Kommentar

Falsches Rezept

Nun kommt der Mindestbeitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) also doch. Bis zuletzt hatte es ein Sammelsurium an Vorschlägen zur Reform des Kassen-Finanzausgleichs gegeben. Strafzölle oder Ablösesummen für wechselwillige Versicherte wurden gefordert, auch Risikopools für alle Ausgaben für Kranke ab einer bestimmten Grenze oder Solidarausgleichszahlungen der Kassen untereinander. Jetzt kommt der Mindestbeitragssatz, der in der GKV meiner Ansicht nach nichts zu suchen hat. Klar ist, dass vor allem günstige Betriebskrankenkassen ihre Sätze anheben müssen. Aber es hat Auswirkungen auf das System. Das ist eindeutig eine Beschränkung des Wettbewerbs, der ohnehin nur zaghaft wächst. 1996 erst wurde der GKV mehr Wettbewerb verordnet, da steht der Mindestsatz in völligem Widerspruch dazu. Dieser nimmt Kassen den Anreiz, sparsam zu arbeiten.

Zudem soll der Finanzausgleich der Kassen ausgeweitet werden. 24 Milliarden Mark wurden bisher jedes Jahr zwischen den Kassen umverteilt! Ein Hauen und Stechen ist ausgebrochen, seit die großen Orts- und Ersatzkassen Mitglieder vorwiegend an die BKKs verlieren. Vor allem junge, gesunde Menschen würden von den BKK quasi eingefangen, während AOK, Barmer und Co. die Älteren mit teuren Krankheiten versorgten. Die Schwarz-Weiß-Malerei hat noch nie gestimmt, gleichwohl ist eine Reform notwendig. Aber Mindestsätze sind ein schlechter Weg, es droht die Einheitskasse. Wo bleibt der echte Wettbewerb? 96 Prozent aller Kassenleistungen sind identisch. Wann kommen Wahlleistungen? Die Politik sollte den Bürgern mehr zutrauen. Dann könnte der mit dem großen Sicherheitsbedürfnis im Rundum-Sorglos-Paket sich gegen alles versichern - bei einem entsprechend höheren Satz, ein anderer ist unter Umständen bereit, etwas aus der eigenen Tasche zu zahlen bei einem niedrigeren Tarif. Die Anhänger der Akupunktur oder Homöopathie sollten ihre Spezialkassen finden können, der nächste will vielleicht nur Schulmedizin. So wie von der Politik angestrebt, wird nur umverteilt, werden Mittel in Ausgleichpools gegeben, wir stecken mehr Geld in Bürokratie - Geld, das letztlich für die Versorgung von Kranken fehlen wird. Der Mindestbeitragssatz? In meinen Augen das falsche Rezept.

Susanne Imhoff-Hasse

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