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Arzneimittel und Therapie
Hormonersatztherapie: Aktiver Schutz mit wenig Hormon
Die sequenzielle Hormonersatztherapie gilt bei vielen Ärzten immer noch als Standard bei der Behandlung klimakterischer Beschwerden und zur Osteoporoseprophylaxe. Über 50 Prozent der behandelten Frauen bekommen diese Art der Hormonersatztherapie verordnet. Doch offenbar ist die sequenzielle Hormonersatztherapie bei den Frauen nicht sehr beliebt. Nur weniger als zehn Prozent der postmenopausalen Frauen haben keine Einwände gegen die Blutungen, die mit einer sequenziellen Hormonersatztherapie einhergehen. Mit zunehmendem Lebensalter nimmt die Akzeptanz noch weiter ab. Viele Verwenderinnen brechen die Therapie wegen unerwünschter Blutungen ab und bringen sich so um den Langzeitnutzen einer Hormonersatztherapie.
Alternative: blutungsfreie kontinuierlich kombinierte Therapie
Für viele dieser Patientinnen wäre eine blutungsfreie kontinuierlich kombinierte Hormonersatztherapie eine gute Alternative. Doch auch bei den blutungsfreien Hormonersatztherapien gibt es Unterschiede bezüglich der Wirksamkeit und Verträglichkeit. Wichtig ist zum Beispiel die Zusammensetzung. Denn wie Dr. David F. Archer von der Eastern Virginia Medical School in Norfolk (USA) berichtete, gibt es große Unterschiede zwischen den verschiedenen Östrogenen und Gestagenen, die derzeit zum Einsatz kommen.
Bewährt hat sich die Kombination des natürlicherweise vorkommenden 17ß-Estradiol (E2) mit Norethisteronacetat. Was die Besserung klimakterischer Beschwerden angeht, so wirkt Norethisteronacetat synergistisch zum E2. Wie Professor Morris Notelovitz von der University Florida (USA) berichtete, verbessert die Zugabe von Norethisteronacetat signifikant das frühe Ansprechen auf die Therapie: Während es unter E2 alleine bei 44 Prozent der Frauen nach vier Wochen Behandlung zu einer Besserung von Hitzewallungen kommt, sind es unter der kontinuierlich kombinierten Gabe von E2 und Norethisteronacetat immerhin 74 Prozent, die auf die Therapie ansprechen.
Niedrige Dosierung ist möglich
Eine weitere wichtige Rolle für die Verträglichkeit und Wirksamkeit spielt die Dosierung. So kann die Kombination von E2 und Norethisteronacetat aufgrund der Synergie der beiden Inhaltsstoffe besonders niedrig gehalten werden, ohne dabei hinsichtlich der Symptombesserung und Osteoporoseprophylaxe an Wirksamkeit zu verlieren. Wie Dr. Claus Christiansen vom Center for Clinical and Basic Research in Dänemark berichtete, konnte in Studien gezeigt werden, dass eine Dosierung von 1,0 mg E2 plus 0,5 mg Norethisteronacetat ausreichend war, um den Knochenturnover zu normalisieren und einem Knochenverlust vorzubeugen.
Gleichzeitig kam es unter dieser Dosierung nur zu geringen Nebenwirkungen. In einer Vergleichsstudie mit 1,0 mg E2 erwies sich die 0,5 mg-Dosierung als diejenige mit der geringsten Häufigkeit an Blutungen. Etwa 98 Prozent der Verwenderinnen waren bereits nach zwölf Monaten Therapie blutungsfrei. Auch andere Nebenwirkungen, wie Brustspannen, traten unter dieser Dosierung nur selten auf.
