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Arzneimittel und Therapie
Kardiovaskuläre Ereignisse: Keine klaren Unterschiede zwischen Blutdrucksenke
Bis vor kurzem war nur für Diuretika und Betablocker belegt, dass sie das Risiko von (tödlichen oder nicht tödlichen) Herz- und Gefäßereignissen senken. In den vergangenen Jahren wurde in einzelnen Studien auch das kardiovaskuläre Risiko unter der Therapie mit neueren Blutdrucksenkern untersucht:
- So verringerte der Calciumantagonist Nitrendipin in der Syst-Eur-Studie bei Patienten mit systolischem Bluthochdruck das Schlaganfallrisiko.
- Der ACE-Hemmer Ramipril reduzierte in der HOPE-Studie bei Hochrisikopatienten mit oder ohne hohen Blutdruck das Risiko für Schlaganfall, koronare Herzkrankheit und Herzinsuffizienz.
Unklar ist, ob Blutdrucksenker das Risiko von Herz-Kreislauf-Ereignissen in unterschiedlichem Ausmaß verringern. So konnten in vier Studien, in denen Diuretika mit Betablockern verglichen werden, mäßige Unterschiede nicht ausgeschlossen werden. Nur für den Alpha-Blocker Doxazosin wurde in der ALLHAT-Studie im Vergleich zu Diuretika ein erhöhtes Herzinsuffizienz-Risiko nachgewiesen.
In zwei Studien wurden jetzt Calciumantagonisten mit einem Diuretikum- und/oder Betablocker-Regime verglichen:
- In der NORDIL(Nordic Diltiazem)-Studie der Nicht-Dihydropyridin-Calciumantagonist Diltiazem mit einem Thiaziddiuretikum oder einem Betablocker
- In der INSIGHT(Intervention as a Goal in Hypertension Treatment)-Studie der Dihydropyridin-Calciumantagonist Nifedipin mit der Kombination aus den Diuretika Hydrochlorothiazid und Amilorid.
NORDIL
Die NORDIL-Studie fand in Norwegen und Schweden statt. Die Studie hatte ein so genanntes PROBE-Design, das der klinischen Praxis entsprechen soll; sie war prospektiv, randomisiert und offen mit verblindeter Endpunkt-Beurteilung (das heißt, ohne Kenntnis des Behandlungsstatus und des Blutdrucks).
10881 Patienten mittleren Alters (50 bis 74 Jahre) nahmen teil. Alle wiesen einen diastolischen Blutdruck von mindestens 100 mm Hg auf. Vorbehandelte Patienten hatten diesen Wert nach Absetzen ihres Blutdruckmittels.
In der ersten Behandlungsstufe bekamen die Diltiazem-Patienten täglich 180 bis 360 mg Diltiazem (zunächst ein kurz wirkendes, ab 1997 ein lang wirkendes Präparat). In der zweiten Stufe wurde ein ACE-Hemmer hinzugefügt, in der dritten ein Diuretikum oder ein Alpha-Blocker und in der vierten ein beliebiges weiteres Antihypertensivum. Die Diuretikum/Betablocker-Patienten erhielten in der ersten Behandlungsstufe entweder ein Thiaziddiuretikum oder einen Betablocker, in der zweiten Stufe beides. In der dritten Stufe kam ein ACE-Hemmer oder ein Alpha-Blocker hinzu, in der vierten Stufe ein beliebiges weiteres Antihypertensivum.
Die mittlere Beobachtungsdauer betrug 4,5 Jahre. Der Blutdruck sank in der Diltiazem-Gruppe im Mittel um 20,3/18,7 mmHg, in der anderen Gruppe um 23,3/18,7 mmHg. 50% der Diltiazem-Patienten und 45% der Diuretikum/Betablocker-Patienten nahmen zum Studienende noch die zugeordnete Monotherapie ein. 23% der Diltiazem-Patienten und 7% der Diuretikum/Betablocker-Patienten hatten die Behandlung nach dem Stufenschema vorzeitig abgebrochen. Den primären Endpunkt - tödlichen oder nicht tödlichen Schlaganfall, tödlichen oder nicht tödlichen Herzinfarkt oder Tod aus anderer kardiovaskulärer Ursache - erreichten 403 Patienten der Diltiazem-Gruppe und 400 der Diuretikum/Betablocker-Gruppe. Das relative Risiko für eines dieser kardiovaskulären Ereignisse betrug mit dem Diltiazem-Regime im Vergleich zum Diuretikum/Betablocker-Regime 1,00. Tödliche oder nicht tödliche Schlaganfälle traten bei 159 Patienten der Diltiazem-Gruppe gegenüber 196 der Diuretikum/Betablocker-Gruppe auf (relatives Risiko 0,80; signifikant). Tödliche oder nicht tödliche Herzinfarkte betrafen 183 Diltiazem-Patienten gegenüber 157 Diuretikum/Betablocker-Patienten (relatives Risiko 1,16). Demnach schützte Diltiazem die Bluthochdruckpatienten ebenso wirksam vor Schlaganfall, Herzinfarkt und tödlichen Herz- oder Gefäßereignissen wie ein Diuretikum/Betablocker-Regime.
