Kommentar

Versandhandel mit Arzneimitteln: Landgericht stoppt DocMorris

Frankfurt/Main (cr). Der gewerbliche Versandhandel von DocMorris mit Arzneimitteln verstößt gegen geltendes Recht und ist illegal. Mit dieser Begründung hat am Donnerstag das Landgericht Frankfurt am Main der niederländischen Internet-Apotheke im Wege der einstweiligen Verfügung verboten, Arzneimittel nach Deutschland zu versenden. Nach Zustellung der Entscheidung muss die Internet-Apotheke schließen.

In den mit Spannung erwarteten Entscheidungen, denen am 26. Oktober Donnerstag mündliche Verhandlungen vorangegangen waren (vgl. AZ Nr. 44, Seite 1), stellt die 3. Zivilkammer des Frankfurter Landgerichts fest, dass der gewerbliche Versandhandel von DocMorris via Internet in Deutschland gegen das Arzneimittelgesetz und das Heilmittelwerbegesetz verstößt. Danach dürfen apothekenpflichtige Arzneimittel berufs- und gewerbsmäßig nur in den Apothekenbetriebsräumen und nicht im Wege des Versandes in den Verkehr gebracht werden. Hiergegen verstößt DocMorris massiv, da die virtuelle Internet-Apotheke Medikamente versendet, ohne dass diese zuvor in den Räumlichkeiten der Apotheke angeboten und gekauft wurden.

Verbot der gewerbs- oder berufsmäßigen Vermittlung

Ohne Erfolg berief sich DocMorris vor dem Landgericht Frankfurt auf § 73 Abs. 2 Nr. 6a des Arzneimittelgesetzes (AMG). Danach können zulassungspflichtige Arzneimittel von deutschen Endverbrauchern aus anderen Mitgliedstaaten der EU nur dann in einer dem persönlichen Bedarf entsprechenden Menge bezogen werden, wenn die Medikamente im Herkunftsland in Verkehr gebracht werden dürfen und keine gewerbs- oder berufsmäßige Vermittlung vorliegt. Mit Hinweis auf diese Ausnahmevorschrift des deutschen Arzneimittelgesetz hatte DocMorris versucht, seine Versandpraktiken rechtlich zu legitimieren. Dieser Auffassung widersprachen die Frankfurter Richter jetzt mit klaren Worten: Im Gegensatz zu dem - nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zulässigen - gelegentlichen Versand eines Medikaments aufgrund der Einzelbestellung eines ausländischen Privatkunden aus einem EU-Mitgliedstaat erfolge der von DocMorris betriebene Versandhandel mit Arzneimitteln nämlich massenhaft und durch berufs- bzw. gewerbsmäßige Vermittlung. Der gesamte Auftritt der Internet-Apotheke sei darauf ausgerichtet, gerade mit dem grenzüberschreitenden Versand (vermeintlich) besonders günstig angebotener Arzneimittel Geschäfte zu machen. Darin ist jedoch eine nach dem deutschen Arzneimittelrecht verbotene Vermittlungstätigkeit von DocMorris zu sehen. Jede anderen Rechtsauslegung würde zu untragbaren Konsequenzen führen: Zum einen könnten die nationalen Zulassungssysteme bei Arzneimitteln problemlos umgangen werden, zum anderen führte die Zulässigkeit des grenzüberschreitenden europaweiten Versandhandels mit Medikamenten zu einer inakzeptablen Diskriminierung deutscher Apotheken, denen jedweder Arzneimittelversand innerhalb der Bundesrepublik aufgrund des geltenden nationalen Rechts ja weiterhin untersagt ist. Bei § 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG handelt es sich deshalb aus Gründen des Verbraucher- und Gesundheitsschutzes um eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift.

Rechtlich unzulässige Werbung

In seinen beiden Urteilen weist das Landgericht auch detailliert nach, dass DocMorris mit seiner Versandhandelstätigkeit massiv gegen geltende Bestimmungen des deutschen und europäischen Heilmittelwerberechts verstößt, zumal die Internetpräsentation auch Arzneimittel umfasste, die in Deutschland nicht zugelassen sind. Nach § 8 Abs. 2 des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) ist es unzulässig, für den Bezug von zulassungspflichtigen Arzneimittel im Wege der Einzelzufuhr zu werben. Nach der EU-Richtlinie über die Werbung für Humanarzneimittel sind unter dem Begriff der "Werbung" für Arzneimittel alle Maßnahmen zur Information, Marktuntersuchung und Schaffung von Anreizen zu verstehen, die die Verschreibung, die Abgabe, den Verkauf oder den Verbrauch von Arzneimitteln fördern sollen. Vor diesem Hintergrund handelt es sich bei den Internetseiten von DocMorris um rechtlich unzulässige Werbung.

Schließlich setzten sich die Frankfurter Richter in ihren Entscheidungen auch ausführlich mit dem geltenden Europarecht auseinander. Dabei weisen sie nach, dass das Verbot des gewerblichen Versandhandels mit Arzneimitteln weder gegen Bestimmungen des EG-Vertrages noch der E-Commerce-Richtlinie verstößt.

Erleichterung und Zustimmung

Beim Deutschen Apothekerverband und der Firma Beyer Vital, die die einstweiligen Verfügungen gegen DocMorris beantragt hatten, wurden die Entscheidungen des Landgerichts mit Erleichterung und Zustimmung aufgenommen. DocMorris kündigte an, gegen die Urteile Rechtsmittel beim Oberlandesgericht Frankfurt einzulegen. Auf ihrer Hompage bedauerte die Internet-Apotheke die Entscheidungen und kündigte an, bis zur Zustellung der beiden Urteile den Versandhandel zunächst fortzuführen.

Im Bereich "DAZ-Service" finden Sie die Urteile des Landgerichts Frankfurt/Main auch im Originaltext eingestellt.

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