Kommentar

Schweim soll Hildebrandt ablösen: Angespannte Situation beim Arzneimittelinstit

BERLIN (dfg/diz). Ein Bericht der parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium Christa Nickels an den Vorsitzenden des Bundesgesundheitsausschusses deckte Einzelheiten über die "angespannte" Personalsituation beim Bonner Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) auf. Darüber hinaus verdichten sich Anzeigen, dass Professor Harald G. Schweim den bisherigen Leiter des BfArM, Professor Alfred Hildebrandt ablösen soll - eine Personalentscheidung, die bereits im Vorfeld für Unruhe sorgt.

Frau Nickels ging in ihrem sechsseitigen Bericht an SPD-Kollegen Klaus Kirschner davon aus, dass mittelfristig eine deutliche Verbesserung der Personalsituation "absehbar" sei. Allerdings habe die Behörde bereits "einen hohen Anteil an eingearbeitetem und qualifiziertem Personal verloren". 75 neue Stellen seien jetzt "für die Aufarbeitung der Nachzulassung bis zum Jahr 2005" ausgeschrieben. Die neuen Mitarbeiter sollen rechtzeitig zu Beginn des Jahres 2001 ihre Arbeit im BfArM aufnehmen. 260 Mitarbeiter tauschten in Berlin und Bonn bereits ihre Stellen, vor allem im einfachen und gehobenen Dienst. Härtefälle habe man kaum anerkannt bekommen. Dieses treffe vor allem Naturwissenschaftler, für die bei den Tauschbehörden keine Einsatzmöglichkeit bestehe. Über 500 Mitarbeiter seien bereits pendelberechtigt oder würden es ab Ende Februar 2001 sein. 1999 hätten 23 Mitarbeiter gekündigt oder Anträge auf Entlassung aus dem Beamtenverhältnis gestellt, zehn weitere Anträge seien bereits im Jahr 2000 eingegangen, neun Versetzungen oder Abordnungen zu anderen Bundesbehörden seien erfolgt. Bei den Beschäftigten, die das Haus verließen, zum Teil in Leitungspositionen, handele es sich in der Mehrzahl um erfahrene Wissenschaftler. Wegen des starken Interesses der Industrie sei ein echter Wettbewerb um die Ausscheidenden entstanden. Es besteht die Gefahr, mit dem Umzug "wichtige Mitarbeiter in einer jetzt noch nicht abzuschätzenden Zahl zu verlieren". Die angespannte Personalsituation beim BfArM wird verstärkt durch den Führungswechsel, der sich in den letzten Wochen mit zunehmendem Maß angedeutet hat. Wie aus gut unterrichteten Kreisen zu hören ist, will Bundesgesundheitsministerin Fischer den Leiter des BfArM, Professor Alfred Hildebrandt, zum Sündenbock für politische Fehlentscheidungen und Zögerlichkeiten ihres Ministeriums machen. Die Gesundheitsministerin wird, so war zu hören, in diesen Tagen bekannt geben, dass Hildebrandt seinen Platz räumen muss, zwei Jahre vor der Pensionierung. Der derzeitige Leiter des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) in Köln und zuvor BfArM-Fachbereichsleiter für Arzneimittelzulassungen soll seinen Platz einnehmen. Bereits im Mai ließ Professor Schweim seine "lieben Kolleginnen und Kollegen" wissen, dass Frau Bundesministerin Fischer ihn gebeten habe, das BfArM zu leiten. Er wolle sich, so hieß in der damaligen Mitteilung, diesem Wunsch nicht verschließen, gleichzeitig aber die Leitung des DIMDI behalten, wofür er "ihrer aller Hilfe für die neue Aufgabe" brauche. Die Mehrheit der leitenden Mitarbeiter ist nicht bereit, unter Professor Schweim tätig zu bleiben, so wird ein BfArM-Mitarbeiter im Deutschen Ärzteblatt zitiert. In Insiderkreisen wird derzeit befürchtet, dass sich durch das Ausbluten des BfArM die Zeiten für Zulassung und Nachzulassung für Arzneimittel weiter verlängern und die Zulassungszahlen selbst weiter zurückgehen werden. Dies könnte bedeuten, dass die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Arzneimittelhersteller, aber auch der deutschen Zulassungsbehörde innerhalb Europas ins Hintertreffen geraten. Unruhe macht sich darüber hinaus auch in den Schwesterinstituten des BfArM breit. Kolportiert wird, dass die Bundesgesundheitsministerin ehemalige Einrichtungen des Bundesgesundheitsamtes zu einer Behörde unter der Präsidentschaft Schweims verschmelzen will.

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