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Arzneimittel und Therapie
Glaukom: Sehverlust ohne Schmerzen
Charakteristisches Kennzeichen aller Augenerkrankungen, die unter dem Begriff Glaukom zusammengefasst werden, ist eine pathologische Steigerung des intraokularen Drucks auf über 25 mmHg. Beim gesunden Auge liegt der Augeninnendruck zwischen 10 und 20 mmHg. Der pathologisch erhöhte Druck entsteht, wenn Kammerwasserbildung und -abfluss sich nicht mehr im Gleichgewicht befinden. Das Kammerwasser zirkuliert von der Hinterkammer in die Vorderkammer des Auges und über den Schlemmschen Kanal im Kammerwinkel zurück in das Blutgefäßsystem.
Ist die Drucksteigerung erstes und zunächst einziges Symptom, spricht man vom primären Glaukom. Beim sekundären Glaukom ist der Druck aufgrund einer anderen Augenerkrankung oder einer Systemerkrankung, wie Diabetes mellitus, erhöht. Es gibt auch Patienten, die an glaukomatösen Sehstörungen leiden, ohne einen erhöhten Augeninnendruck zu haben. Dieses Normaldruckglaukom tritt meist in Zusammenhang mit Durchblutungsstörungen am Auge auf. Beim primären Glaukom unterscheidet man zwischen Weitwinkel- (oder Offenwinkel-) und Engwinkelglaukom.
Weitwinkelglaukom
Das Weitwinkelglaukom ist die häufigste Form und tritt bei rund zwei Drittel der Patienten auf. Es verläuft chronisch und beginnt meist im höheren Lebensalter. Das Kammerwasser fließt nicht mehr ausreichend über den Schlemmschen Kanal in die kleinen Venen ab. Meist ist das Trabekelmaschenwerk, das den Kammerwinkel auskleidet, durch Zellabbauprodukte und Pigmentablagerungen verstopft. Da das Auge weiterhin Flüssigkeit produziert, kommt es zu einem allmählichen intraokularen Druckanstieg, der den Sehnerv schädigt. Die Blutversorgung wird beeinträchtigt, und der Nerv verkümmert. Die Folgen sind Gesichtsfeldausfälle und letztendlich Erblindung.
Eine Sonderform des Weitwinkelglaukoms ist das medikamentös bedingte Steroidglaukom. Werden Glucocorticoide länger als zwei bis vier Wochen oral oder inhalativ eingenommen, kann es zu einem pathologischen Anstieg des Augeninnendrucks kommen. Wahrscheinlich verursachen die Glucocorticoide eine Endothelschwellung des Trabekelmaschenwerks und behindern somit den Kammerwasserabfluss.
Engwinkelglaukom
Beim selteneren Engwinkelglaukom ist der Abfluss des Kammerwassers anatomisch verlegt. Der enge Bau des Kammerwinkels ist meist anlagebedingt, kann aber auch im Alter durch Quellung und Größenzunahme der Linse entstehen. Ist der Kammerwinkel vollständig verengt, kommt es zum äußerst schmerzhaften akuten Glaukomanfall. Dabei steigt der Augeninnendruck auf Werte zwischen 50 und 80 mmHg an. Binnen Stunden kann es zu hochgradigen Sehbehinderungen oder sogar zur Erblindung kommen.
Das Gesichtsfeld wird eingeengt
Der Sehverlust durch den ständig erhöhten Druck kommt schleichend und verursacht keine Schmerzen. Der Patient bemerkt keine plötzliche Veränderung und somit auch den Beginn der Erkrankung nicht. Mit der Zeit werden die Bilder von der Netzhaut nur noch zum Teil an das Gehirn gesandt. Der Gesichtsfeldausfall beginnt in der Peripherie und breitet sich allmählich in Richtung Zentrum aus. Der Patient nimmt immer weniger von dem wahr, was rechts und links neben ihm geschieht. Sein Blick verengt sich tunnelartig. In diesem schleichenden Verlauf liegt das Problem der Früherkennung: Man leidet am Glaukom, ohne es zu merken. Gerade deshalb sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen wichtig, vor allem, wenn bestimmte Risikofaktoren zutreffen. Hierzu gehören erhöhter Augeninnendruck, Alter ab 40 Jahren, positive Familienanamnese, Kurzsichtigkeit, großer Sehnerv und atherosklerotische Gefäßerkrankungen.
