Berichte

Sesquiterpenlactone in Arnika und Sternanis

Im Pharmazeutisch-Lebensmittelchemischen Kolloquium in Münster berichtete Privatdozent Dr. Th. J. Schmidt, Institut für Pharmazeutische Biologie der Universität Düsseldorf, am 23. Januar über Neues zur Chemie und biologischen Aktivität von Sesquiterpenlactonen.

Helenalin

Helenalin ist einer der wirksamen Inhaltsstoffe der Blüten von Arnica montana; es dient der Pflanze zu ihrer eigenen Verteidigung. Aufgrund seiner zahlreichen biologischen Aktivitäten, zu denen z.B. antibakterielle, antimykotische, kardiotoxische und kontaktallergene Wirkungen gehören, wurde es vom Referenten als chemische Keule bezeichnet, die der Pflanze einen ökologischen Vorteil verschafft.

Neben der entzündungshemmenden Wirkung steht auch die zytotoxische/antineoplastische Aktivität von Helenalin und Analoga seit geraumer Zeit im Interesse der Forschung. Über eine Michael-Addition kommt es zur Alkylierung freier Thiolgruppen an Proteinen und so zur Zellschädigung. Dies geschieht jedoch mehr oder weniger unspezifisch, sodass man sich von der genauen Untersuchung des Wirkmechanismus Hinweise auf Möglichkeiten zur selektiven Alkylierung relevanter Proteine verspricht.

Messungen an Zellkulturen ergaben, dass sich der Glutathionspiegel der Zellen unterschiedlich stark auf die Zytotoxizität von Helenalin und Derivaten auswirkt, je nach dem, welche alkylierende(n) Partialstruktur(en) das Molekül besitzt. Somit bestünde die Möglichkeit, Zellen aufgrund ihres divergierenden Glutathiongehaltes gezielt anzugreifen; auch könnten Abwandlungen des Helenalin zu höherer Spezifität führen.

Um festzustellen, welche molekularen Strukturen einen Einfluss auf die Zytotoxizität besitzen, wurden in einer QSAR (Quantitative Structure Activity Relationship)-Studie 58 Sesquiterpenlactonderivate in Bezug auf ihre zytotoxische Aktivität an KB-Zellen einem Modeling unterzogen. Neben der Art und Anzahl potenziell alkylierender Strukturelemente wurden weitere Merkmale der Verbindungen identifiziert und quantifiziert, die für die zytotoxische Aktivität entscheidend sind. Hierzu gehören u.a. Lipophilieeigenschaften und die 3D-Gestalt der Moleküle.

Von der Ausweitung derartiger Struktur-Wirkungs-Analysen auf eine breite Palette verschiedener Zelltypen verspricht sich der Referent wichtige Hinweise zur Tumorselektivität und damit Möglichkeiten zur Optimierung der Leitstruktur.

Anisatin

Neben den Sesquiterpenlactonen aus Arnica-Arten trug Schmidt auch über seine Untersuchung der seco-Prezizaane aus nordamerikanischen Illicium-Arten vor. Das hochtoxische (krampfauslösende) Sesquiterpendilacton Anisatin findet sich nicht nur in den Shikimifrüchten (Japanischer Sternanis, I. anisatum), sondern auch in hoher Konzentration in den Früchten und Blättern des Amerikanischen Sternanis (I. floridanum). Neben Anisatin wurde aus den genannten Arten und dem Gelben Sternanis (I. parviflorum) eine ganze Reihe weiterer seco-Prezizaane, z.T. mit bisher unbekannten Käfigstrukturen, isoliert.

Die Wirkung des Anisatin als Krampfgift resultiert aus einer nichtkompetitiven Hemmung des GABA-A-Rezeptors und die dadurch hervorgerufene Blockade von Chloridkanälen. Strukturelle Übereinstimmungen zwischen Anisatin und dem auf die gleiche Weise wirkenden Pikrotoxinin (ebenfalls ein Sesquiterpendilacton) ergaben neue Hinweise auf die Struktur des gemeinsamen Pharmako- bzw. Toxikophors.

Untersuchungen zur Bindung der isolierten seco-Prezizaane an GABA-Rezeptoren von Fliegen und Ratten führten bisher zur Identifizierung zweier Verbindungen, die sehr selektiv mit den Rezeptoren der Insekten interagieren und deren Leitstrukturen für die Entwicklung neuer - für den Menschen untoxischer - Insektizide von Interesse sind.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.