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Feuilleton
Briefmarken: Von Laser bis Penicillin
Der Hintergrund des 18,5 cm im Quadrat messenden Blocks zeigt fünf weitere Abbildungen, die ebenfalls für den wissenschaftlichen Fortschritt der letzten hundert Jahre stehen: den Physiker Albert Einstein, die europäische Weltraumrakete Ariane, eine Computermaus, das Kernspinresonanz-Tomogramm eines menschlichen Kopfes und schließlich Kinder bei einer Pockenschutzimpfung. Zudem stehen kurze Texte neben oder über den Briefmarken, die jeweils das auf den Briefmarken dargestellte Thema erläutern.
Neue Grundlagen in Physik und Biologie
Beginnen wir oben links mit Albert Einstein (1879 – 1955): Er steht in diesem Zusammenhang für die Grundlagenforschung der theoretischen Physik, die verschiedene revolutionäre Entwicklungen auf technischem Gebiet erst möglich gemacht hat. Zwischen ihm und der Weltraumrakete Ariane ist die Briefmarke mit dem russischen Kosmonauten Juri Gagarin (1934 – 1968) platziert, der am 12. April 1961 als erster Mensch in einer Weltraumkapsel die Erde umrundete.
Die Briefmarke mit dem Kürzel ADN (franz. "acide dséoxyribonucléique") erinnert an die Entdeckung der Doppelhelix-Struktur der DNA durch die Briten James Watson (*1928) und Francis Crick (*1916) im Jahr 1953. Auch dabei handelte es sich um eine Grundlagenforschung, mit deren Anwendungsmöglichkeiten wir uns erst seit einigen Jahren ziemlich plötzlich konfrontiert sehen.
Laser und Chip
Schräg darunter zeigt die nächste Briefmarke die Augenoperation mithilfe eines Lasers. Die Laser-Technik (Light Amplification by Stimulated Emission of Radiation – zu deutsch: Lichtverstärkung durch stimulierte Emission von Strahlung) wurde 1960 von dem Amerikaner Theodore Harold Maiman (*1927) erfunden. Ihre vielfältigen Anwendungsgebiete erstrecken sich auch auf die Industrie und die Fernmeldetechnik, doch mag für diese Briefmarke die chirurgische Anwendung am Auge einer schönen Frau aus Gründen der Attraktivität gewählt worden sein. Das Kernspinresonanz-Tomogramm eines menschlichen Kopfes neben der Briefmarke gibt ein weiteres Beispiel für die Anwendung modernster Techniken in der Medizin, diesmal im Bereich der Diagnostik.
Die Chipkarte wurde 1974 von dem Franzosen Roland Moreno (*1945) erfunden. Auch in der praktischen Verwertung dieser Erfindung übernahm Frankreich eine Vorreiterrolle: So führte France Télécom schon 1983 die "télécart" zum bargeldlosen Telefonieren ein. Der in die Plastikkarte eingebaute Chip heißt auf Französisch "puce" (Floh) und die Chipkarte deshalb "la carte à puce". Da wir schon bei Tieren sind: Die "Maus" oberhalb der Briefmarke spielt auf die Programmierung des Chips und im weiteren Sinne auf die moderne Informationstechnologie an.
Sieg über die Infektionskrankheiten
Unten rechts im Block angelangt, kehren wir wieder in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts zurück: Hier zeigt die letzte Briefmarke den britischen Bakteriologen Alexander Fleming (1881 – 1955), wie er eine Petrischale in der Hand hält und verwundert feststellt, dass ein Pinselschimmel seine Staphylokokkenkultur teilweise abgetötet hat.
Dieser Entdeckung aus dem Jahr 1928 folgten Versuche mit Penicillium-Extrakten und schließlich die Isolierung des wirksamen Prinzips, des Penicillins. Da die Substanz chemisch instabil ist, erschien sie anfangs nicht von großem medizinischem Interesse. Nachdem aber stabile Derivate synthetisiert worden waren, begann während des Zweiten Weltkriegs die industrielle Herstellung dieser potenten Antibiotika, die die Therapie bakterieller Infektionskrankheiten revolutioniert haben.
Ebenso revolutionär für die Medizin war die Pockenschutzimpfung, auf die das Hintergrundbild neben der Briefmarke verweist. Zwar hatte der Brite Edward Jenner die Vakzination schon im Jahr 1796 erstmals in Europa durchgeführt, doch führte erst im 20. Jahrhundert der staatlich vorgeschriebene Impfzwang zur Ausrottung der einst wie die Pest gefürchteten epidemischen Krankheit.
Faszination von Wissenschaft und Technik
Übrigens sind die Themen für die fünf Briefmarken aufgrund einer Umfrage der französischen Post im Internet ausgewählt worden. Die Teilnehmer durften angeben, auf welchen Gebieten ihrer Meinung nach die größten Fortschritte des 20. Jahrhunderts erzielt worden sind. Bei dieser Aktion wurden 600 000 Stimmen abgegeben, wobei folgende Reihenfolge zustande kam:
- Weltraumfahrt 52%,
- Genetik 49%,
- Elektronik 37%,
- Physik 37%,
- Medizin 34%.
Entsprechend dieser Skala sind dann auch die fünf Themen auf dem Briefmarkenblock von oben nach unten zusammengestellt worden.
Natürlich kann man trotz der hohen Beteiligung bei der Umfrage nicht behaupten, dass das Ergebnis repräsentativ für die französische Bevölkerung ist. Dennoch darf man es kommentieren. Ich persönlich finde es erstaunlich, dass die Weltraumfahrt, die der Menschheit bisher nicht viel Nutzen gebracht hat, soviel höher geschätzt wird als der medizinische Fortschritt, von dem jeder profitiert.
Aber Wissenschaft und Technik wirken eben auch faszinierend, wenn sie um ihrer selbst willen getrieben werden, und möglicherweise wächst die Faszination umso mehr, je weniger das Geschehen mit dem Alltagsleben des Menschen etwas zu tun hat. cae
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