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- DAZ 34/2002
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Arzneimittel und Therapie
LDL-Senkung: Ezetimib als Ergänzung zu Statinen
Greift eine Statintherapie nicht im ersten Anlauf, wird empfohlen, die Startdosis in zweiwöchentlichen Abständen so lange zu verdoppeln, bis die Maximaldosis erreicht ist. In der Praxis erweist sich dies zum einen als relativ langwieriges Prozedere, da bis zu drei Titrationsschritte erforderlich sein können, zum anderen steigt mit der Dosierung - wie bei anderen Medikamenten auch - das Nebenwirkungsrisiko.
Hemmung der Cholesterin-Resorption
Statine senken den LDL-Spiegel über die Blockade der hepatischen Cholesterinsynthese. Da über dieses Wirkprinzip alleine die Zielwerte häufig nicht erreicht werden, bietet sich die Kombination mit Substanzen an, die verhindern, dass das über den Darm aufgenommene Cholesterin in den Blutkreislauf gelangt. Denn dies ist der zweite Faktor, der den Plasma-LDL-Spiegel zu 40 bis 50% bestimmt.
Die bislang zur lipidsenkenden Kombinationstherapie zur Verfügung stehenden Substanzen - Colestyramin und Nicotinsäure-Derivate - haben den Nachteil, dass sie hoch dosiert werden müssen und dennoch relativ wenig Effekt auf den LDL-Spiegel zeigen. Zudem wird ihre Anwendung durch gastrointestinale Nebenwirkungen limitiert. Fibrate kommen als Partner für Statine im Allgemeinen nicht infrage, da unter der Kombination das Rhabdomyolyse-Risiko steigt.
Da über 40% des Gesamtcholesterins über den enterohepatischen Kreislauf im Darm resorbiert wird, wurde als Kombinationspartner für Statine eine Substanz entwickelt, welche die Cholesterin-Resorption hemmt. Ezetimib, der erste Vertreter der neuen Substanzklasse der Cholesterin-Resorptionshemmer, verhindert sowohl die Resorption des mit der Nahrung aufgenommenen Cholesterins als auch die Wiederaufnahme des endogenen Cholesterins aus dem enterohepatischen Kreislauf.
Klinische Daten zu Ezetimib
Im März wurden auf der Jahrestagung des American College of Cardiology in Atlanta/Georgia klinische Daten zu Ezetimib vorgestellt, dem ersten Vertreter der völlig neuartigen Substanzklasse der hochselektiven Cholesterin-Resorptionshemmer: Bei kombinierter Gabe mit einem Statin ergab sich aufgrund der komplementären Wirkprinzipien ein additiver Effekt: Die zusätzliche Gabe von Ezetimib (10 mg) senkte den LDL-Spiegel im Vergleich zur Statin-Monotherapie um bis zu 25%. Dies entspricht einer höheren LDL-Reduktion, als sie bei drei Statin-Dosisverdopplungen erzielt werden kann. Die Kombination mit dem Cholesterin-Resorptionshemmer stellt daher eine sinnvolle Option in der zukünftigen Lipidtherapie dar.
Kombiniert zum LDL-Zielwert
In der randomisierten, plazebokontrollierten Doppelblindstudie hatten 769 Patienten mit Hypercholesterinämie, koronarer Herzkrankheit oder multiplen Riskofaktoren zusätzlich zu einer mindestens bereits seit 6 Wochen durchgeführten Statintherapie entweder 10 mg des selektiven Cholesterin-Resorptionshemmers oder Plazebo erhalten.
Nach den Worten von Prof. Harold Bays bewirkte die zusätzliche Gabe des neuartigen Lipidsenkers im Vergleich zur zusätzlichen Gabe von Plazebo eine additive Senkung des LDL-Cholesterins um 21,5%, die HDL-Werte stiegen um weitere 1,7%, und der Triglyceridspiegel sank um zusätzliche 11,4%. Damit erreichten unter der Verum-Kombination 72% der Patienten die vom "National Cholesterol Education Program" (NCEP) und der "European Atherosclerosis Society" empfohlenen Zielwerte (bei KHK oder Myokardinfarkt: LDL < 100 mg/dl; bei mindestens zwei Risikofaktoren, z. B. Diabetes und Hypertonie: LDL < 130 mg/dl; bei einem Risikofaktor: LDL < 160 mg/dl). In der Gruppe, die additiv zum Statin Plazebo erhalten hatte, wurde bei lediglich 19% der Patienten der LDL-Spiegel im erwünschten Ausmaß reduziert (p < 0,001).