Untersuchung des Gesichtsfelds
Neben der Messung des Augeninnendrucks (Tonometrie), Untersuchung des Kammerwinkels (Gonioskopie) und des Sehnerven (Ophthalmoskopie) ist besonders die Gesichtsfelduntersuchung (Perimetrie) zur Diagnose geeignet. Der Patient sitzt dabei vor einem Testschirm, der Kopf wird fixiert. Der Blick muss während der gesamten Untersuchung geradeaus auf ein Fixierlicht gerichtet sein, und die Augen dürfen nicht bewegt werden. Auf dem Testschirm leuchten kleine, unterschiedlich starke Lichtpunkte auf, die erkannt werden müssen. Die Position dieser Punkte entspricht einer bestimmten Stelle auf der Netzhaut. Ein Computer wertet aus, wie viele Lichtpunkte erkannt wurden und wie stark der Lichtreiz sein musste. Das Ergebnis wird mit einem Normalbefund verglichen.
Augentropfen, Laser oder Operation
Zur Therapie des Glaukoms stehen mehrere Möglichkeiten zur Verfügung. In den meisten Fällen ist es möglich, medikamentös mit Augentropfen zu behandeln. Hier werden Wirkstoffe mit zum Teil sehr unterschiedlicher Wirkungsweise eingesetzt. Da die Behandlung des Weitwinkelglaukoms lebenslänglich durchgeführt werden muss, ist die Compliance des Patienten für den Erfolg der Therapie sehr wichtig. Die Augentropfen müssen sachgemäß und täglich angewendet und die Kontrolluntersuchungen regelmäßig durchgeführt werden.
Da gerade ältere Menschen betroffen sind, darf das Behandlungsprogramm nicht zu kompliziert sein. Aus diesen Gründen hat die Monotherapie Vorrang. Erst wenn hier keines der zur Verfügung stehenden Arzneimittel einen Erfolg zeigt, wird eine Kombination verwendet. Führen medikamentöse Maßnahmen nicht zum gewünschten Ziel oder lassen in ihrer Wirkung nach, stehen als weitere Behandlungsmöglichkeit eine Laserbehandlung oder Operation zur Verfügung. Hierbei wird ein "künstlicher Abfluss" für das Kammerwasser geschaffen.
Medikamentöse Maßnahmen
Das Ziel der medikamentösen Therapie des Glaukoms ist es, den Augeninnendruck optimal zu senken, eine normale Augendurchblutung zu gewährleisten und das Herz-Kreislauf-System so wenig wie möglich zu beeinträchtigen. Die erste Wahl fällt meist auf einen Betablocker. Wird dieser nicht vertragen oder erbringt nicht die gewünschte Wirkung, sollte erst eine andere Monotherapie versucht werden, bevor kombiniert wird. In Frage kommen Prostaglandin-Analoga, Alpha-2-Agonisten oder topische Carboanhydrasehemmer. Mittel der zweiten Wahl sind Parasympathomimetika und Sympathomimetika. Sollten all diese Präparate die Gesichtsfeldverengung nicht aufhalten können, ist eine Kombinationstherapie angezeigt. Standardkombinationen sind Timolol mit Dorzolamid oder Timolol mit Pilocarpin.
Betablocker vermindern Kammerwasserbildung Zur medikamentösen Therapie sind in den meisten Fällen Betablocker wie Timolol das Mittel der Wahl. Sie haben sich seit langem bewährt, zeigen gute Wirksamkeit und können lokal in Form von Augentropfen verwendet werden. Hauptsächlich werden sie zur Behandlung des Weitwinkelglaukoms eingesetzt; bei Engwinkelglaukom nur in Kombination mit Miotika vom Pilocarpin-Typ.
Der genaue Wirkungsmechanismus ist noch nicht geklärt. Augentropfen mit Betablockern müssen in der Regel zweimal täglich appliziert werden. Patienten mit Herzinsuffizienz, Herzrhythmusstörungen oder Asthma bronchiale sollten Betablocker-Augentropfen erst nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung nehmen. Selbst bei lokaler Anwendung kann es zu einer Blutdrucksenkung kommen, was eine Minderdurchblutung der Sehnerven mit sich führen kann. Da weniger Kammerwasser gebildet wird, könnte es zu einer verminderten Ernährung der Linse und geringerer Spülung des Auges kommen.
