Arzneimittel und Therapie

Krebstherapie: Zoledronsäure besser als Pamidronsäure?

Auf der Jahresversammlung der American Society of Clinical Oncology (ASCO) in New Orleans vorgestellte Daten zeigten nach einer Information der Novartis AG, dass signifikant mehr Krebspatienten mit tumorinduzierter Hyperkalzämie auf Zoledronsäure (Zometa zur Injektion) ansprechen als auf Pamidronat (Aredia), dem gegenwärtigen therapeutischen Standard. Zoledronat ist ein hochwirksames Bisphosphonat, das in laufenden Studien für die Behandlung der tumorinduzierten Hyperkalzämie (TIH) untersucht wird.

Die tumorinduzierte Hyperkalzämie ist die häufigste lebensbedrohliche Stoffwechselkomplikation bei Krebserkrankungen, die über 10 Prozent aller Krebspatienten betrifft. Die klinischen Ergebnisse zeigen, dass Zoledronat die Normalisierung des Calciumspiegels rascher und intensiver erreicht, eine längere Dauer der "complete response" und eine längere Zeitspanne bis zum Rezidiv als Pamidronat leistet, und zwar bei vergleichbarem Sicherheitsprofil.

Erhöhte Serumcalciumspiegel

Die Daten der Studie wurden aus zwei randomisierten, doppelblinden multizentrischen Studien gesammelt, in denen die Resultate von 275 auswertbaren Patienten verglichen wurden, die eine Einzeldosis von 4 oder 8 mg Zoledronat als Infusion über fünf Minuten oder 90 mg Pamidronat als Infusion über zwei Stunden erhielten. Am 10. Behandlungstag wurden die Serumcalciumspiegel bei 88,4 und 86,7 Prozent der mit 4 bzw. 8 mg Zoledronat behandelten Patienten korrigiert. Im Vergleich hierzu erreichten nur 69,7 Prozent der Patienten in der Pamidronatgruppe korrigierte Serumcalciumspiegel. Zusätzlich war die mittlere Dauer der "complete response" (Normalisierung des korrigierten Serumcalciums) signifikant länger bei den mit Zoledronat als bei den mit Pamidronat behandelten Patienten (32 und 43 Tage für 4 und 8 mg Zoledronat und 18 Tage für 90 mg Pamidronat). Novartis hat die Zulassungen für Zoledronat für die weltweite Markteinführung beantragt. Die Gesundheitsbehörden in Kanada, der Schweiz sowie den Vereinigten Staaten haben für Zoledronat eine beschleunigte oder vordringliche Überprüfung angeordnet. Gegenwärtig laufen klinische Phase-III-Studien mit über 2900 Patienten, in denen die Wirksamkeit von Zoledronat bei der Behandlung von Knochenmetastasen und der Prävention damit zusammenhängender Komplikationen evaluiert werden soll. Die Ergebnisse dieser Studien werden für 2001 erwartet.

Die tumorinduzierte Hyperkalzämie

Die tumorinduzierte Hyperkalzämie, die häufigste lebensbedrohliche Stoffwechselkomplikation im Zusammenhang mit einer Krebserkrankung, ist durch erhöhte Calciumspiegel im Serum gekennzeichnet. Die Erkrankung entwickelt sich häufig in fortgeschrittenen Krebsstadien, nachdem bereits eine Aussaat der Tumorzellen in den Knochen (Knochenmetastasen) erfolgt ist. Die Komplikation kann bei praktisch allen Tumorarten auftreten, ist jedoch vorwiegend mit Lungenkrebs, Brustkrebs und dem multiplen Myelom assoziiert. Sie betrifft über 10 bis 20 Prozent aller Krebspatienten. Die tumorinduzierte Hyperkalzämie wird hervorgerufen durch die tumorbedingte Aktivität von Knochenzellen, die als Osteoklasten bezeichnet werden. Im Gesunden ist der Abbau und die Neubildung von Knochen ein dynamischer, ausgewogener Prozess. Bei der tumorinduzierten Hyperkalzämie beschleunigen die Osteoklasten den Abbau (Resorption) von Knochen, sodass übermäßig viel Calcium in das zirkulierende Blut abgegeben wird. Da die Nieren die Calciumüberlast nicht verarbeiten können, steigen die Calciumspiegel im peripheren Blut gefährlich an. Die tumorinduzierte Hyperkalzämie führt zu einer schweren Dehydratation und, wenn keine Behandlung erfolgt, zum Tod. Daher sind eine frühzeitige Diagnosestellung und Behandlung von entscheidender Bedeutung, um das Leben des Patienten zu retten. Die Langzeittherapie sollte es dem Patienten ermöglichen, die Krebstherapie abzuschließen.

Zeichen und Symptome

Die Symptomatik der tumorinduzierten Hyperkalzämie ist leicht zu verwechseln mit den Erscheinungsformen vieler maligner und nicht maligner Erkrankungen. Sie kann eine Dehydratation, rasche Ermüdbarkeit, Übelkeit, Erbrechen, Unruhe und Verwirrtheit umfassen. Im fortgeschrittenen Stadium kann die tumorinduzierte Hyperkalzämie zum Koma und Tod führen. Die Schwere der Symptome kann teilweise mit schwer voneinander abgrenzbaren Faktoren wie früheren Krebsbehandlungen, Arzneimittelreaktionen und anderen Erkrankungen zusammenhängen.

Diagnostik

Die Diagnose der tumorinduzierten Hyperkalzämie erfolgt laborchemisch durch Bestimmung der Calciumspiegel im Blut des Patienten. In der Klinik sollte auf folgende relevanten Zeichen und Symptome der jeweiligen Organsysteme geachtet werden: Nerven und Muskeln (Muskelstärke, Muskeltonus, Reflexe, Müdigkeit, Teilnahmslosigkeit, Niedergeschlagenheit, Verwirrtheit und Unruhe); Herz (hoher Blutdruck, EKG-Veränderungen und unregelmäßiger Herzschlag); Nieren (Produktion von zu viel Urin, nächtlicher Harndrang, Zucker im Urin und starkes Durstgefühl); Gastrointestinaltrakt (Appetitlosigkeit, Übelkeit, Bauchschmerzen, Verstopfung und Blähungen).

Behandlung

Die tumorinduzierte Hyperkalzämie wird durch Flüssigkeitssubstitution und medikamentös behandelt, um den weiteren Abbau von Knochenmasse zu hemmen. Die Standardtherapie besteht aus der intravenösen Gabe von Bisphosponaten, die gemeinhin zur Behandlung der metastasenbedingten Knochenkomplikationen eingesetzt werden. Sie schützen den Knochen vor weiterem Calciumverlust, indem sie an das Kalkmineral binden und die abnormen Aktivitäten der Osteoklasten hemmen. Intravenös (i.v.) verabreichte Bisphosponate haben sich als Standard für die Behandlung von metastasenbedingten Knochenkomplikationen bei einigen Krebsarten wie auch der tumorinduzierten Hyperkalzämie etabliert. Weniger häufig finden auch andere Mittel wie Calcitonin, Mithramycin, Galliumnitrat und Plicamycin Anwendung. Die zugrunde liegende onkologische maligne Erkrankung muss jedoch primär abgeklärt sein, um eine endgültige Behandlungsentscheidung treffen zu können.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.