Arzneimittel und Therapie

Morbus Parkinson: Coffein reduziert das Risiko

Menschen, die viel Kaffee trinken, haben ein signifikant niedrigeres Risiko, am Parkinson-Syndrom zu erkranken. Für diesen Effekt ist allein das Coffein verantwortlich, andere Bestandteile des Kaffees spielen dagegen keine Rolle.

Der Morbus Parkinson ist die häufigste neurologische Erkrankung des fortgeschrittenen Lebensalters. In den USA leiden 3% der Bevölkerung, die über 65 Jahre alt sind, an dieser Krankheit. Allein aufgrund der Verschiebung der Alterspyramide könnte sich dieser Prozentsatz in den nächsten 30 bis 40 Jahren verdoppeln.

Die Ursachen dieser Erkrankung sind noch ungeklärt. Vermutlich spielen sowohl genetische Faktoren als auch die Umwelt eine Rolle bei ihrer Entstehung. Das Krankheitsbild ist durch drei Hauptsymptome gekennzeichnet: Muskelsteifigkeit, Bewegungsarmut und Zittern. Derzeit können nur die Symptome gelindert werden. Möglichkeiten, den Krankheitsverlauf zu verlangsamen oder sich vor einer Erkrankung zu schützen, gibt es bisher nicht.

Zusammenhang bei mehr als 8000 Männern untersucht

Einige Studien haben gezeigt, dass Menschen, die viel Kaffee trinken, seltener am Parkinson-Syndrom erkranken. Eindeutige Beweise fehlten aber bisher. Um den Zusammenhang zwischen dem Kaffeekonsum sowie spezifischen Kaffeeinhaltsstoffen (Coffein, Nicotinsäure) und dem Risiko einer Parkinson-Erkrankung aufzuklären, wurden jetzt Daten des Honolulu-Herz-Programmms ausgewertet.

Dieses Projekt lief von 1965 bis 1968 und umfasste 8004 Männer im Alter von 45 bis 68 Jahren, die auf Oahu, Hawaii, lebten. Die Studienteilnehmer wurden nach definierten Zeitintervallen immer wieder untersucht und insgesamt 30 Jahre nachbetreut.

Aus den vorliegenden Daten wurde ermittelt, wie viele Teilnehmer in Abhängigkeit von ihrem Kaffee- oder Coffeinkonsum am Parkinson-Syndrom erkrankten. Zu Beginn der Studie, im Jahr 1965, und nach sechs Jahren wurden die Probanden befragt, wie viele Tassen Kaffee sie pro Tag tranken. Die täglich aufgenommene Coffeinmenge wurde nur einmal bei Studienbeginn gemessen.

Kaffeetrinker erkrankten seltener

Die Auswertung der Studiendaten ergab, dass während der 30-jährigen Nachbetreuung 102 der 8004 Männer am Parkinson-Syndrom erkrankten. Die Datenanalyse zeigte, dass Kaffeetrinker signifikant seltener erkrankten als Nichttrinker. Nach Korrektur der Daten hinsichtlich des Alters lag das Risiko einer Erkrankung für Nichtkaffeetrinker zwei- bis dreimal höher als bei Kaffeetrinkern. Beim Vergleich der Daten von Nichtkaffeetrinkern und Kaffeetrinkern, die täglich vier Tassen (ungefähr 840 ml) und mehr tranken, lag das Risiko sogar fünfmal höher. Wie eine weitere Datenanalyse zeigte, war dieser Effekt vom Rauchen unabhängig.

Coffein schützt

Die Häufigkeit der Parkinson-Erkrankungen nahm auch ab, wenn die Studienteilnehmer statt Kaffee andere coffeinhaltige Getränke, wie Tee oder Cola, zu sich nahmen. Wichtig scheint somit nur die Coffeinaufnahme zu sein. Andere Bestandteile des Kaffees, wie beispielsweise die Nicotinsäure, so ergaben weitere Untersuchungen, spielten dagegen keine Rolle. Es zeigte sich auch, dass der Zusatz von Milch und/oder Zucker in den Kaffee ohne Wirkung war.

