. Weitere Verbesserungen sind sicherlich denkbar, sie sollten von den Vertragspartnern gemeinsam in Angriff genommen werden.

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Wenn es so wie im Entwurf käme und die Apotheken wären bei den Hilfsmitteln außen vor, sind Verschlechterungen für Ihre Versicherten auszuschließen? Diejenigen, in deren Heimatort zum Beispiel kein Sanitätshaus vorhanden ist, müssten womöglich weitere Strecken in Kauf nehmen. Können die Krankenkassen überhaupt auf das flächendeckende Apothekennetz verzichten? Wie stehen Sie hierzu?

Fiedler:

Mit Ihrer Frage treffen Sie den Nagel auf den Kopf. Die Versorgung unserer Versicherten gerade in den strukturell unterversorgten Gebieten wäre ohne die Apotheken sicher nur schwer sicherzustellen. Wenn unsere Versicherten vor Ort unter verschiedenen Leistungserbringern wählen können, so ist dies auch eine Chance, mehr Qualität in der Versorgung zu erreichen.

Wir haben die bedeutsame Rolle der Apotheken bei der Sicherstellung der Versorgung nie bestritten. Das gilt nicht nur für strukturell besonders stark unterversorgte Gebiete. Gleichwohl sei festgestellt, dass auch die Zahl der Leistungserbringer in der Hilfsmittelversorgung erneut angewachsen ist. Es wäre schon wünschenswert, wenn ein Signal der Apothekerseite eine Vertragslösung wieder in den Bereich des Erreichbaren rücken würde. Wenn beide Seiten die notwendige Flexibilität zeigen, könnte noch vor der Verabschiedung der Zulassungsempfehlungen ein deutliches Zeichen gesetzt werden.

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Wären die Apotheken außen vor, so wäre dies das Aus für Verträge wie für den zwischen dem Deutschen Apothekerverband (DAV) und den Ersatzkassenverbänden (VdAK). Wie hat sich die Situation mit dem DAV/VdAK-Vertrag mit seinen vertraglichen Preisen aus Ihrer Sicht entwickelt?

Fiedler:

Die Abgabe von Hilfsmitteln zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung setzt voraus, dass der Leistungserbringer über eine Zulassung verfügt. Insofern können auch Verträge nur mit zugelassenen Leistungsanbietern geschlossen werden. Sofern die Apotheken in den Zulassungsempfehlungen nicht mehr genannt werden, so wird zumindest die Zulassung von neu eröffneten Apotheken nicht mehr möglich sein.

Die Hilfsmittelversorgung durch Apotheken hat einerseits zu stärkerem Wettbewerb geführt, was wir ausdrücklich begrüßen. Der Vertrag mit dem DAV hat aber auch bewirkt, dass die Hilfsmittelversorgung durch die Apotheken deutlich zugenommen hat, und zwar in einer für unsere Versicherten zufriedenstellenden Weise, z.B. durch die Möglichkeit in strukturschwachen Gebieten die benötigten Hilfsmittel auch in der Apotheke erhalten zu können.

Allerdings hat die starre Haltung des DAV in der Frage der Vereinbarung weiterer Vertragspreise z.B. im Bereich der Bandagen dazu geführt, dass die Ersatzkassen den Hilfsmittellieferungsvertrag gekündigt haben.

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Die Apotheker diskutieren derzeit das Für und Wider der geplanten neuen "integrierten Versorgungsformen". Einige befürchten, Krankenkassen sähen darin vor allem ein Instrument zum Sparen. Was verspricht sich die Barmer Ersatzkasse von neuen Modellen oder Strukturverträgen? Wie sieht die Barmer die Rolle der Apotheker bei künftigen Arztnetzen und neuen Projekten?

Fiedler:

Es darf keinesfalls darum gehen, künftige Versorgungsformen ausschließlich unter ökonomischen Aspekten zu entwickeln. Es geht vielmehr um Strukturoptimierung, z.B. um die seit langer Zeit geforderte verstärkte Vernetzung und Verzahnung und um eine verbesserte Qualität der Versorgung. Qualität wird immer mehr zu einem Leistungs- und Wettbewerbsfaktor. Nur am Rande: Qualität und Kostenoptimierung schließen sich nicht gegenseitig aus, im Gegenteil.

Innerhalb der Apothekerschaft wird die Rolle der Apotheken in vernetzten Versorgungsstrukturen intensiv diskutiert. Das ist auch notwendig. Dabei ist aber auch zu beachten, dass die Netzfrage bislang sehr stark arztzentriert erörtert wurde. Andere Partner im Gesundheitswesen sollten in den Ausbaustufen möglichst integriert werden. Das gilt für Krankenhäuser, das gilt für Apotheken. Das Management der Arzneiversorgung und die pharmazeutische Beratung und Betreuung bieten dazu viele Möglichkeiten.

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Herr Dr. Fiedler, vielen Dank für die Beantwortung der Fragen!

Im August wurde der Entwurf einer gemeinsamen Empfehlung der gesetzlichen Krankenkassen bekannt, der die Apotheken komplett von der Hilfsmittelversorgung ausschließen würde. Wir fragten bei Dr. Eckart Fiedler, Vorstandsvorsitzender der Barmer Ersatzkasse, nach, wie seine Kasse dazu steht. Seine Krankenkasse, so Fiedler, wolle nicht auf die Unterstützung der Apotheken verzichten. Allerdings erwähnte der Barmer-Chef auch die Kündigung des Hilfsmittelliefervertrags zwischen Ersatzkassen und Deutschem Apothekerverband.

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