Arzneimittel und Therapie

Minipille: Nur mit einem Gestagen verhüten?

Die meisten Frauen, die hormonal verhüten, verwenden ein Kombinationspräparat aus Östrogen und Gestagen. Besteht eine Kontraindikation, ist die Minipille eine Alternative. Ihr Beliebtheitsgrad ist aus verschiedenen Gründen nicht besonders hoch. Das könnte sich jetzt ändern.

Die hormonale Empfängnisverhütung ist in westlichen Industrieländern inzwischen gang und gäbe. Doch nur die wenigsten Frauen verwenden ein Gestagen-Monopräparat, landläufig "Minipille" genannt. Weltweit sind es weniger als zehn Prozent. In Deutschland wird der Anteil sogar unter einem Prozent geschätzt. Die meisten davon sind jenseits des 35. Lebensjahres.

Zweifache Wirkung

Das Wirkprinzip der "Minipille" ist bekannt: Der Zervixschleim verdickt und verdichtet sich und bildet so eine meist sichere Barriere gegen "angreifende" Spermien. Außerdem verändert sich unter dem Einfluss des Gestagens die Gebärmutterschleimhaut so, dass auch ein befruchtetes Ei sich nicht einnisten kann.

Allerdings kommt es im Gegensatz zu östrogenhaltigen Präparaten lediglich bei etwa 50 Prozent der Zyklen auch zu einer Ovulationshemmung. Um sicher zu verhüten, müssen Minipillen immer zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt eingenommen werden, während bei Kombinationspräparaten immerhin zwölf Stunden "Spielraum" besteht, um eine vergessene Pilleneinnahme nachzuholen.

Enges Einnahmefenster und Blutungsstörungen

Dieses enge Einnahmefenster ist ein wesentlicher Grund für die Zurückhaltung von Frauen und auch ein Grund dafür, dass die Schwangerschaftsrate unter "Minipillen" vergleichsweise hoch ist. Bei perfekter Anwendung liegt sie zwar bei 0,5 Prozent pro Jahr und kann mit den Kombinationspräparaten mit einer Empfängnisrate von 0,1 Prozent pro Jahr noch gut mithalten. Bei typischer Anwendung hingegen, und auf die kommt es letztlich an, schnellt die Zahl der ungewollten Kontrazeptionen auf fünf Prozent pro Jahr in die Höhe. Ebenfalls ein großes Problem ist die hohe Rate an Extrauteringraviditäten, die bei vier bis sechs Prozent aller Schwangerschaften liegt.

Unbeliebt sind Minipillen jedoch nicht nur wegen ihrer mangelnden Sicherheit, sondern auch wegen der Blutungsstörungen. Oligomenorrhöen und Hypermenorrhöen sind relativ häufig. Etwa ein Drittel der Frauen muss innerhalb der ersten sechs Monate mit Blutungsstörungen rechnen, in den nächsten sechs Monaten sind es noch 25 Prozent. Für etwa zehn Prozent der Frauen immerhin Grund genug, die Einnahme abzubrechen. Ebenfalls ein Drittel der Frauen leidet im ersten Jahr unter allgemeinen Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Brustspannen und Übelkeit. Deswegen brechen allerdings nur drei Prozent der Frauen die Einnahme ab.

Minipille als Alternative

Wenn die Wahl dennoch auf eine "Minipille" fällt, gibt es meist Gründe gegen die Verhütung mit Kombinationspräparaten, beispielsweise Kontraindikationen gegen Ethinylestradiol, Stillen, höheres Lebensalter oder allein die Tatsache, dass eine Frau mit der Mikropille nicht zurechtkommt. Bedarf für Minipillen gibt es also allemal.

