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Arzneimittel und Therapie
Leukämie: Hohe Remissionsraten mit Arsentrioxid
Die auf dieser Konferenz präsentierten Arsentrioxid-Daten sind die kombinierten Ergebnisse zweier klinischer Studien, an denen 52 Patienten mit einem Durchschnittsalter von 39 Jahren teilnahmen. Die Studien umfassten eine Pilotstudie mit 12 Patienten mit rezidivierter APL, die am Memorial Sloan-Kettering Cancer Center durchgeführt wurde, und eine multizentrische Pivotal-Studie mit 40 Patienten, die an neun klinischen Zentren in den Vereinigten Staaten durchgeführt wurde. Die Ergebnisse der größeren Studie wurden kürzlich im Journal of Clinical Oncology (Vol. 9, Nr. 18, 15. September 2001) veröffentlicht und auf der Konferenz auf den neuesten Stand gebracht.
Hohe Remissionsrate
Die Patienten erhielten täglich ein- bis zweistündige Arsentrioxid-Infusionen bis zum Zeitpunkt der Komplettremission (CR) des Knochenmarks. Patienten, die eine Komplettremission zeigten, wurde eine Konsolidierungsbehandlung mit Arsentrioxid verabreicht, die 3 bis 4 Wochen später begonnen wurde. Patienten, bei denen eine andauernde Komplettremission beobachtet wurde, wurden zum Erhalt zusätzlicher Arsentrioxid-Zyklen in einer Nachsorgestudie gewählt. Einige Patienten erhielten Knochenmark-Transplantate.
Von dieser Patientengruppe erzielten 45 Patienten eine Komplettremission bei einer Overall-Response-Rate von 87% und einer rezidivfreien 2-Jahres-Überlebensrate von 49%. Die Toxizitäten hielten sich in begrenzten Ausmaß, und es wurden keine Todesfälle im Verlauf der Studie im Zusammenhang mit diesem Wirkstoff verzeichnet.
Arsentrioxid - Wirkungsmechanismus
Die neuesten Untersuchungsergebnisse legen eine doppelte Wirkungsweise für Arsentrioxid nahe. Einerseits erzielt es seine Wirkung durch Zerstörung eines Proteins, das abnormale Werte für unreife Leukozyten verursacht, und andererseits fördert es gleichzeitig den natürlichen Zelltodprozess.
Es wird vermutet, dass ein abnormes Gen das anormale Protein erzeugt, wodurch die Zellreifung verhindert wird. Wenn Arsentrioxid verabreicht wird, zerstört es dieses Protein und ermöglicht die Zellreifung und den natürlichen Zelltod. Der Zelltod wird durch die spezifische Wirkung von Arsentrioxid im letzten, zum Zelltod führenden Weg erzielt.
Arsentrioxid als selektives Antikrebsmittel
Die potenzielle therapeutische Rolle von Arsentrioxid in einem breiten Krebsspektrum, seine Wirkungsweise und seine Rolle im Behandlungsparadigma für APL waren auch die Themen eines Satelliten-Symposiums, das im Rahmen des Kongresses stattfand. Hintergrundinformationen und vorläufige Daten, die sich auf klinische Studien zu Arsentrioxid beziehen, wurden auf der Konferenz dargestellt, um die potenzielle Rolle dieses selektiven Wirkstoffes in einem breiten Krebsspektrum aufzuzeigen, darunter multiples Myelom, myelodysplastische Syndrome, chronische myelogene Leukämie, Lymphom, Gebärmutterkrebs, Prostatakrebs, Nierenzellkarzinom sowie andere Leukämiearten.