Carboanhydrasehemmer Der Carboanhydrasehemmer Acetazolamid wird hauptsächlich beim akuten Überdruck-Notfall in hohen Dosen systemisch verabreicht. Dorzolamid, ein neuerer Carboanhydrasehemmer, ist in Form von Augentropfen im Handel. Beide drosseln die Produktion des Kammerwassers.
Parasympathomimetika Parasympathomimetika wie Pilocarpin, Aceclidin oder Carbachol lösen bei lokaler Anwendung am Auge eine Dauerkontraktion des Musculus sphincter pupillae und des Ziliarmuskels aus. Die Pupille wird verengt und der Abflussweg des Kammerwassers erweitert. So sinkt der intraokulare Druck für sechs bis zwölf Stunden. Günstig ist der Einsatz vor allem zur Therapie des Engwinkelglaukom. Bei der Anwendung kann es zu vorübergehenden Sehstörungen, ähnlich einer Kurzsichtigkeit, kommen.
Alpha-Sympathomimetika Neben den Sympathomimetika wie Clonidin, Apraclonidin und Guanethidin steht seit einiger Zeit ein weiterer, selektiver Alpha-2-Agonist zur lokalen Anwendung am Auge zur Verfügung: Brimonidin. Er senkt sowohl allein als auch zusätzlich zu der Therapie mit Betablockern den erhöhten Augeninnendruck bei Weitwinkelglaukom. Die Kombination mit Betablockern wirkt additiv. Der Wirkmechanismus ist dualer Art: Die Kammerwasserproduktion wird verringert und der Ab- fluss gefördert. Darüber hinaus scheint Brimonidin am Sehnerv durchblutungsfördernd und neuroprotektiv zu wirken. Netzhaut und Sehnerv werden besser durchblutet. Der Einfluss auf Herz und Lunge ist gering.
Prostaglandine schaffen neuen Abflussweg Prostaglandine sind die neuesten und modernsten Wirkstoffe in der Glaukomtherapie. Sie schaffen am Auge einen bislang durch andere Medikamente ungenutzten Abflussweg für das Kammerwasser, indem sie den Raum zwischen den Zellen des Ziliarmuskels erweitern. Der Wirkstoff Latanoprost ist ein solches Prostaglandin-Analogon, das den natürlichen uveoskleralen Abfluss steigert. Die Kammerwasserproduktion bleibt unbeeinflusst. Zusätzlich verbessert es die pulsatile okulare Durchblutung bei primärem Weitwinkelglaukom, okularer Hypertension und Normaldruckglaukom. Der Patient muss seine Augentropfen nur einmal täglich vor dem Schlafengehen anwenden. Prostaglandine sind sehr gut verträglich und haben keinen Einfluss auf Herz, Kreislauf und Lunge.
Gute Compliance ist entscheidend
Entscheidend für den Therapieerfolg ist die richtige und regelmäßige Anwendung der Augentropfen. Die Beratungsfunktion des Apothekers ist hier sehr wichtig. Gerade bei Augentropfen mit systemischen Nebenwirkungen, wie den Betablockern, wird empfohlen, empfohlen, nach dem Tropfen den Tränenfluss zu unterbinden, indem leichter Druck mit der Fingerspitze auf den Nasenknochen am Augeninnenwinkel ausgeübt wird. Diese nasolakrimale Okklusion verlängert die Verweilzeit der Lösung im Auge und verringert die Aufnahme in die systemische Zirkulation.
Unter dem Oberbegriff Glaukom oder "Grüner fasst, die eine krankhafte Veränderung des Sehnervs verursachen. Allein in Deutschland gibt es rund 900 000 Glaukompatienten. Weitere drei Millionen Menschen leiden unter erhöhtem Augeninnendruck und gelten als besonders gefährdet. Da der Verlauf schleichend und schmerzlos ist, sucht der Betroffene seinen Augenarzt häufig erst im Spätstadium auf. Unbehandelt jedoch führt das Glaukom zur Erblindung.
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