Blutungen sind nicht nötig
Obwohl bei vielen Ärzten offenbar immer noch die Meinung vorherrscht, dass Blutungen nötig seien, um das Endometrium vor einer Hyperplasie und damit einer Karzinomentwicklung zu schützen, scheint das Gegenteil der Fall zu sein. Laut Professor Archer konnte in Studien gezeigt werden, dass unter einer langfristigen sequenziellen Hormonersatztherapie das Risiko eines Endometriumkarzinoms sogar steigt, wenn das Gestagen kürzer als zehn Tage pro Monat eingenommen wird. Eine kontinuierlich kombinierte Hormonersatztherapie hingegen verändert das Risiko kaum. Eine schwedische Studie konnte sogar zeigen, dass es unter einer kontinuierlich kombinierten Hormonersatztherapie gegenüber dem von unbehandelten Patientinnen sinkt. Was die Aktivität am Endometrium angeht, so scheint Norethisteronacetat ein besonders geeignetes Gestagen zu sein. Denn laut Professor Archer hat es eine zehnfach höhere endometrium-protektive Potenz als Medroxyprogesteronacetat.
Einfluss auf kardiovaskuläres Risiko
Unklarheiten gibt es derzeit über den Einfluss einer Hormonersatztherapie auf das kardiovaskuläre Risiko. Während der Nutzen einer primären Prävention unbestritten bleibt, kamen in jüngster Zeit Zweifel daran auf, ob der Einsatz einer Hormonersatztherapie sinnvoll ist, wenn bereits ein kardiovaskuläres Ereignis eingetreten ist. Die American Heart Association (AHA) hat jedenfalls die Empfehlungen herausgegeben, eine Hormonersatztherapie nicht zum alleinigen Zweck einer sekundären KHK-Prävention einzusetzen.
Wie Professor Peter Collins vom National Heart and Lung Institute in London berichtet, basieren die amerikanischen Empfehlungen vor allem auf der so genannten HERS-Studie. In dieser Studie wurden konjugierte equine Östrogene in Kombination mit Medroxyprogesteronacetat bei relativ alten postmenopausalen Frauen mit manifester KHK zur Sekundärprophylaxe eingesetzt. Besonders die vaskuläre Aktivität des Medroxyprogesteronacetats, das in der HERS-Studie verwendet wurde, ist jedoch fragwürdig. Experimentelle Untersuchungen weisen darauf hin, dass dieses Gestagen die protektive Wirkung des Östrogens schmälert. Das scheint jedoch kein Klasseneffekt aller Gestagene zu sein. Norethisteronacetat zum Beispiel hat ein gutes kardiovaskuläres Profil.
Skandinavische Untersuchungen bestätigen eine Verbesserung der Endothelfunktion und eine Hemmung der Atherombildung. Professor Collins meint daher, dass es zu früh sei, definitive Schlüsse über die kardioprotektiven Eigenschaften einer Hormonersatztherapie zu ziehen und warnt davor, alle Hormonersatztherpie-Präparate über einen Kamm zu scheren. Vielmehr werden laufende Studien wie etwa die so genannte WHISP-Studie mit 1,0 mg E2 und 0,5 mg Norethisteronacetet Aufschluss über die wahren kardioprotektiven Eigenschaften verschiedener Hormonersatztherapie-Präparate geben müssen.
Doch auch wenn sich herausstellen sollte, dass sich eine Hormonersatztherapie nicht zur Sekundärprävention einer KHK eignet, so bleibt der Nutzen zur Primärprävention unbestritten. Zusammen mit der gesicherten Besserung von Wechseljahresbeschwerden und der ausgezeichneten Osteoporoseprophylaxe ist die Entscheidung zum Einsatz einer Hormonersatztherapie eine Option, die allen postmenopausalen Frauen angeboten werden sollte.
Einer der Hauptgründe für das Absetzen einer Hormonersatztherapie sind unerwünschte Blutungen. Deshalb sollte so früh wie möglich mit einer blutungsfreien kontinuierlich kombinierten Hormonersatztherapie begonnen werden. Auf einer Pressekonferenz von Novo Nordisk, die am Rande des 3. Amsterdam Menopause Symposiums stattfand, diskutierten Experten die Vorzüge einer niedrig dosierten, kontinuierlich kombinierten Hormonersatztherapie.
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