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Die Seite 3
Auf der berufspolitischen Informationsveranstaltung der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände – ABDA während der Davoser Fortbildungswoche ging es diesmal um die integrierte Versorgung und den Aufbau von Netzen (siehe den Bericht in unserer Montagsausgabe von dieser Woche). Man versteht darunter die durch das Gesundheitsreformgesetz geschaffene Möglichkeit, dass Krankenkassen mit Ärzten und anderen Leistungserbringern im Gesundheitswesen Rahmenvereinbarungen treffen können für sektoral übergreifende Versorgungsangebote. Ein Beispiel: Ärzte verschiedener Disziplinen können sich zu einem Netz zusammenschließen, gegebenenfalls auch andere Leistungserbringer im Gesundheitswesen hinzunehmen (z. B. Reha oder Pflege) und für ihre Leistungen eine Komplettvergütung aushandeln. Die Ärzte und die übrigen Leistungsanbieter müssen dann mit diesem Budget auskommen.
Nun ist es sogar möglich, dass Leistungserbringer und Krankenkassen in diese Komplettvergütung des Netzes ein Arzneibudget einschließen. Spätestens jetzt kommen wir Apotheker mittelbar mit ins Spiel. Denn dies könnte bedeuten, dass die Arzneiverordnungen für den Patienten dieses Netzes nicht von der Krankenkasse bezahlt wird, sondern von diesem Netz. Die Apotheke müsste also individuell mit dem Netz abrechnen... An dieser Stelle will ich nicht mehr weiterdenken. Malt man sich nämlich aus, dass es eine Vielzahl unterschiedlicher Netze gäbe mit eigenem Arzneibudget, dann wäre das Chaos vorprogrammiert und wir könnten wohl ab und an unserem Geld hinterher laufen. Noch ist es nicht so weit und niemand weiß, ob es so weit kommen wird. Denn eine solche Konstruktion würde eine funktionierende Infrastruktur des Netzes erfordern – und die Patienten müssten sich in das Netz einschreiben. Und dazu besteht, wie Vorversuche zeigten, bei den Patienten – ohne finanzielle Anreize – wenig Neigung.
In ein Netz könnten auch Apotheker aufgenommen werden bzw. einsteigen. Es ist fraglich, ob es dazu kommt. Denn einen unmittelbaren finanziellen Vorteil hat ein Netz von einem "Hausapotheker" nicht, da die Arzneimittelpreisverordnung nicht außer Kraft gesetzt werden darf, auch nicht das Fremd- und Mehrbesitzverbot oder sonstige Gesetze des Apotheken- und Arzneimittelrechts. Auch für Apotheken dürfte sich kein unmittelbarer wirtschaftlicher Vorteil ergeben: Nach wie vor besteht die freie Apothekenwahl des Patienten, Absprachen sind nicht erlaubt, die Netzärzte dürfen die Patienten also nicht zu ihrer "Hofapotheke" schicken. Der Apotheker könnte sich in ein Netz allenfalls als Berater und Informant in Sachen Arzneimittel einbringen und an der Erstellung interner Arzneimittellisten mitwirken.
Im Klartext: mehr Arbeit, aber keinesfalls mehr Einnahmen. Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, wenn es von unserer Seite aus heißt: "Wir wollen nicht ins Netz." Dennoch, wir werden die Entwicklung beobachten müssen. Derzeit sind Netze der unterschiedlichsten Art im Entstehen, es gibt noch keinen Überblick. Möglicherweise sieht die Situation in vier oder fünf Jahren anders aus.
Zurück aus Davos. Der 30. Fortbildungskongress der Bundesapothekerkammer, der in der letzten Woche im Graubündner Wintersportort stattfand, brachte eine Menge an Fortbildungswissen. Wir haben die Vorträge in diesem Heft für Sie aufbereitet – für alle, die nicht dabei sein konnten oder zum Nacharbeiten für die, die dort waren. Und wenn Sie Lust auf mehr Fortbildung haben: Ende März geht's weiter mit der Interpharm in Stuttgart. Schauen sie mal rein ins Programm, Sie finden es in diesem Heft. Wir freuen uns schon heute auf Ihren Besuch.
Peter Ditzel
Die Sache mit dem Netz
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