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WAP: Internet und Mobiltelefon finden zueinander

Das Jahr 2000 hat begonnen, endlich ist die lang erwartete "Zukunft" Gegenwart geworden. Schlagartige Veränderungen haben sich bislang allerdings noch keine gezeigt, obwohl die Zahl 2000 mit einer Vielzahl von Visionen verbunden wird, die sich praktisch auf sämtliche Bereiche des Lebens erstrecken. Besonders groß sind die Erwartungen auf dem Gebiet der Computertechnik. Dennoch werden auch hier keine plötzlichen Sprünge zu beobachten sein, sondern vielmehr eine kontinuierliche Fortsetzung der Entwicklung der zurückliegenden Jahre. Das Ergebnis einer solchen Entwicklung verbirgt sich hinter dem Begriff WAP, der neuerdings immer wieder in den Medien auftaucht. WAP steht für "Wireless Application Protocol" und damit für das mobile Internet.

Entwicklungen der 90er-Jahre

Die 90er-Jahre waren vor allem durch den unaufhaltsamen Vormarsch der Computertechnik geprägt. In zahllosen Bereichen des Lebens schlich sie sich nahezu unbemerkt bzw. mehr oder weniger selbstverständlich ein. Der Computer in der Apotheke, die Scanner- Kasse im Supermarkt oder der Fahrkartenautomat haben das tägliche Leben erobert, ohne dass groß über sie gesprochen wird. Anders verhält es sich mit dem Internet. Ebenfalls eine seit Jahren fortschreitende kontinuierliche Entwicklung und heute vielen selbstverständlich, gibt es doch kaum einen Fernsehsender, eine Tageszeitung oder Illustrierte, in deren Tagesprogramm bzw. Ausgabe nicht mindestens einmal der Begriff "Internet" auftaucht. Demzufolge ist im Bewusstsein der Menschen das Internet zweifelsohne eine der wichtigsten Computerentwicklungen der 90er-Jahre.

Parallel zum Internet hat sich ein weiterer Technologiezweig in den vergangenen Jahren stark entwickelt: die mobile Telekommunikation. Bei genauerer Betrachtung handelt es sich sowohl beim Internet als auch beim Mobiltelefon um ein Kommunikations- und Informationsmedium, einen gemeinsamen Nenner haben die beiden Medien bislang dennoch nicht gefunden. Zwar besteht die Möglichkeit, einen Computer an ein Mobiltelefon anzuschließen und auf diesem Weg ins Internet einzusteigen, abgesehen davon gibt es zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch keinerlei Verbindungspunkte zwischen Internet und Handy. Dies soll sich künftig ändern.

Verschmelzung von Parallelentwicklungen

Bereits seit einiger Zeit laufen Bestrebungen, die Mobiltelefonnetze auch für die Übertragung von Textinformationen zu nutzen. So ist die so genannte SMS inzwischen allgemeiner Handy-Standard. Die Abkürzung SMS steht für "Short Message Service" und bedeutet die Möglichkeit, kurze Textmitteilungen via Handy zu erstellen, zu versenden und zu empfangen. Anfangs hauptsächlich für die private Kommunikation genutzt, findet SMS inzwischen zunehmend auch kommerzielle Nutzung. So können gegen Gebühr beispielsweise aktuelle Verkehrsinformationen oder auch Börsenkurse auf dem Mobiltelefon empfangen werden. Damit jedoch nicht genug: die immer größeren, höher auflösenden und grafikfähigen Displays von Mobiltelefonen und die wachsende Leistungsfähigkeit der Netze rückt die Möglichkeit, auch umfangreichere Informationen zu übertragen und anzuzeigen, in erreichbare Nähe.

Konsequent weitergedacht, stellt sich die Frage, ob nicht auch komplette Internet-Seiten geladen werden können? Solange es sich bei diesen um kleine, überwiegend Textinformationen aufweisende Seiten handelt, erscheint dies durchaus praktikabel. Der überwiegende Teil der WWW-Seiten ist heute allerdings durch Einbau von mehr oder weniger vielen Grafiken sowie durch die Nutzung von JavaScripts oder Java-Applets charakterisiert, wodurch eine Darstellung auch auf dem größten Handy-Display unmöglich wird. Aus diesem Grund wurde auf die Integration des im Internet als Standard verwendeten Übertragungsprotokolls HTTP (Hypertext Transfer Protocol) in Mobiltelefone verzichtet. Um dennoch die Informationsvielfalt des World Wide Web Nutzern von Mobiltelefonen bereitzustellen, musste ein neues Übertragungsprotokoll geschaffen werden. Bei diesem handelt es sich um das Wireless Application Protocol (WAP).

WML als neue Standardsprache

Die Entwicklung von WAP hat weitere Innovationen nach sich gezogen. Infolge der geringeren und kostspieligeren Bandbreiten im Mobilfunknetz war die Verwendung der im WWW genutzten "Hypertext Markup Language" (HTML) für das WAP nicht praktikabel. Aus diesem Grund wurde eine neue Seitenbeschreibungssprache entwickelt, die "Wireless Markup Language" (WML). WML basiert auf XML, einer vom W3C (World Wide Web Consortium) definierten binären Metasprache. Im Gegensatz zu HTML, bei der sämtliche Befehle zum Seitenaufbau in Textform kodiert vorliegen (dies führt dazu, dass die Befehle zuweilen mehr Bytes beanspruchen als die eigentliche Textinformation), nutzt WML ausschließlich binäre Daten, was zu einer erheblichen Reduktion der zu übertragenden Datenmenge führt. Ferner nutzt WML optimal kleine Displays und erlaubt eine Einhand-Navigation ohne Gebrauch einer Tastatur. Ebenfalls erfolgte eine Anpassung der Seiteninhalte an die Art des jeweiligen Displays von zweizeiligen Displays bis hin zu Vollgrafikbildschirmen aufwendigerer Geräte.