"Zukünftige Studien werden untersuchen, ob diese Therapie erfolgreich in der Behandlung hämatologischer Malignitäten eingesetzt werden kann. Aufgrund bereits erbrachter klinischer Nachweise kann Arsentrioxid als wirksame Therapie zur Verlängerung einer APL-Remission gezeigt werden. Es wurde sogar nachgewiesen, dass Arsentrioxid als Alleinmittel einen Zustand der molekularen Remission bei diesen Patienten herbeiführen kann. Eine molekulare Remission entspricht dem Absinken des APL-spezifischen Tumormarkers im Blut und Knochenmark des Patienten unterhalb der PCR-Sensitivität. Es handelt sich hier um ein fortgeschrittenes Therapieziel, das mit positiveren Patientenergebnissen korreliert", erläuterte Dr. Francesco Lo Coco, Abteilung Zellbiotechnologien und Hämatologie an der Universität von La Sapienza in Rom.
Kastentext: Akute Promyelozyten-Leukämie (APL)
APL, einer der acht Untertypen der akuten myeloischen Leukämie (AML), ist eine maligne Erkrankung der weißen Blutkörperchen, die Patienten jeden Alters befallen kann. APL ist durch Vorliegen einer spezifischen krankhaften Veränderung der Chromosomen gekennzeichnet, einer chromosomalen Translokation von genetischem Material von Chromosom 17 an Chromosom 15. Diese genetische Veränderung ergibt ein abnormes Protein, das das normale Zellwachstum verhindert und die Reifung von Leukozyten-Vorläuferzellen im Knochenmark unterdrückt, wodurch im Endergebnis Krebs verursacht wird. APL ist klinisch mit einer Störung der Blutgerinnung verbunden und seit mehr als 35 Jahren als klar umrissene klinische Entität anerkannt.
Kastentext: Aktuelle APL-Therapien
Die Standardbehandlung für neu diagnostizierte APL ist eine Kombination aus Chemotherapie und ATRA ("all-trans-retinoic acid"; All-trans-Retinsäure), mit der bei 70% bis 90% der neu diagnostizierten Patienten eine Komplettremission erzielt werden kann. Jedoch erleiden ca. 20% bis 30% der so behandelten Patienten einen Rückfall. Begrenzte Studien legen eine geringe Response bei rezidivierter APL nahe, wenn die Patienten einer erneuten Behandlung mit ATRA und Chemotherapie unterzogen werden. Diese geringe Response auf die medikamentöse Behandlung hat zum Einsatz der allogenen Stammzelltransplantation (Übertragung gesunder, junger Zellen aus dem Knochenmark oder der Blutbahn eines Spenders auf einen Krebspatienten) geführt, um die Überlebensrate zu steigern. Arsentrioxid stellt eine weitere Behandlungsoption für diese Patientengruppe dar.
Kastentext: Arsentrioxid-Produkte
Trisenox (Arsentrioxid) wurde am 25. September 2000 von der FDA (US-Bundesbehörde zur Lebens- und Arzneimittelüberwachung) zur Induktion von Remission und Konsolidierung bei Patienten mit rezidivierter und refraktärer APL nach einer Retinoid- und Anthracyclin-Chemotherapie und bei Patienten, deren APL durch die Präsenz der t(15; 17)-Translokation oder PML/RAR-Alpha-Genexpression gekennzeichnet ist, zugelassen. Cell Therapeutics, Inc., ein in Seattle ansässiges Biopharma-Unternehmen und Hersteller dieses Produktes, hat die Zulassung von Trisenox in Europa beantragt. Am 25. Oktober 2000 wurde dem Medikament der Status "Orphan Medicinal Product" (Arzneimittel für seltene Krankeiten) in Europa erteilt. Der Antrag für das Inverkehrbringen wird gegenwärtig geprüft.
Bei der Behandlung rezidivierter oder refraktärer akuter Promyelozyten-Leukämie, einer schweren und lebensbedrohenden Form von Blutkrebs, zeigt intravenös verabreichtes Arsentrioxid nach 24 Monaten eine 63-Prozent-Gesamtüberlebensrate. Untersuchungen zum Wirkungsmechanismus und zur potenziellen therapeutischen Rolle von Arsentrioxid wurden auf dem Joint International Congress on APL and Differentiation Therapy präsentiert.
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