INSIGHT
Die INSIGHT-Studie fand in acht europäischen Ländern und in Israel statt. 6321 Patienten zwischen 55 und 80 Jahren nahmen teil. Sie hatten einen Blutdruck von mindestens 150/95 mmHg oder einen isolierten systolischen Bluthochdruck von mindestens 160 mmHg. Zusätzlich wiesen sie mindestens einen weiteren kardiovaskulären Risikofaktor auf (z.B. Hypercholesterolämie, Rauchen, koronare Herzkrankheit). Die prospektive Doppelblindstudie hatte eine dynamische Randomisierung; die Patienten wurden nach Geschlecht, Alter, Einnahme von Acetylsalicylsäure und Risikofaktoren randomisiert.
Zu Beginn nahmen die Nifedipin-Patienten einmal täglich 30 mg retardiertes, magensaftresistentes Nifedipin ein, die Diuretika-Patienten 25 mg Hydrochlorothiazid plus 2,5 mg Amilorid. Bei unzureichender Blutdrucksenkung durfte in beiden Gruppen die Dosis verdoppelt werden, 25 mg Atenolol oder 5 mg Enalapril hinzugefügt werden, die Dosis des zugefügten Antihypertensivums verdoppelt werden und schließlich ein beliebiges weiteres Antihypertensivum (ausgenommen Calciumantagonisten und Diuretika) hinzugefügt werden. Die Behandlung war für mindestens drei Jahre geplant.
Der mittlere Blutdruck fiel in beiden Gruppen von 173/99 mmHg auf 138/82 mm g. In der Nifedipin-Gruppe brachen mit 40% 8% mehr Patienten die Behandlung ab als in der Diuretika-Gruppe. Der Grund waren frühzeitig auftretende periphere Ödeme. Schwere Nebenwirkungen traten in der Diuretika-Gruppe dagegen häufiger auf als in der Nifedipin-Gruppe. Auch metabolische Nebenwirkungen, wie Hypokaliämie, Hyponatriämie, Hyperurikämie, Hyperglykämie und Nierenschädigung, wurden hier vermehrt beobachtet.
Den primären Endpunkt - kardiovaskulär bedingten Tod, Herzinfarkt, Herzinsuffizienz oder Schlaganfall - erreichten in beiden Gruppen etwa gleich viele Patienten: 200 (6,3%) in der Nifedipin-Gruppe und 182 (5,8%) in der Diuretika-Gruppe. Nifedipin-Patienten hatten im Vergleich zu Diuretika-Patienten ein relatives Risiko von 1,10, von einem dieser kardiovaskulären Ereignisse betroffen zu sein. Auch die Gesamtsterblichkeit und die Häufigkeit nicht tödlicher Endpunktereignisse waren in beiden Gruppen vergleichbar. Geringfügig erhöht waren unter Nifedipin die Häufigkeit einer Herzinsuffizienz (0,9 gegenüber 0,4%) und die Häufigkeit tödlicher Herzinfarkte (0,5 gegenüber 0,2%).
Demnach schützten Nifedipin und Hydrochlorothiazid-Amilorid vergleichbar gut vor der Gesamtheit kardiovaskulärer und zerebrovaskulärer Ereignisse und waren in gleichem Maße lebensrettend.
Literatur: Brown, M. J., et al.: Morbidity and mortality in patients randomised to double-blind treatment with a long-acting calcium-channel blocker or diuretic in the International Nifedipine GITS study: Intervention as a Goal in Hypertension Treatment (INSIGHT). Lancet 356, 366-372 (2000). Hansson, L., et al.: Randomised trial of effects of calcium antagonists compared with diuretics and b-blockers on cardiovascular morbidity and mortality in hypertension: the Nordic Diltiazem (NORDIL) study. Lancet 356, 359-365 (2000). MacMahon, S., B. Neal: Differences between blood-pressure-lowering drugs. Lancet 356, 352-353 (2000).
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