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Arzneimittel und Therapie
Behandlung von Herzrhythmusstörungen: Medikamente sind in den Hintergrund getre
Als irrig haben sich in der Vergangenheit Annahmen erwiesen, durch eine medikamentöse antiarrhythmische Therapie lasse sich der plötzliche Herztod verhindern. Auch haben die Kardiologen lernen müssen, dass die so gut gemeinte Verordnung bestimmter Antiarrhythmika vielen Patienten zum Teil mehr geschadet als genutzt hat.
Antiarrhythmika zurückhaltender verordnen
Zwar sind auch heute in vielen Fällen noch antiarrhythmisch wirksame Medikamente indiziert, sie werden jedoch weit zurückhaltender verordnet als noch vor einigen Jahren. So hat schon Anfang der 90er Jahre die CAST-Studie (Cardiac Arrhythmia Suppressions Trial) eindrucksvoll belegt, dass die Hypothese nicht stimmt, wonach die Suppression ventrikulärer Rhythmusstörungen nach einem Herzinfarkt die Prognose des Patienten bessert. Die zumeist verordneten Antiarrhythmika der Klasse Ic erhöhten vielmehr die Gesamtmortalität, was nicht zuletzt auf zugleich proarrythmische Begleitwirkungen zurückzuführen ist.
Antiarrhythmika haben ein enges therapeutisches Fenster
Diese Erkenntnis hat dazu geführt, dass entsprechende Medikamente nur noch bei zwingender Indikation verordnet werden. Bei Patienten mit Herzrhythmusstörungen wird eine optimale Therapie der Grunderkrankung angestrebt, beispielsweise einer kardialen Ischämie oder einer neurohumoralen Imbalance. Bei Antiarrhythmika ist streng auf das enge therapeutische Fenster und auf potentielle pharmakodynamische Interaktionen zu achten. Änderungen der Absorption, etwa durch Nahrungsmittel oder eine veränderte gastrointestinale Motilität, müssen ebenso berücksichtigt werden wie Besonderheiten der Distribution, zum Beispiel bei bestehender Adipositas oder bei Kachexie. Renale oder hepatische Funktionsstörungen müssen bedacht werden.
Außerdem können andere Erkrankungen des Patienten Änderungen der Pharmakokinetik bewirken. Auch kann die Änderung des Schweregrades der Erkrankung die Absorption und Metabolisierung der Antiarrhythmika in unvorhergesehener Weise beeinflussen.
Am besten schneiden Betablocker ab
Bei Patienten mit struktureller Herzerkrankung und ventrikulären Tachyarrhythmien sind prognostische Vorteile für Betablocker ohne intrinsische sympathomimetische Aktivität (ISA), also Antiarrhythmika der Klasse II, klar belegt. Klasse-I-Antiarrhythmika sind zwar in der Akuttherapie ventrikulärer und supraventrikulärer Rhythmusstörungen aktiv, eine chronische Therapie aber sollte wegen der ungünstigen Auswirkungen auf die Gesamtmortalität unterbleiben.
Eine Alternative bietet das Klasse-III-Antiarrhythmikum Amiodaron, das insbesondere bei eingeschränkter kardialer Auswurffraktion wirksam ist. Calciumantagonisten der Phenylalkylamin- und der Benzodiazepin-Gruppe sind dagegen im wesentlichen auf den Indikationsbereich supraventrikulärer Rhythmusstörungen beschränkt.
Den plötzlichen Herztod verhindern
Demgegenüber haben nichtmedikamentöse Verfahren an Bedeutung gewonnen. So wird bei der Hochfrequenzstrom- Ablation das proarrhythmogene Material entfernt, hier handelt es sich um einen kurativen Therapieansatz. Das Verfahren ist bei supraventrikulären Tachykardien indiziert und auch beim Vorhofflattern sowie bei anhaltenden Kammertachykardien sinnvoll. Auch beim Vorhofflimmern kann die direkte Beseitigung des arrythmogenen Substrates ratsam sein.
Dagegen ist der implantierbare Kardioverter-Defibrillator die Therapie der Wahl zur Behandlung von Patienten, die einen Herzstillstand durch Kammerflimmern überlebt haben. Dabei werden Elektroden in das Herz vorgeschoben, über die eine intrakardiale Kardioversion erfolgen kann. Der Kardioverter-Defibrillator ist auch bei therapierefraktären anhaltenden Kammertachykardien sowie zur Primärprophylaxe des plötzlichen Herztodes bei Hochrisikopatienten angezeigt, wenn eine andere antiarrhythmische Behandlung nicht aussichtsreich erscheint. Er beugt, anders als die Hochfrequenzstrom- Ablation, nicht der Rhythmusstörung, wohl aber deren Folge, dem plötzlichen Herztod, vor.
Quelle Professor Dr. Martin Wehling, Mannheim, Professor Dr. Thomas Meinertz, Hamburg, beim 23. Interdisziplinären Forum "Fortschritte und Fortbildung in der Medizin", Bonn, 23. Januar 1999, veranstaltet von der Bundesärztekammer.
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