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Arzneimittel und Therapie
Fall-Kontroll-Studie: Nichtsteroidale Antiphlogistika senken das Krebsrisiko
Bisher größte Fall-Kontroll-Studie
Die Ergebnisse beruhen auf Daten von über 12000 Krebspatienten und rund 35000 Kontrollpersonen aus einer Datenbank, die durch allgemeinmedizinische Praxen in ganz Großbritannien mit Informationen gespeist wird. Untersucht wurden fünf gastrointestinale Tumorarten (Speiseröhre, Magen, Kolon, Rektum, Bauchspeicheldrüse) und vier nicht-gastrointestinale Krebsformen (Blase, Brust, Lunge, Prostata).
Einschlusskriterien waren: Erstdiagnose einer dieser Krebserkrankungen in den Jahren 1993 bis 1995 und dokumentierte Arzneimittelverschreibungen in den drei Jahren vor Diagnosestellung. Für jeden Krebspatienten dienten drei alters- und geschlechtsentsprechende Personen als Kontrollen, die auch angesichts der sonstigen allgemeinmedizinischen Daten vergleichbar waren. Das Rauchverhalten wurde ebenfalls berücksichtigt.
Schutz vor gastrointestinalen Tumoren
Es wurde analysiert, wie viele Verschreibungen nichtsteroidaler Antiphlogistika jede Person im Zeitraum 13 bis 36 Monate vor Krebsdiagnose erhalten hatte. Man stellte fest: lagen mindestens sieben Verschreibungen über nichtsteroidale Antiphlogistika vor, konnte das relative Risiko, später an Speiseröhren-, Magen-, Kolon-, und Rektumtumoren zu erkranken, signifikant gesenkt werden.
Allerdings galt nur bei Speiseröhren- und Magenkrebs: je mehr Verschreibungen, desto geringer war das Krebsrisiko. Diese Ergebnisse stehen im Einklang mit früheren Studien, die ähnliche und zum Teil sogar stärkere Schutzwirkungen nichtsteroidaler Antiphlogistika gegenüber kolorektalen Tumoren feststellten. Auch für Speiseröhren- und Magenkrebs gab es bereits Hinweise auf eine Protektion durch diese Arzneimittelgruppe. Bei den meisten der früheren Studien war jedoch die Fallzahl zu klein, um eine sichere Aussage treffen zu können.
Die Frage, ob nichtsteroidale Antiphlogistika auch das Risiko für Tumoren außerhalb des Gastrointestinaltrakts verringern, konnte bisher nicht eindeutig beantwortet werden. Im Tierexperiment an der Ratte beispielsweise wurde das Brustkrebsrisiko gesenkt. Studien am Menschen zeigten sowohl bei Brustkrebs als auch bei Lungenkrebs widersprüchliche Ergebnisse. Die vorliegende, im Vergleich größte bisherige Studie lässt nun vermuten, dass es weder einen Schutzeffekt bei Brustkrebs noch bei Lungen- oder Blasenkrebs gibt.
Überraschende Ergebnisse zeigt die Untersuchung für Bauchspeicheldrüsen- und Prostatakrebs: bei mindestens sieben Verschreibungen in den 13 bis 36 Monaten vor Diagnosestellung erhöhte sich das Krebsrisiko. Die Autoren stellen jedoch den Kausalzusammenhang mit der Medikamentengabe in Frage, denn Bauchspeicheldrüsenkrebs ist schwierig zu diagnostizieren. Daher könnten Ärzte diesen Patienten vermehrt unspezifisch Analgetika, unter anderem auch nichtsteroidale Antiphlogistika, verordnet haben. Zum anderen widerspricht das erhöhte Risiko für Prostatatumore früheren Ergebnissen, nach denen nichtsteroidale Antiphlogistika das Fortschreiten dieser Erkrankung verlangsamten.
Kein Effekt auf generelles Krebsrisiko
Auf das Gesamtrisiko, an einer der untersuchten neun Krebsarten zu erkranken, hatten nichtsteroidale Antiphlogistika keinen Effekt. Es ist demzufolge nicht sinnvoll, diese Medikamente prophylaktisch einzusetzen, um das generelle Krebsrisiko zu senken.
Literatur: Langman, M. J. S., K. K. Cheng, E.A. Gilman, R.J. Lancashire: Effect of anti-inflammatory drugs on overall risk of common cancer: case-control study in general practice research database. Br. Med. J. 320, 1642-1646 (2000).
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