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Arzneimittel und Therapie
Oxazolidinone: Grampositiven den Garaus machen
Staphylococcus aureus, koagulasenegative Staphylokokken, Enterokokken und Pneumokokken sind die häufigsten klinisch relevanten grampositiven Keime. Und sie machen sich breit. Der Anteil der Infektionen, der von den "Grampositiven" ausgelöst wird, steigt weltweit dramatisch an. Das Hauptproblem: Die Kokken verursachen häufig schwere ambulant erworbene und nosokomiale Infekte, die mit einer hohen Morbidität und Mortalität einhergehen. So kann beispielsweise Staphylococcus aureus, hat er sich erst einmal eingenistet, schwere Abszesse, Endokarditiden oder Meningitiden hervorrufen. Trotz Behandlung liegen die Mortalitätsraten dann bei immerhin noch 20 Prozent.
Schwer zu greifen: MRSA, VRE und VISA
Als Antibiotika der Wahl bei Infektionen mit grampositiven Kokken gelten noch immer Penicilline. Betalactamase-bildende Kokken lassen sich durch Zusatz eines Betalactamase-Inhibitors oder mit Cephalosporinen der ersten oder zweiten Generation oder Isoxazolyl-Penicillinen behandeln. Sind die Keime jedoch Betalactam-resistent, muss der Griff zu Alternativen gehen. Derzeit stehen für die Mono- oder Kombitherapie Glykopeptide wie Vancomycin oder Teicoplanin zur Verfügung, aber auch Rifampicin, Clindamycin oder Fosfomycin. Doch die Resistenzentwicklung, häufig ausgelöst durch eine einseitige Anwendung von Antibiotika, geht auch an grampositiven Erregern nicht vorbei. Sie setzen sich zunehmend gegen die gängigen Antibiotika zur Wehr. Beste Beispiele sind die Methicillin-resistenten Staphylokokken (MRSA), Vancomycin-resistenten Enterokokken (VRE) sowie Vancomycin- oder Glykopeptid-intermediate-resistent Staphylokokken (VISA/GISA).
Wahlmöglichkeiten sind wichtig
Als besonders kritisch gelten die Vancomycin-resistente Enterokokken. Werden sie im Blut nachgewiesen, liegt die Mortalitätsrate bei 46 Prozent. Fast noch problematischer: Pneumokokken werden in zunehmendem Maß gegen Penicillin resistent. Hochgradig resistente Keime lassen sich dann nur noch mit Cephalosporinen der dritten Generation oder Vancomycin behandeln. Aber auch Enterococcus faecium entwickelt sich zum Problemkeim. Immerhin 88 Prozent der Erreger sind gegen Ampicillin, 54 Prozent gegen Vancomycin resistent. Experten halten daher eine Erweiterung der Antibiotika-Palette im grampositiven Bereich für dringend notwendig, um möglichst vielseitig therapieren zu können.
Alternative: Oxazolidinone
Dieser Meinung entgegen kommt die Entwicklung neuer und hochwirksamer Antibiotika, die speziell das grampositive Keimspektrum abdecken. Zu ihnen gehören die Oxazolidinone, die erste neue antibiotische Wirkstoffklasse seit 15 Jahren. Ihr Wirkmechanismus: Sie hemmen selektiv die Initiationsphase der bakteriellen Translation, indem sie an der ribosomalen 50S-Untereinheit angreifen. Linezolid, der erste Vertreter dieser Wirkstoffklasse, wirkt dabei spezifisch auf Bindungsstellen, die von anderen Antibiotika nicht berührt werden. Kreuzresistenzen sind daher nicht zu befürchten.
In vitro ist Linezolid gegen ein breites Spektrum grampositiver Keime, wie Staphylococcus aureus, Staphylococcus epidermis, Enterococcus faecalis, Enterococcus faecium sowie Streptococcus pyogenes und pneumoniae wirksam. Die MHK90-Werte liegen zwischen 1 und 4 mg/ml. Klinische Studien belegen die Wirksamkeit bei ambulant erworbenen und nosokomialen Pneumonien, bei unkomplizierten und komplizierten Haut- und Weichteilinfekten sowie bei Bakteriämien. Bis Linezolid in Deutschland zur Verfügung steht, wird es allerdings noch dauern. Derzeit befindet sich der Wirkstoff im europäischen Zulassungsverfahren.
Die Antibiotika-Welle rollt
In der Antibiotika-Pipeline gegen grampositive Erreger finden sich außerdem Streptogramine wie Quinupristin, Everninomycine wie Ziracin, Glycincycline, Ketolide oder neue Chinolone. Einige von ihnen werden ebenfalls in Kürze auf dem europäischen Markt sein. Grundsätzlich muss dann diskutiert werden, ob die neuen Antibiotika als First-line-Therapeutika zum Zuge kommen, oder ob sie als Reserveantibiotika gelten und erst dann eingesetzt werden, wenn bisherige Wirkstoffe nicht greifen.
Quelle: Prof. Dr. Wolfgang Witte, Robert-Koch-Institut Wernigerode; Prof. Dr. Emil C. Reisinger, Universitätsklinik für Innere Medizin, Infektions- und Tropenmedizin, Rostock; 8th Biennal Conference in antiinfective agents and chemotherapy (BICON 2000): Presse-Briefing anlässlich der BICON 2000, München, 14. März 2000, veranstaltet von Pharmacia & Upjohn GmbH, Erlangen.
Dr. Beate Fessler, München
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