Feuilleton

Umweltschutz: Die Elbe gesundet

Am 14. Juli 2002 ist der erste internationale Elbe-Badetag gefeiert worden. Die Versöhnung der Menschen mit ihrem Fluss sollte symbolisch begangen werden. Über 10 000 Menschen sprangen zwischen Riesengebirge und Nordsee in die Fluten. Der Fall der Mauer zwischen Ost und West war auch ein Segen für den Fluss.

Die Elbe war einer der schmutzigsten Flüsse Europas. Das hat sich mit der Stilllegung der maroden Industrien sowie der Bergwerke mit ihren giftigen Grubenwässern auf DDR-Gebiet und in Tschechien und mit dem Bau von Kläranlagen zum Guten verändert. Da man im Westen die schlechte Wasserqualität nicht mehr mit dem Einleiten des Drecks durch andere entschuldigen konnte, mussten auch hier die Anstrengungen erhöht werden. Inzwischen tummeln sich schon wieder 33 Fischarten in der Elbe. Der Elbe-Badetag erinnerte an die Zeiten vor dem letzten Krieg, als die Erquickung in dem großen Fluss selbstverständlich war.

Ursprung im Riesengebirge

Die Elbe entspringt in Böhmen am höchsten Teil des Riesengebirges aus einer Menge Wasseradern, Seifen oder Fleßen genannt, die auf der Elb-, Mädel-, Teufels- und Weißen Wiese zahlreiche Brunnen bilden, darunter den 1384 m hohen Elbbrunnen. So steht es im Brockhaus von 1892. Es heißt dort weiter:

"Die eigentlichen Quellen sind das Weißwasser, das auf der weißen Wiese unweit der Schneekoppe entsteht, und der Elbebach oder Elbeseifen. Der auf der Elbwiese südlich vom Großen Rad seinen Ursprung hat und von dem Rücken des Hochgebirges 75 m hoch im Elbfall in den tief eingeschnittenen wildromantischen Elbgrund fällt, der sich in eine Menge Gründe, die Siebengründe, teilt. Bald darauf vereinigt sich dieser mit dem doppelt so starken Weißwasser und heißt nun Elbe."

Bemühungen um die Reinhaltung

So viel Romantik setzt sich fest in den Seelen der Menschen. Deshalb ist die Freude wohl besonders groß, dass es mit der Wasserqualität des Flusses immer besser wird. Der Zusammenbruch des Warschauer Paktes hat der Elbe das Leben gerettet, könnte man da pathetisch ausrufen. In der Tat gab es aber schon vorher systematische Bestrebungen, dem Fluss Gutes zu tun.

Die erste Elbeministerkonferenz fand 1981 statt. Heute gibt es, ähnlich wie beim Rhein, eine Internationale Kommission zum Schutz der Elbe und natürlich zahlreiche private und staatliche Initiativen zur Rettung des Flusses. So betreibt die Arbeitsgemeinschaft für die Reinhaltung der Elbe, der sieben Bundesländer angehören, schon seit zwei Jahrzehnten zahlreiche Messstellen.

Es werden aber nicht nur Wassertemperatur, Sauerstoffgehalt, pH-Wert und elektrische Leitfähigkeit gemessen. Wöchentlich fahnden die Chemiker im Flusswasser nach folgenden Stoffgruppen: Nährstoffe, An- und Kationen, Komplexbildner, Schwermetalle, Chlorierte Kohlenwasserstoffe (CKW), Pflanzenbehandlungs- und Schädlingsbekämpfungsmittel, Polychlorierte aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), Nitro- und Chlornitroaromate und Haloether. Die Sedimente werden auf Schwermetalle, CKW, PAK, Organozinnverbindungen und Radionuklide untersucht. Brassen, Flundern und Dreikantmuscheln dienen als Biomonitoren.

Darüber hinaus wird das Längsprofil der Tideelbe gemessen. Um die Stoffflüsse im Brackwasser zu analysieren, werden mit dem Hubschrauber mitten im Elbstrom in 1 m Wassertiefe Proben entnommen. Hier ist infolge der Strömung die Durchmischung am besten.

Zuviel Quecksilber und Tributylzinn

Den Fluss zu überwachen und möglichst sauber zu halten, fordert auch die neue Wasserrahmenrichtlinie der EU. Sie besagt, dass innerhalb der nächsten fünfzehn Jahre alle Flüsse in einen guten Zustand gebracht werden müssen. Die Staaten müssen rechtsverbindliche Bewirtschaftungspläne aufstellen.

Das erscheint bei der Elbe auch notwendig. Denn sie ist noch immer einer der am stärksten mit Quecksilber belasteten Flüsse der Erde. Die Konzentration lag Anfang 1999 bei Schnackenburg zwischen 25 und 100 ng/l. Die für Trinkwasser erlaubte Konzentration liegt bei 1000 ng/l. Das wäre also nicht gravierend. Doch Schwermetalle binden an Schwebstoffe, die gemessene Konzentration hängt somit vom Schwebstoffgehalt ab.

Hinzu kommt die bekannte Gefahr der Akkumulation im Gewebe, falls auf Dauer zu viel Elbfisch gegessen wird. Die Quecksilberfracht der Elbe ist zwar seit 1989 stark zurückgegangen, liegt aber immer noch über den Zielen des Gewässerschutzes. So gab die 11. Elbeministerkonferenz 1998 bekannt, dass trotz des Rückgangs verschiedener Schadstoffe Aal und Zander noch nicht bedenkenlos verzehrt werden sollten. Das gelte auch für Aale aus der Mulde. Im Unterlauf der Saale ergäben sich Vorbehalte hinsichtlich der Quecksilberwerte beim Zander.

