Feuilleton

Zur Erinnerung: 200. Geburtstag von Ludwig Bechstein

Da sich in diesem Jahr der Geburtstag Ludwig Bechsteins zum 200. Mal jährt, soll dies ein Anlass sein, an einen vielseitigen und äußerst produktiven Mann zu erinnern, dessen beruflicher Ausgangspunkt die Apotheke war [1].

Geboren wurde Ludwig Bechstein am 24. November 1801 in Weimar als uneheliches Kind der Johanna Carolina Dorothea Bechstein und des französischen Emigranten Louis Hubert Dupontreau. Die Mutter gab das Kind in Pflege, wo es die ersten Jahre in ärmlichen Verhältnissen verbrachte. Eine Wende zum Wohle des Jungen ergab sich, als ihn im Oktober 1810 sein Onkel, der Forstwissenschaftler und Naturforscher Johann Matthäus Bechstein, nach dem Tod des eigenen Sohnes zu sich nach Dreißigacker bei Meiningen holte, wo er Direktor der von ihm gegründeten Forstakademie war.

Der schlechte Schüler wird Apotheker

Ludwig Bechstein besuchte ab November 1810 das Meininger Lyceum. Leider enttäuschte er vorerst die in ihn gesetzten Erwartungen. Jugendlich unbekümmert zog er Streifzüge durch die Natur dem strengen Lernen vor, und den Arrest in der Gesindestube nutzte er für die verbotene Lektüre von Räuber- und Ritterromanen. Wegen schlechter Leistungen musste er die Schulzeit vorzeitig beenden und einen Beruf erlernen; so begann er 1818 in Arnstadt eine Apothekerlehre.

Der Dichter darf studieren

Bechstein merkte bald, dass die Pharmazie nicht seinen Vorstellungen entsprach, zumal dem Lehrling meistens die niedrigen Arbeiten zugeteilt wurden. Dafür bahnte sich schnell sein dichterisches Talent den Weg. Ein Bändchen mit Thüringer Volksmärchen erschien 1823. Inzwischen arbeitete er, nachdem er seine Lehre 1822 abgeschlossen hatte, als Gehilfe in Arnstadt, später dann in Meiningen und Bad Salzungen.

Seine 1828 erschienenen "Sonettenkränze" erregten das Interesse des Herzogs Bernhard Erich Freud von Sachsen-Meiningen. Dieser gewährte Ludwig Bechstein ein Stipendium für ein dreijähriges Studium. Bechstein wählte Philosophie, Geschichte und Literatur ab 1829 in Leipzig und später in München; dort widmete er sich auch Kunststudien.

Beruf: Bibliothekar und Archivar

lm Herbst 1831 kehrte Ludwig Bechstein nach Meiningen zurück und trat als Kabinettsbibliothekar und zweiter Bibliothekar der Herzoglich öffentlichen Bibliothek in die Dienste seines Landesherrn. Zwei Jahre später wurde er erster Bibliothekar. Im Jahre 1832 fand auf seine Initiative hin die Gründung des Hennebergisch altertumsforschenden Vereins statt, dessen Direktor er bis ein Jahr vor seinem Tode blieb. Es folgten 1840 die Ernennung zum Hofrat und 1848 die Bestallung zum Archivar des Hennebergischen Gesamtarchivs.

Hobby: Märchenerzähler, Schriftsteller, Sammler

Trotz seiner umfangreichen beruflichen Verpflichtungen machte sich Ludwig Bechstein als Dichter, Forscher und Sammler einen Namen. Bekannt ist er heute noch als Märchenerzähler, obwohl sich sein schriftstellerisches Werk keineswegs hierauf beschränkte. Das "Deutsche Märchenbuch" von 1845 erreichte bereits 1853 die zwölfte Auflage, die mit Illustrationen von Ludwig Richter erschien. Gedichte, Sagen, Novellen, historische Romane, Reisebeschreibungen, Biographien und Beiträge zu Mineralogie, Zoologie, Kunst, Ethnographie und Topographie verdeutlichen seine Vielseitigkeit [2].

Seine umfangreichen Privatsammlungen von Raritäten, Kunst- und Kulturgegenständen, die im Laufe der Zeit sein Haus füllten [3], trugen mit zu seinen fortwährenden finanziellen Problemen bei. Nach Bechsteins Tod kamen die Sammlungen zum Verkauf [4].

Ludwig Bechstein starb am 14. Mai 1860 in Meiningen. Aus zwei Ehen überlebten vier Kinder, unter ihnen der spätere Professor der Germanistik in Rostock Reinhold Bechstein.

Anmerkungen und Literatur [1] Bens, Rainer: Einige "Aussteiger aus der Pharmazie". Stuttgart 1989 (= Quellen und Studien zur Geschichte der Pharmazie, Bd. 53). [2] Goedeke, Karl: Grundrisz zur Geschichte der Deutschen Dichtung, Bd. 13. 2., neu bearb. Aufl. Dresden 1938, S. 163 - 179. [3] Schorn, Adelheid von: Ludwig Bechstein zu seinem 100jährigen Geburtstag, 24. Nov. 1901. In: Frankfurter Zeitung Nr. 324 (1901). [4] Schneider, Axel: Ludwig Bechstein als Sammler. In: Jahrbuch 2001 des Hennebergisch-Fränkischen Geschichtsvereins Bd. 16,2 (= Südthüringer Forschungen 31,2 Festschrift Ludwig Bechstein). Meiningen/Kloster Veßra/Münnerstadt 2001, S. 61f.

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