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Ärztetag: Für Weitergabe unverbrauchter Medikamente
Diese Entscheidung stützt die bisher bekannt gewordenen Einzelaktionen beispielsweise des westfälischen Landarztes Dr. Bertel Berendes, der solches bereits öffentlichkeitswirksam versuchte, was allerdings nicht mit dem Arzneimittelgesetz in Einklang steht (die DAZ berichtete).
An den Gesetzgeber erging die Aufforderung, die notwendigen Bestimmungen zu erlassen, "die diese wirtschaftliche und an den Patientenbedürfnissen orientierte Arzneimittelverabreichung ermöglichen", so die Entschließung des Ärztetags. Bei der kostenfreien Abgabe von Medikamenten durch Mediziner an andere Patienten müsse die Arznei- mittelsicherheit oberstes Gebot bleiben, heißt es dort weiter. Die Ärzte schlugen daher die Weitergabe unter folgenden Kriterien vor:
- Die Blisterverpackungen, Ampullen und Teststreifen zur Selbstkontrolle müssen sachgerecht gelagert und unbeschädigt sein;
- Tropfen, Zäpfchen, Salben und Säfte dürfen nicht weitergegeben werden;
- das Verfalldatum darf nicht überschritten sein;
- oder Arzt muss Hinweise geben zur Verordnung, zur Dosierung und zu Arzneimittelrisiken;
- oder Beipackzettel muss mitgegeben werden.
Ausnahmen hiervon sollten in Notfällen oder im Notdienst gelten können. Wer und wo Blisterpackungen und Co. lagert, steht nicht in der Entschließung. Die Ärzte begründen ihren Vorstoß mit den begrenzten Mitteln im Gesundheitssystem. Aus diesem Grund sei es "nicht länger hinnehmbar, dass pharmakologisch einwandfreie und voll wirksame Medikamente vernichtet werden müssen, obwohl sie von den Patienten, die diese Medikamente zuerst verschrieben bekommen haben, nicht mehr benötigt werden".
Der Ärztetag fasste noch eine ähnliche, fast gleichlautende Entschließung dazu. In deren Begründung wird ausgeführt, jedes Jahr würden Medikamente im Wert von mehreren Millionen Mark aus den verschiedensten Gründen nicht benötigt und vernichtet.
Neuanfang nötig
Darüber hinaus forderten die Delegierten des Deutschen Ärztetags geänderte Rahmenbedingungen für das deutsche Gesundheitswesen. Die Arbeitsbedingungen für die Fachberufe im Gesundheitssektor und für Ärzte seien inakzeptabel geworden. Die Versuche aus gesetzlichen Krankenkassen wirtschaftlich konkurrierende Unternehmen zu machen, führten in die Irre, heißt es im Beschluss. Die Ärzte kritisierten scharf die zu knapp bemessenen und nicht am medizinischen Bedarf ausgerichteten sektoralen Budgets. Diese verhinderten eine patientengerechte Versorgung. Budgets zwängen niedergelassene Ärzte zum Beispiel, in vielen Fällen auf innovative und bessere Arzneimittel für ihre Patienten zu verzichten.
Das Gesundheitswesen müsse jetzt für die Herausforderungen der Zukunft fit gemacht werden. Die Veränderungen in der Gesellschaft machten Veränderungen bei den Ausgaben und Einnahmen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) notwendig. Besonders die veränderte Demografie, die stark gestiegene Leistungsfähigkeit der Medizin, der sinkende Anteil des Lohneinkommens am Gesamteinkommen der Gesellschaft und damit das Hinterherhinken der Kassenbeiträge hinter der Leistungsfähigkeit der Versicherten aber auch das gesteigerte Anspruchsdenken der Patienten wurden in diesem Zusammenhang genannt.
Versicherungsfremdes raus
Versicherungsfremde Leistungen beispielsweise sollten über Steuern finanziert werden, wenn sie gesellschaftlichen Zielen dienten. Da die Anbindung der Kassenbeiträge an die Lohneinkommen ungerecht sei, müssten andere Einkommensarten dringend herangezogen werden. Dahinter verbergen sich zum Beispiel Einnahmen aus Vermietung oder Verpachtung oder Zinsen aus Wertpapiergeschäften. Wie weit der Versicherungsschutz der GKV generell gehen solle, müsse vom Gesetzgeber neu definiert werden. Die Versicherten sollten mitbestimmen, wie weit die Kassenleistungen das medizinisch Notwendige übersteigen können, propagieren die Mediziner. Solidarität bedeute, einen Beitrag nach Leistungsfähigkeit zu entrichten und die Gemeinschaft nur nach Bedarf zu belasten.
Der von der Bundesgesundheitsministerin einberufene "Runde Tisch" wurde erneut begrüßt. Er gebe Anlass zur Hoffnung auf einen Neubeginn, an dem die Ärzte mitwirken wollten.
Ärzte sollten generell unverbrauchte Arzneimittel an andere Patienten abgeben dürfen. Dass nicht benötigte, aber einwandfreie Medikamente vernichtet würden, sei "nicht länger hinnehmbar". Diesen Beschluss haben die Delegierten auf dem diesjährigen Deutschen Ärztetag gefasst, der am 25. Mai in Ludwigshafen zu Ende ging.
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