Prisma

Sensible Nerven: Bitte öfter mal streicheln

Bei Signalverarbeitung über Nervenzellen denkt man eigentlich an schnelle Prozesse. Es gibt jedoch in der Haut auch Nervenzellen, die Signale nur langsam transportieren. Wozu dies gut ist, war bislang ein Rätsel. Schwedische Wissenschaftler haben die Nerven nun näher untersucht und herausgefunden, dass es sich dabei um so genannte "Streichelnerven" handelt.

Der Begriff Streichelnerven sagt eigentlich schon alles über die Funktion der langsam leitenden Nervenzellen in der Haut aus: Sie sind für die Verarbeitung von Streicheleinheiten zuständig oder wissenschaftlicher ausgedrückt für die Verarbeitung von leichten Berührungsreizen, die sie direkt in emotionale Bereiche des Gehirns weiterleiten.

Wie ein Forscherteam um Hakan Olausson vom Sahlgrenska-Krankenhaus in Göteborg in einer Online-Vorabpublikation der Fachzeitschrift "Nature Neuroscience" schreibt, handelt es sich bei den Nervenzellen um so genannte C-Fasern. Diese C-Fasern untersuchten die Wissenschaftler bei einer Patientin, der die wichtigsten Tastnerven in der Haut fehlten. Einzig die C-Fasern waren bei der 54-jährigen Frau intakt und konnten gereizt werden.

Wurden sie mithilfe eines weichen Pinsels "gestreichelt", löste dies angenehme Empfindungen bei der Patientin aus. Um diese Empfindungen näher zu untersuchen, visualisierten die Wissenschaftler in einem weiteren Versuch die Hirnaktivität der Frau. Dabei stellten sie fest, dass durch das Streicheln bzw. die Aktivierung der C-Fasern vor allem Emotionen-verarbeitende Hirnareale angeregt wurden. Hirnregionen dagegen, die Tastreize verarbeiten, reagierten nicht auf das Streicheln.

Die Funktion der C-Fasern ist somit zumindest teilweise bekannt: Sie sprechen besonders stark auf langsame Bewegungen über die Haut an, auf schnelle und abrupte Berührungen sowie auf Vibrationen reagieren sie dagegen nicht. Sie kommen, abgesehen von völlig unbehaarten Hautpartien, beinahe überall auf der Körperoberfläche vor – und freuen sich über jede Streicheleinheit. ral

Quelle: Nature Neuroscience 2002, Online-Vorabpublikation vom 29. 7. 2002

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