Dopamingehalt ist erniedrigt

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie Coffein wirkt. Der Morbus Parkinson ist eine Erkrankung des extrapyramidal-motorischen Systems, das sowohl an der Ausführung von Bewegungen als auch am Tonus und Agonistenspiel der Skelettmuskulatur beteiligt ist. Patienten mit Parkinson-Syndrom leiden an einer fortschreitenden Degeneration von Dopamin-Neuronen, deren Zellkörper in der Substantia nigra liegen und deren aufsteigende Axone im Corpus striatum endigen. Der Dopamingehalt des Corpus striatum von an M. Parkinson erkrankten Patienten ist erniedrigt.

Stimulation des ZNS

Coffein ist ein bekanntes Stimulans des zentralen Nervensystems und wirkt über einen Antagonismus am Adenosinrezeptor. Untersuchungen haben gezeigt, dass Adenosinrezeptor-Agonisten die Bewegungsaktivität von Nagetieren reduzieren, möglicherweise durch Hemmung des Dopamin-Transmittersystems. Aktuelle Versuche zeigen auch, dass Adenosin-A2-Rezeptorantagonisten motorische Defizite von Primaten verbessern, die mit der Testsubstanz 1-Methyl-4-Phenyl-1,2,3,6-Tetrahydropyridin (MPTP) behandelt wurden. Wurde in Tierversuchen der Dopamingehalt bei Mäusen pharmakologisch reduziert und ihnen dann Coffein verabreicht, schützte dieses vor Bewegungslosigkeit. Wahrscheinlich beruht dieser dopaminähnliche Effekt aber darauf, dass die tonische Hemmung durch Adenosin aufgehoben wird und weniger auf einer direkten Stimulation der Dopaminrezeptoren durch Coffein. Vermutlich hat Coffein keinen direkten biologischen Effekt auf die Entwicklung des Parkinson-Syndroms. Möglicherweise lindert es die Symptome, indem es den zentralen dopaminergen Tonus steigert. Klinische Studien konnten diese Vermutung aber bisher noch nicht konsequent belegen. Zwei kleine klinische Versuche mit Parkinson-Patienten zeigten bei der gleichzeitigen Gabe von Coffein und Dopaminagonisten oder Levodopa keine steigende Effektivität des Coffeins. Ein weiterer Versuch mit Theophyllin, einem anderen Adenosinrezeptor-Antagonisten, verbesserte aber bei den 15 Parkinson-Patienten des Tests die Symptome.

Allgemeingültige Schlussfolgerungen nur begrenzt möglich

Die Ergebnisse der Honolulu-Herz-Studie müssen trotzdem kritisch betrachtet werden, da nur Männer untersucht wurden und diese zum Zeitpunkt der Diagnose schon sehr alt waren. Allgemeine Schlussfolgerungen hinsichtlich junger Parkinson-Patienten, Frauen oder Patienten anderer ethnischer Gruppen sind deshalb schwierig. Zumal die Ergebnisse einer 1999 erschienenen Studie über die gleichzeitige Parkinson-Erkrankung von Zwillingen darauf hindeuten, dass bei einem späten Ausbruch dieser Krankheit vorwiegend Umweltfaktoren eine Rolle spielen, während bei jungen Parkinson-Patienten genetische Komponenten wirksam werden. Nach epidemiologischen Untersuchungen gibt es auch weltweit Unterschiede in der Krankheitshäufigkeit: Vor allem Weiße erkranken am Morbus Parkinson. Trotzdem sollte die Möglichkeit, dass Coffein vor einer Parkinson-Erkrankung schützt, in zukünftigen epidemilogischen, klinischen und wissenschaftlichen Untersuchungen weiter untersucht werden.

Menschen, die viel Kaffee trinken, haben ein signifikant erniedrigtes Risiko, am Parkinson-Syndrom zu erkranken. Für diesen Effekt ist allein das Coffein verantwortlich, andere Bestandteile des Kaffees spielen dagegen keine Rolle. 

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