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DAZ aktuell
Schädlingsbekämpfung: Biozidfreie Methoden sollten Vorrang haben
Blutsauger wie Flöhe, Läuse, Bettwanzen, Mücken, Zecken, Vogelmilben wollen sich am menschlichen Körper bedienen. Nahrungsmittel werden von Schaben, Motten, Käfern, Ameisen und Fliegen heimgesucht. Kleidermotten, Teppich-, Museums- und Pelzkäfer fressen textile Materialien. Auf dem Balkon und im Garten machen uns Ameisen, Schnecken, Ohrenkneifer, Milben, Raupen, Maden u. a. zu schaffen.
Insgesamt kann man davon ausgehen, dass durch die immer dichteren Fenster, dicken Teppichböden, warmen Wohnungen, die wenig gelüftet werden, der Befall ständig zunimmt. Die meisten Insekten sind nicht problematisch, sondern höchstens lästig (Silberfischchen, Staubläuse, Kellerasseln, Blattläuse, Ohrenkneifer).
Probleme mit stechenden Insekten
Ernste Probleme können bei starkem Befall mit stechenden Insekten entstehen (Flöhe, Milben, Taubenzecken), da es zu massiven Stichen und zur Übertragung von Krankheitserregern kommen kann. Bisweilen werden die Stiche nicht als solche erkannt, weil zerkratzte Hautstellen, allergische Reaktionen, Entzündungen durch Bakterienbefall etc. unspezifisch sind. Gefährlich sind auch die Pharaoameisen, die in Krankenhäusern nosokomiale Keime übertragen können, wenn sie unter Wundverbände kriechen, aber sie sind zum Glück (noch?) selten. Zecken, Flöhe, Mücken können Krankheiten übertragen, Hausstaubmilben und Schaben allergische Reaktionen hervorrufen. In Deutschland wird von Allergologen nicht auf Schabenallergen getestet (nur Hausstaubmilben, Katzenhaare). Auch Schaben können pathogene Erreger übertragen. Ratten sollte man im Haus nicht dulden.
Prophylaxe kann viel vermeiden
Lebensmittel und Speisenreste nicht offen herumstehen lassen, Einschleppung vermeiden, Ritzen und Spalten, Löcher und Schlupfwinkel verschließen. Ist es zu einem Befall gekommen, muss man zunächst den Schädling erkennen und den Befall ermitteln, um dann geeignete Maßnahmen zu ergreifen - eine einzelne Motte, Fliege, Mücke o. ä. kann man einfach und ohne Chemie beseitigen; wo eine Schabe ist, sind aber sicher viele und die sind sehr schwer zu bekämpfen.
Die klassischen Insektizide greifen in elementare Lebensvorgänge ein (Nervenreizleitung). Der Unterschied der Wirkung auf Insekten und Warmblütern ist quantativ, nicht qualitativ, d. h., prinzipiell sind Biozide toxisch. Aus Vorsorgegründen sollte man Kontakte vermeiden (Haut, Atemwege)! Die Diagnostik von schleichenden Biozidvergiftungen ist bisher unzureichend.
Haushaltsinsektizide gelten als sicher
Nach dem derzeitigen Stand der Erkenntnisse werden Haushaltsinsektizide für die Anwender bei Berücksichtigung der Anwendungshinweise als sicher angesehen. Die Anwendung erfolgt meist durch Laien und meist unsachgemäß (mit einem hohen Risiko für eine inhalative Belastung und dermatologischen Exposition, mit häufigem Auftreten gesundheitlicher Beeinträchtigungen). Aus den Anwendungen ergeben sich teilweise erhöhte Rückstände in den Wohnungen, der kontaminierte Hausstaub muss als relevante Expositionsquelle für die Raumnutzer angesehen werden. Hinweise auf Leukämie- und Lymphomrisiken werden zur Zeit in einer großen Studie geprüft.
Außerdem unterliegen Schädlingsbekämpfungsmittel für den nicht-agrarischen Bereich im Gegensatz zu Pflanzenschutzmitteln derzeit noch keinerlei Zulassungspflicht oder Registrierung. Sie werden keinen behördlichen Prüfverfahren unterzogen. Alle Produkte und Wirkstoffe mit biozider Wirkung, die nicht zum Pflanzenschutz eingesetzt werden, unterlagen also bisher weder einer Zulassung noch greifenden Anwendungsbestimmungen. Gegenwärtig ist noch nicht mit einer Biozid-Verordnung zu rechnen. Auf die Umsetzung eines Entwurfes von 1995 wurde nach mehreren Anhörungen 1999 verzichtet. Im Zuge weiterer Aktivitäten sollten Verbraucherverbände einbezogen werden.
Schädlingsbekämpfung im Garten
Ein weiteres Gebiet der Schädlingsbekämpfung sind Zimmer- und Gartenpflanzen. Auch hier sollte man nicht sofort mit der Sprayflasche nach der einzelnen Blattlaus zielen oder ein falsches Grashälmchen mit Gift begießen. Wenn man sich doch für die Schädlingsbekämpfung entscheidet, sollte Kontakt mit dem Mittel vermieden werden. Im Handel gibt es ein - leider nicht immer beachtetes - Selbstbedienungsverbot in Verbindung mit der Beratungspflicht. Die Sachkunde der Verkäufer wird von den Pflanzenschutzbehörden der Bundesländer geprüft. Die Pflanzenschutzämter beraten ebenfalls.
Inzwischen gibt es auch gute Alternativen zu den stark giftigen Produkten - für Zimmerpflanzen z. B. Stäbchen oder Zäpfchen, die in die Erde gesteckt werden können bzw. Pflaster, die an den Stamm geklebt werden. Nützlinge vertilgen im Garten die Eier oder Raupen der Schädlinge oder benutzen sie als Wirtsorganismen. Schnecken können mit Ködern in Verbindung mit Wirkstoff bekämpft werden. Raupenleimringe, Pheromonfallen und Gelbtafeln sind ebenfalls unschädliche Alternativen.
Prinzip der Vorsorge
Trotz der Anwendung von Schädlingsbekämpfungsmitteln durch breite Kreise der Bevölkerung ist glücklicherweise keine große Anzahl von Schäden bekannt geworden. Trotzdem sollte sich die gesetzliche Regulierung der Anwendung von Bioziden, insbesondere in Wohn- und Arbeitsräumen, generell am Prinzip der Vorsorge und nicht der Gefahrenabwehr orientieren. Nach Abwägung von Risiko und Nutzen ist die beste Vorsorge die Nicht-Anwendung von Bioziden in derartigen Räumen. Der Vorbeugung bzw. der Anwendung biozidfreier Methoden sollte der Vorrang gegeben werden. Wenn eine Anwendung von Haushaltsinsektiziden dann nach sorgfältiger Abwägung doch für nötig gehalten wird, sollte man immer noch berücksichtigen, dass Kinder und sensible Personen empfindlicher sind als die Normalbevölkerung. In vielen Fällen sollte man wirklich fachkundige professionelle Hilfe in Anspruch nehmen.
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