Verbesserungen sind von einem neuen Gestagenpräparat für die Kontrazeption zu erwarten, das 75 µg Desogestrel (Cerazette®) enthält. Es wirkt wie die herkömmlichen Minipillen. Sein Vorteil: Es hemmt die Ovulation in 97 Prozent aller Anwendungszyklen und bietet deshalb eine höhere Sicherheit. In einer doppelblinden Vergleichsstudie verhüteten insgesamt etwa 1400 Frauen entweder mit 75 µg Desogestrel oder mit 30 µg Levonorgestrel. Insgesamt sieben Frauen wurden während eines Beobachtungszeitraums von einem Jahr schwanger. Daraus errechnete sich ein Pearl-Index für Desogestrel von 0,14, für Levonorgestrel dagegen von 1,17. Zum Vergleich: Der Pearl-Index von Mikropillen liegt zwischen 0,03 und 1,0.

Blutungsstörungen bleiben

Nur geringfügig verändert ist allerdings die Blutungssituation unter Desogestrel. Wenig berechenbare Blutungsstörungen und Schmierblutungsepisoden sind nur geringfügig seltener als unter herkömmlichen Minipillen. Amenorrhoische Phasen treten häufiger auf. Besonders wichtig ist hier die Beratung. Die Frauen müssen darüber informiert werden, dass die Blutungen zumindest bis zu einem gewissen Ausmaß nicht kritisch sind und dass sich hinter einer Amenorrhö nur in seltensten Fällen eine Schwangerschaft verbirgt. Der Hinweis, dass die Blutungsunregelmäßigkeiten im Laufe der Zeit zurückgehen, kann verhindern, dass die Frauen die Einnahme voreilig abbrechen.

Kein Einfluss auf die Muttermilch

Ein besonderer Blick galt den Gerinnungsparameter, da Desogestrel als Gestagen der dritten Generation ein negativer Einfluss auf das Gerinnungssystem unterstellt wurde. In der Studie wurde nur eine marginale, klinisch nicht relevante Veränderung festgestellt. Auch der Lipid- und Glucosestoffwechsel blieb unbeeinflusst. Da die Minipille grundsätzlich auch zur Kontrazeption während der Stillzeit indiziert ist, bekommt auch der Einfluss von Desogestrel auf die Laktation besondere Bedeutung. Hier zeigte sich in einer weiteren Untersuchung, dass Milchvolumen und Zusammensetzung der Milch nicht beeinflusst werden.

Die hormonale Empfängnisverhütung ist in westlichen Industrieländern inzwischen gang und gäbe. Die meisten Frauen, die hormonal verhüten, verwenden ein Kombinationspräparat aus Östrogen und Gestagen. Besteht eine Kontraindikation, ist ein Gestagen-Monopräparat, landläufig "Minipille" genannt, eine Alternative. Ihr Beliebtheitsgrad ist aus verschiedenen Gründen nicht besonders hoch. Das könnte sich jetzt ändern.

Minipille und Tumorrisiko

Für Mikropillen sind positive und negative Effekte auf verschiedene Tumoren beschrieben. Auch für Gestagen-Monopräparate gibt es einige Daten. Demnach werden Zervixkarzinom und Endometriumkarzinom nicht beeinflusst. Ob es einen protektiven Effekt gibt, ist allerdings fraglich. Hier fehlt es an aussagefähigem Datenmaterial. Gleiches gilt für das Ovarialkarzinom. Auch das Risiko für ein Mammakarzinom scheint sich durch Minipillen nicht zu erhöhen. Langzeiterfahrungen stehen hier allerdings noch aus.

Serviceangebote

Seit etwa zehn Jahren bietet die Firma Organon einen Sexualberatungsservice für Jugendliche an. Unter der Telefonnummer 0130/3431, ab Januar 2000 unter 0800/3431343, können Jungen und Mädchen Fragen stellen, für die sie sonst vielleicht keinen Ansprechpartner finden. Hauptsächlich interessiert sind die Jugendlichen an den biologischen Vorgängen im Körper sowie an Fragen zur sexuellen Lust, so die Auswertung von 17724 Telefonanrufen. Die große Resonanz auf dieses Angebot zeigt auch, dass Teenager durchaus kompetenten Rat und Hilfe in diesen Fragen benötigen. Seit kurzem ist das auch über das Internet möglich: Unter der Adresse www.pille.de findet sich ein umfangreiches Informations- und Serviceangebot und für die Jugendlichen die Möglichkeit, direkt Fragen zu stellen und sich auszutauschen.

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