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- DAZ 15/2000
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Die Seite 3
1989 hat alles mit zehn Wirkstoffen angefangen. Ich erinnere mich daran, dass Festbeträge als etwas völlig Neues empfunden wurden. Das ist lange her. Jetzt ist ein Wendepunkt erreicht. Seit längerem werden Festbeträge, oder genauer das Verfahren, wie sie konzipiert werden, juristisch angeschossen. Angepeilt wird eine Lösung womöglich noch vor dem Sommer, bereits nach der Osterpause wird's konkret. Welche Regelung die Politik auch finden mag, eins ist sicher: Es wird eine Änderung kommen, da sind sich die Experten einig. Das bisherige System wird gekippt werden.
Der Blick zu den europäischen Nachbarn zeigt zwei Alternativen. Einerseits die Staatslösung - wie in Großbritannien - oder reine Marktlösungen, beides für uns kaum vorstellbar. Deutschland hatte bisher einen Sonderweg: Freie Preisbildung durch Hersteller mit Höchstgrenzen für das, was die Kassen erstatten. Seit längerem schwelt jedoch der Streit darum. Bereits 1995 hat sich das Bundessozialgericht kritisch geäußert, es erging die Frage an das Bundesverfassungsgericht, ob die Befugnis der Spitzenverbände der Krankenkassen mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Dessen Entscheidung steht noch aus.
Wettbewerbs- und kartellrechtlich ist die Festsetzung angegriffen worden, so vom Oberlandesgericht Düsseldorf. Weil der Druck auf das Bundesgesundheitsministerium (BMG) stieg, das Ganze abzusichern, ging man in sich, seit dem letzten Jahr liegt der Entwurf des "Festbetrags-Neuordnungsgesetzes" auf dem Tisch. Demnach will das Ministerium Festbeträge per Verordnung erlassen, das Procedere an eine neue Bundesoberbehörde delegieren.
Diese Lösung halte ich für die schlechtere. Eine neue Behörde - denken Sie da nicht auch an noch mehr Bürokratie? Billiger wird das nicht. Eine gefährliche Weichenstellung, warnen Kassen und Ärzte unisono. Die harten Worte sind berechtigt, auch wenn man die Ängste der Kassen auf Entmachtung, die dahinter schwingen, berücksichtigt. Es wäre in der Tat eine Wende, würde der Entwurf so umgesetzt. Dahinter steht, dass man der Selbstverwaltung (dem Bundesausschuss), die bisher im Auftrag des Gesetzgebers diese Aufgaben erledigt hat, Befugnisse entzieht. Würde der Staat diese Arbeit wieder an sich reißen, würden weitere Beschlüsse des Bundesausschusses kippen, zuerst die Arzneimittelrichtlinien.
Die Kassen schlagen - vereinfacht - das bisherige System vor, abgesichert mit der Etablierung des Bundesausschusses Ärzte und Krankenkassen als Körperschaft des öffentlichen Rechts. Blieben als dritter Weg - und Lieblingskind einiger SPD-Politiker - noch Preisverhandlungen zwischen Industrie und Kassen,. Das wäre jedoch schwierig umzusetzen. Wer sollte verbindlich für die Hersteller agieren? Die Verbände nicht, strengge ommen könnte jeweils nur die betroffene Firma verhandeln. Hiervon ist aber nichts zu hören.
Von den genannten Ansätzen erscheint der über die Selbstverwaltung am besten. Warum soll Vater Staat alles regeln, was untergeordnete Ebenen womöglich besser - weil näher dran - hinbekommen? Warum die Selbstverwaltung schwächen? Grundsätzlich ist Subsidiarität eine gute Sache!
Ich bin jedoch nicht sicher, ob es so einfach wie im Kassenmodell geht. Es stellt sich die Frage, ob das nicht erweitert werden kann? Bisher sitzen zwei wichtige Gruppen am Katzentisch, sprich außen vor: Apotheker und Industrie. Schriftlich darf man sich vor der Festsetzung äußern, das ist es dann schon. Mangelnde Transparenz wird dem Bundesausschuss vorgeworfen. Warum können sich Ärzte und Krankenkassen nicht die stärkere Beteiligung von Apothekern und Industrie vorstellen? Repräsentanten der Kassen wehren sofort ab: dann käme es gar nicht mehr zu Beschlüssen. Da muss es meiner Meinung nach einen Lösungsansatz geben.
Susanne Imhoff-Hasse
Festbeträge - am Wendepunkt
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