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Arzneimittel und Therapie
Diskussionsforum: Johanniskrautpräparate – der Hyperforingehalt im Fokus
Johanniskrautpräparate haben in Deutschland eine breite Anwendung in der Behandlung leichter bis mittelschwerer Depressionen gefunden und stellen mittlerweile eine akzeptierte Alternative zu synthetischen Antidepressiva dar. Da diese Präparate in therapeutischen Bereichen eingesetzt werden, die weit über die traditionelle naturheilkundliche Medizin hinausgehen, ist die Forderung nach Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit mehr als gerechtfertigt.
Seit einigen Monaten ist in Deutschland das Präparat Laif® 900 zur Behandlung von psychovegetativen Störungen, depressiven Verstimmungszuständen, Angst und/oder nervöser Unruhe im Handel. Als arzneilich wirksamen Bestandteil enthält das Präparat 900 mg Johanniskraut-Trockenextrakt (DEV 3 – 6 : 1, Auszugsmittel 80 Vol.% Ethanol). Soweit nicht anders verordnet, beträgt die Dosis ein mal täglich eine Tablette, einzunehmen nach dem Frühstück.
In Informationsbroschüren für Ärzte und Apotheker wird das neue Präparat unter anderem mit Hinweisen auf die ausgewogene Konzentration der wirksamkeitsrelevanten Inhaltstoffe (Hyperforin, Hypericine und Flavonoide) beworben. So soll das für Laif® 900 verwendete Auszugsmittel in seinem Lösungsverhalten für lipophile Inhaltsstoffe besonders geeignet sein. Zusammen mit dem Auszugsverfahren soll das Auszugsmittel das Verhältnis der Inhaltsstoffe zugunsten der wirksamkeitsrelevanten Inhaltsstoffe verschieben. Die Wirksamkeit des Extraktes ergibt sich nach Herstellerangaben aus dem synergistischen Zusammenspiel mehrerer Inhaltsstoffe, die in folgenden Mengen enthalten sein sollen:
- 2 mg Gesamthypericin/Tablette (Mindestgehalt)
- 63 mg Gesamtflavonoide/Tablette
- 18 mg Hyperforin/Tablette.
Wir haben diese Angaben geprüft und vier verschiedene Chargen des Präparates hinsichtlich des Hyperforingehaltes untersucht. Dabei zeigte sich, dass die ermittelten Gehalte mit Werten zwischen 5,75 mg bis 8,64 mg Hyperforin/Arzneiform deutlich unter den Herstellerangaben liegen.
Qualitätsmerkmal Hyperforingehalt
Die antidepressive Wirksamkeit von Johanniskrautpräparaten ist nicht ausschließlich auf einen einzelnen Inhaltsstoff zurückzuführen. Auf der Basis aller bisherigen Untersuchungen kann Hyperforin als wichtiger, wahrscheinlich sogar bedeutendster wirksamkeitsbestimmender Inhaltsstoff angesehen werden. Aus diesem Grund ist dieser Substanz bei der Beurteilung der pharmazeutischen Qualität von Johanniskrautpräparaten auch besonderes Augenmerk zu schenken. Darüber hinaus ist es im Sinne einer verbesserten Transparenz und Vergleichbarkeit von pflanzlichen Arzneimitteln auch prinzipiell zu begrüßen, wenn Hersteller die Gehalte an wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffen im Beipacktext bzw. in den Informationsunterlagen für die Fachöffentlichkeit angeben. Dabei muss selbstverständlich akzeptiert werden, dass die angegebenen Gehalte innerhalb von für Phytopharmaka akzeptablen Grenzen auch variieren können.
Im Falle von Laif® 900 ist der eklatante Unterschied zwischen den Herstellerangaben und den tatsächlich gemessenen Hyperforingehalten jedoch nicht akzeptabel, weshalb wir uns auch veranlasst sehen, Apothekerinnen und Apotheker über die Ergebnisse unserer Untersuchungen zu unterrichten.
Kastentext: Hyperforingehalt in Laif® 900 Tabletten
Chargennummer / Hyperforin (mg/Tablette) 260041: 5,75 260071: 7,25 260151: 8,64 260081: 5,88
Eine Untersuchung von Prof. Dr. Manfred Schubert-Zsilavecz und Mitarbeitern vom Institut für Pharmazeutische Chemie der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main zum Hyperforingehalt des Johanniskrautpräparates Laif 900 fand eklatante Unterschiede zwischen den Herstellerangaben und den gemessenen Hyperforingehalten.
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