Voraussetzungen und Geräte

Voraussetzung für die Nutzung von WAP ist das Vorhandensein eines WAP-fähigen Mobiltelefons, d. h. eines Handys, das über einen WAP-Browser (vergleichbar mit Netscape oder dem Internet-Explorer für das WWW) verfügt. Derzeit werden leider nur wenige solche Geräte angeboten, sodass die Gesamtzahl noch relativ gering ist. Auch ist die Palette der integrierten Browser noch relativ heterogen. Einzelne Firmen setzen selbstentwickelte Browser ein (Nokia, Ericson), wogegen sich in Geräten anderer Anbieter von Softwarehäusern programmierte Browser finden (besonders UP.Browser von Phone. Com). Problematisch ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem, dass es vom ursprünglichen WAP bereits die Version 1.1 gibt und die Version 1.2 entwickelt wird (WAP v1.1 und WAP v1.2) und nicht alle der derzeit verwendeten Browser zur Nutzung sämtlicher Protokolle befähigt sind. Im Aussehen gibt es praktisch keinen Unterschied zu herkömmlichen Mobiltelefonen. Typisch ist lediglich das relativ große Display, für das zuweilen sogar die Rückseite des Gerätes genutzt wird.

Angebote und Prognosen

Infolge der geringen Größe der Displays der Mobiltelefone sind die Inhalte von WAP-Seiten nicht mit denen von WWW-Seiten zuvergleichen. Wird unter WWW zumeist auf eine Informationsvermittlung gesetzt, die durch farbige Effekte und Grafiken das Auge anspricht, so steht auf WAP-Seiten die reine Information im Vordergrund. Dabei handelt es sich bevorzugt um solche Informationen, die der potenzielle Nutzer benötigt, wenn er sich außerhalb geschlossener Gebäude und abseits von Festnetzanschlüssen befindet. Sehr schön wird dies beim Betrachten der entsprechenden von Ericson angebotenen Seite deutlich : Nachrichten, Hotelinformationen, Flug- und Bahninformationen, Wechsel- und Börsenkurse etc. einschließlich der aus dem WWW gewohnten Möglichkeit, unmittelbar reagieren, sprichbuchen, kaufen etc. zu können. Da es sich beim WAP um die jüngste Entwicklung auf dem Gebiet von Telekommunikation und Computertechnik handelt, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Anzahl der Angebote (ebenso wie die Anzahl der Geräte) noch relativ gering. Dies sollte sich in kürzester Zeit allerdings rapide ändern. Eine der Ursachen dafür ist, dass mit WAP-Browsern ausgestattete Mobiltelefone in den folgenden Monaten und Jahren zunehmend Verbreitung finden werden, WAP voraussichtlich zu einer Standardfunktion der Geräte wird. Nach Schätzungen der Branche dürfte der Anteil WAP-fähiger Mobiltelefone von derzeit ca. 5 Prozent auf etwa 60 Prozent im Jahr 2003 steigen.

Eine weitere Ursache für die zunehmende Verbreitung von WAP dürfte in der Möglichkeit des gezielten Angebots von lokalen Informationen liegen. Der von Datenschützern so heftig kritisierte Umstand, dass der Standort eines Mobilfunknutzers jederzeit zu lokalisieren ist und sogar komplette Bewegungsmuster erstellt werden können, wird hier zum Vorteil: befindet man sich in einer beliebigen Stadt, so werden unter dem Stichwort "Theaterkarten" oder "Theaterspielplan" an erster Stelle die Daten für den jeweiligen Aufenthaltsort geliefert. Fazit: Mit WAP wird das Internet mobil. Die derzeitige Entwicklung deutet darauf hin, dass sich das Wireless Application Protocol tatsächlich als Standard der nächsten Jahre durchsetzen wird. Dazu sollte auch der Umstand beitragen, dass in wenigen Jahren das farbige TFT-Display zur Basisausstattung eines Handy zählen wird.

Anschrift des Verfassers: Dr. Thomas Schöpke Institut für Pharmazie Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald Jahnstraße 17 D-17487 Greifswald Fax: 03834-864885 E-mail: thomas@schoepke.de http://schoepke.de

Das Jahr 2000 wird mit einer Vielzahl von Visionen verbunden. Besonders groß sind die Erwartungen auf dem Gebiet der Computertechnik. Dennoch werden auch hier keine plötzlichen Sprünge zu beobachten sein, sondern vielmehr eine kontinuierliche Fortsetzung der Entwicklung der zurückliegenden Jahre. Das Ergebnis einer solchen Entwicklung verbirgt sich hinter dem Begriff WAP, der für "Wireless Application Protocol " und damit für das mobile Internet steht.

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