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Arzneimittel und Therapie
Migränetherapie: Eletriptan – ein neuer Serotonin-Rezeptoragonist
Die Pathogenese der Migräne ist bis heute noch nicht in allen Einzelheiten geklärt. Als gesichert gilt, dass durch Triggerfaktoren bestimmte Hirnstammneurone aktiviert und pathophysiologische Reaktionen ausgelöst werden.
Der eigentliche Kopfschmerz beruht auf einer erhöhten Aktivität von Trigeminusneuronen aufgrund einer Vasodilatation, die durch Entzündungsmediatoren, vasoaktives intestinales Polypeptid (VIP), Substanz P und weitere Neuropeptide verursacht wird. Mit zunehmendem Einblick in die Pathogenese wurde auch die Bedeutung von Serotonin bei der Migräne erkannt: Eine Instabilität der Neuronen im hinteren Hirnstamm führt zu einem Ungleichgewicht von Serotonin.
Auf der glatten Muskulatur der intrakranialen extrazerebralen Gefäße werden Serotonin-Rezeptoren exprimiert. Bei Stimulation dieser Rezeptoren z. B. durch Triptane werden die im Migräneanfall dilatierten Gefäße kontrahiert; ferner wird die Freisetzung von Neuropeptiden aus aktivierten Trigeminus-Nervenendigungen gehemmt.
Triptane - eine Innovation in der Migränetherapie
Die Einführung von Sumatriptan war ein großer Fortschritt in der Migränetherapie. Triptane sind Serotonin(5-HT)-Rezeptoragonisten. Man kennt sieben verschiedene 5-HT-Rezeptor-Subtypen (5-HT1 bis 5-HT7), welche die physiologischen Effekte des Neurotransmitters vermitteln. Eine weitere Unterteilung der 5-HT1-Rezeptoren wird aufgrund ihrer Bindungsstelle vorgenommen. 5-HT1B-und 5-HT1D-Rezeptoren vermitteln eine selektive Vasokonstriktion der Blutgefäße im Gehirn. Die therapeutisch eingesetzten Triptane sind selektive 5-HT-1B/1D-Rezeptoragonisten, die die entzündungsbedingt weitgestellten Gefäße in der Hirnhaut verengen und so den Migräneanfall durchbrechen.
Der Prototyp der Triptane ist Sumatriptan. Um einige Eigenschaften von Sumatriptan wie seine geringe orale Bioverfügbarkeit, die kurze Halbwertszeit, die geringe Lipophilie (und dadurch relativ schlechte ZNS-Gängigkeit) sowie unerwünschte Wirkungen wie Brustsymptome zu verbessern bzw. zu beheben, wurden weitere Triptane entwickelt. Eine dieser Neuentwicklungen ist Eletriptan (Relpax von Pfizer; in Deutschland noch nicht im Handel).
Eletriptan ist das lipophilste Triptan
Eletriptan ist ein potenter und selektiver 5-HT1B/1D-Rezeptoragonist mit einer im Vergleich zu Sumatriptan vier- bis achtfach erhöhten Rezeptoraffinität. Dank seiner hohen Lipophilie wird es schnell absorbiert und verfügt über eine gute ZNS-Gängigkeit. Nach oraler Applikation wird Eletriptan rasch aufgenommen; die Anflutungszeit Tmax beträgt eine Stunde. Eletriptan weist eine lineare Pharmakokinetik auf und verfügt über eine relativ lange Halbwertszeit (dosisabhängig zwischen vier und fünf Stunden). Der Abbau der Substanz erfolgt über das Cytochrom-P450-System. Die Elimination ist überwiegend renal. Die Eliminationshalbwertszeit ist bei älteren Personen sowie bei Nieren- und Leberfunktionsstörungen verlängert. Eletriptan ist nur oral verfügbar und wird üblicherweise in einer Dosierung von 40 oder 80 mg gegeben.
Klinische Studien
In den vergangenen Jahren wurde Eletriptan an mehreren tausend Patienten geprüft. Nachdem sich seine Wirksamkeit und Sicherheit gezeigt hatte, folgten zahlreiche Studien, in denen Eletriptan (meist 20, 40, 80 mg) mit Sumatriptan (50 oder 100 mg) verglichen wurde. Diese randomisierten, meist doppelblinden und plazebokontrollierten Studien hatten folgende Schwerpunkte:
- Wirksamkeit von Eletriptan bei der Migräne
- Einfluss von Eletriptan auf die Krankheitsdauer (d. h. Zeitverlust aufgrund der Migräne)
- Vergleich von Sumatriptan und Eletriptan bei moderater bis schwerer Migräne
- Akzeptanz von Sumatriptan und Eletriptan durch den Migränepatienten
- Vergleich von Sumatriptan und Eletriptan bei menstruationsbedingter Migräne
In allen diesen Studien zeigte sich die effektive Wirksamkeit von Eletriptan und seine Überlegenheit gegenüber der Standardsubstanz Sumatriptan. Insbesondere setzt nach oraler Gabe von Eletriptan die Wirkung sehr rasch ein mit einer Responderrate von 65 bis 80% (bei 80 mg); für Sumatriptan (100 mg) beträgt die Responderrate 54 bis 55%. Dank Eletriptan kann auch die krankheitsbedingte Ausfallzeit deutlich verkürzt werden. Diese migräne-bedingte Ausfallzeit beträgt bei einer Plazebotherapie acht Stunden, nach Sumatriptangabe fünf Stunden und nach Einnahme von Eletriptan vier Stunden.
Gute Verträglichkeit
In einer Meta-Analyse von sieben randomisierten, doppelblinden und plazebokontrollierten Studien wurden die unerwünschten Wirkungen von Eletriptan in Abhängigkeit von der Dosierung ermittelt. Bei der 20-mg-Dosierung betrug die Häufigkeit unerwünschter Wirkungen 32%, unter einer Plazebotherapie 31%. Die Inzidenz der Nebenwirkungen stieg mit erhöhter Dosis an (bei 40 mg 42%, bei 80 mg 50%, bei 160 mg 49%). Am häufigsten trat eine Asthenie auf (4% bzw. bei höheren Dosierungen 5, 10, 11% vs. 3% Plazebo). Ferner berichteten die Patienten über Übelkeit, Schläfrigkeit und Verwirrtheit. Diese unerwünschten Nebenwirkungen wurden allerdings als mild bis moderat eingestuft. Bei zehn Patienten wurde nach Eletriptaneinnahme eine Herzkatheteruntersuchung durchgeführt; dabei konnte keine signifikante koronare Konstriktion festgestellt werden.
Literatur Cole, P., et al.: Migraine headache treatment with eletriptan, a second-generation serotonin receptor agonist. Drugs of Today 37, 159 - 171 (2001).
Mit der Entwicklung der Triptane konnte eine wesentliche Verbesserung in der Migränetherapie geschaffen werden. Seit der Einführung von Sumatriptan (Imigran) wurden weitere Triptane entwickelt, um eine bessere Verträglichkeit und Ansprechbarkeit zu erzielen. Eine dieser Neuentwicklungen ist Eletriptan, das über eine bessere Bioverfügbarkeit, eine höhere Responderrate und ein günstigeres Nebenwirkungsprofil als Sumatriptan verfügt.
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