Studie mit 621 kardiovaskulären Risikopatienten
"Eine einfach zu handhabende, effektive und verträgliche Alternative zur Verdopplung der Statindosis bietet die additive Gabe des Cholesterin-Resorptionshemmers Ezetimib", sagte Prof. Evan Stein, Cincinnati/Ohio auf dem 73. Kongress der Europäischen Atherosklerose Gesellschaft (EAS) im Juli in Salzburg. Er untermauerte diese Aussage mit den Ergebnissen einer randomisiert, plazebokontrolliert und doppelblind angelegten Multicenter-Studie an 621 kardiovaskulären Risikopatienten (manifeste koronare Herzkrankheit, mindestens zwei kardiovaskuläre Risikofaktoren oder heterozygote Hypercholesterinämie):
Trotz Beginn einer Therapie mit 10 mg eines Statins lagen die LDL-Werte bei diesen Patienten im Mittel bei etwa 186 mg/dl und damit weit oberhalb des für kardiovaskuläre Risikopatienten empfohlenen LDL-Zielwertes von maximal 100 mg/dl. Um den angestrebten LDL-Wert zu erreichen, erhielten die Studienteilnehmer entweder zusätzlich zu dem Statin täglich 10 mg des Cholesterin-Resorptionshemmers (n = 305), oder die Statindosis wurde verdoppelt (n = 316). Zeigte dieses Vorgehen nach 5 Wochen nicht den erwünschten Erfolg, schloss sich eine erneute Verdopplung der Statindosis an, dieses Mal in beiden Gruppen. Lagen die LDL-Spiegel nach 9 Wochen weiterhin über dem angestrebten Zielwert, wurde die Statindosis nochmals verdoppelt.
Am Ende der 14-wöchigen Studie betrug die maximale Statindosis in der Kombinations-Gruppe damit 40 mg/d, in der Monotherapie-Gruppe 80 mg/d. Die Ergebnisse dieser Studie sprachen klar für die additive Ezetimib-Gabe: Nach den Worten von Studienleiter Stein bewirkte die zusätzliche Gabe des Cholesterin-Resorptionshemmers einen signifikant größeren Abfall des LDL-Spiegels als die mehrmalige Erhöhung der Statindosis allein. So brachte z. B. die Dosisverdopplung von Atorvastatin 10 mg auf 20 mg eine zusätzliche LDL-Senkung von 8,6%.
Die Kombination von 10 mg Atorvastatin mit 10 mg Ezetimib senkte hingegen das LDL um 22,8%. Die Konsequenz: Unter der additiven Therapie mit dem Cholesterin-Resorptionshemmer erreichten insgesamt dreimal mehr Patienten den LDL-Zielwert als bei wiederholter Verdopplung der Statindosis (22% vs. 7%). Dieser Unterschied war statistisch signifikant (p < 0,01).
Dabei erwies sich die Statin-Ezetimib-Kombination in dieser Studie als gut verträglich; das Sicherheitsprofil entsprach dem unter der Statin-Monotherapie. Insbesondere zeigten sich keine Unterschiede im Hinblick auf die Inzidenz von oberen Atemwegsinfekten und Myalgien. Ein Anstieg der relevanten Leberenzyme auf mehr als das Dreifache des Normwertes trat in beiden Studienarmen bei weniger als 1% der Patienten auf.
Komplementärer Wirkungsmechanismus
"Nach der Zulassung von Ezetimib zur lipidsenkenden Therapie wird die additive Gabe des Cholesterin-Resorptionshemmers eine effektive Therapieoption für alle diejenigen Patienten bieten, bei denen sich bereits kurz nach dem Start einer lipidsenkenden Medikation abzeichnet, dass ein Statin allein nicht ausreicht, das Therapieziel zu erreichen", betonte Stein. "Denn diese Daten zeigen, dass es einfacher und effektiver ist, zusätzlich Ezetimib zu geben, als mehrmals die Statindosis zu verdoppeln."
Aber auch bei Patienten, die neu auf eine lipidsenkende Therapie eingestellt werden und aufgrund ihres hohen kardiovaskulären Risikos eine starke LDL-Senkung benötigen, ist die Kombination von Ezetimib mit einem Statin eine sinnvolle Vorgehensweise. Die hohe Effizienz der Kombinationstherapie erklärt sich aus dem komplementären Wirkmechanismus von Ezetimib und Statinen.
Die ausgeprägte cholesterinsenkende Wirkung von Ezetimib bestätigte auch eine ebenfalls auf der EAS-Tagung präsentierte, plazebokontrollierte, doppelblinde Cross-over-Studie an 18 Männern mit Hypercholesterinämie, in der eine zweiwöchige Behandlung mit täglich 10 mg Ezetimib die intestinale Cholesterin-Resorption um 54% verminderte. Dies spiegelte sich in einer Abnahme des LDL-Cholesterins um durchschnittlich 20% wider. Auch in dieser Studie lag die Verträglichkeit des neuen Cholesterin-Resorptionshemmers auf Plazeboniveau. hel
Wird der LDL-Zielwert trotz Beginn einer Statintherapie nicht erreicht, ist es wirksamer und einfacher, zusätzlich den neuartigen Cholesterin-Resorptionshemmer Ezetimib (vorgesehener Handelsname Ezetrol) zu geben, als in mehreren Schritten die Statindosis zu verdoppeln. So lautet das Ergebnis mehrerer klinischer Studien.
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