Organozinnverbindungen sind sehr giftig. Das gilt vor allem für das Tributylzinn (TBT), das in Antifouling-Farben für Schiffsanstriche verwendet wird, um den Muschelansatz an den Schiffsrümpfen zu verhindern. TBT wirkt natürlich auch auf andere aquatische Lebewesen. Seine androgenen Eigenschaften können die Fortpflanzungsfähigkeit mariner Schnecken beeinträchtigen. Relevante Eintragsquelle ist die Mulde. Hier ist der Einleiter bereits identifiziert. Auch unterhalb Hamburgs steigt der TBT-Wert. Das wird auf Werftabwässer und den regen Schiffsverkehr zurückgeführt.

Reizthema Flussschifffahrt

Die Flussschifffahrt auf der Elbe bereitet weitere Probleme. Auf tschechischer Seite sind unterhalb von Aussig bei Klein Prisen (Malé Brezno) und Niedergrund (Dolní Zleb) zwei Staustufen geplant, um die Schiffbarkeit der Elbe in Deutschland zu verbessern (oberhalb davon gibt es jetzt schon 22 Staustufen, Wehre und Talsperren). Das gestaute Wasser wird dann wie eine "Welle" den Fluss hinabgeschickt, um die Untiefe des Magdeburger Domfelsens, wo sich bei Niedrigwasser auf beiden Seiten die Schiffe stauen, kurzfristig zu beseitigen.

Um das Thema Flussschifffahrt wird auch in Hamburg heftig gestritten. "Der Fluss soll den Schiffen angepasst werden", meinen die Reeder. Die Naturschützer fordern umgekehrt: "Die Schiffe sollen sich dem Fluss anpassen". Der Senat plant, die Fahrrinne in der Unter- und Außenelbe um 1,5 m auf etwa 15 m zu vertiefen, damit noch größere Containerschiffe in den Hafen laufen können.

Die Gegner der Elbvertiefung argumentieren unter anderem mit dem dadurch sinkenden Sauerstoffgehalt des Flusses. Die Diffusion des Gases in das Flusswasser werde durch die größere Wassertiefe und die geringeren Turbulenzen verschlechtert. Fischsterben sei die Folge, die Kinderstube der Elbfische falle weg.

Buhnen

Das Habitat Elbe zwischen Aussig und Hamburg besitzt noch eine hohe Güte, denn lange Abschnitte sind naturnah geblieben. So sind die Strömungsgeschwindigkeit und die Sogwirkung des auf dieser langen Strecke nicht gestauten Flusses sehr stark. Deshalb ist das Baden auch nicht ungefährlich.

Die deutsche Elbe soll nun zu einer Bundeswasserstraße ausgebaut werden. Die Fahrrinne muss 50 m breit und 1,6 m tief sein und soll an mindestens 345 Tagen im Jahr befahrbar sein. Zu diesem Zweck werden seit 1990 die Buhnen erneuert, die die DDR hat verfallen lassen.

Buhnen sind befestigte Parallelwerke, die das Flussbett streckenweise einschnüren und den Wasserspiegel anheben. Sie dienen auch der Uferbefestigung. Im Gegensatz zu gemauerten Ufern sind sie mit Weiden, Erlen, Pappeln oder Büschen und anderen Pflanzen bepflanzt. Es gibt etwa 6000 Buhnenfelder an der Elbe.

Durch ihre morphologische Struktur unterscheiden sich die Buhnenfelder im Stofftransport und -umsatz erheblich von dem der fließenden Welle. Aus dem Strom eingetragene Stoffe werden verzögert wieder an die fließende Welle abgegeben. Es sind ideale Fischstandorte. Die unterschiedlichen Strömungsgeschwindigkeiten in den Buhnenfeldern machen den großen Artenreichtum möglich. An guten Plätzen ist es keine Kunst, einen Hecht zu stellen.

Ökologisch am wertvollsten sind die verfallenden Buhnen. Dort sollen die meisten Fische stehen. Sie werden als semiterrestrische Grenzflächen zwischen aquatischen und terrestrischen Biotopen bezeichnet. Ihr Wiederaufbau könnte möglicherweise die ökologische Qualität der Habitate stören. Dennoch – besser Buhnen als Stauwerke.

Quelle

Arbeitsgemeinschaft für die Reinhaltung der Elbe www.arge-elbe.de

Kasten Deichgraf

Otto Eduard Leopold von Bismarck ist am 1. April 1815 in Schönhausen an der Elbe geboren worden. Er lebte zwar die meiste Zeit in Varzin in Pommern und natürlich in Berlin. Aber zwischen 1846 und 1851 war er ein Deichhauptmann der Elbe. Seine politische Karriere beginnt er hier als Abgeordneter des Kreises Jerichow im Preußischen Landtag.

Und er maß dieser Tatsache auch an seinem Lebensabend noch Bedeutung bei: So sagte er 1894: "Von diesem flachen Lande hier, von der altmärkischen Heimat, die ja auch die meine ist, ist die Kraft und der Anstoß zur Bildung des kurbrandenburgischen Staates und Preußens und schließlich zur Wiedergeburt des deutschen Reiches ausgegangen."

Kasten Die Länge der Elbe

Die Elbe ist derzeit 1091,47 km lang, mit 364,52 km auf tschechischer und 726,95 km auf deutscher Seite. Der Vergleich mit Flusskarten von 1730 ergab eine Laufverkürzung von 20 km.

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