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DAZ aktuell
Importe von Arzneimitteln: Von Gewinnern und Verlierern auf regulierten Märkten
Spätestens seit ein Arzneimittel-Importeur den Spitzenplatz im IMS-Ranking der inländischen Pharmaanbieter eingenommen hat, sind die Originalhersteller endgültig aus der Reserve gelockt. Während einige von schweren Qualitätsnachteilen für die Patienten sprechen, fürchten andere negative Auswirkungen auf die Arbeitsplätze, und jüngst wurde gar der Verdacht geäußert, die Volkswirtschaft insgesamt könne durch Importe Schaden nehmen. Vor diesem Hintergrund scheint es angebracht, den Einfluss von Importen auf den inländischen Pharmamarkt und die betroffenen Akteure einmal eingehender zu analysieren.
Inländischer Pharmamarkt ohne Importe
Betrachtet man zunächst den inländischen Pharmamarkt ohne Importe, so sind folgende Marktpartner und andere Einflussgruppen mit ihren Zielsetzungen auszumachen:
Aus diesem Grund ist er einerseits bemüht, durch entsprechende Marktregulierungsmaßnahmen die Ausgaben für Arzneimittel nicht weiter steigen zu lassen, um die Belastungen für die Krankenversicherungsträger sowie die der Versicherten und ihrer Arbeitgeber nicht weiter ansteigen zu lassen.
Andererseits soll aber auch die nachhaltige Wirtschaftlichkeit der direkten Marktpartner, also der Arzneimittelhersteller, des Handels und der Apotheken, gewahrt bleiben, damit diese ihre Marktleistungen überhaupt noch eigenständig erbringen können. In diesem Zusammenhang profitiert der Staat natürlich auch von erfolgreichen Marktteilnehmern, da diese entsprechende Steuerzahlungen leisten.
Die aufgezeigten Beziehungen und Zielsetzungen der unterschiedlichen Gruppen verdeutlichen trotz der gewählten Vereinfachung schon die Komplexität des inländischen Marktes für Arzneimittel.
Die Rolle der Re- und Parallelimporte
Welche Rolle spielen nun "Re- und Parallelimporte", also Arzneimittel, die zunächst nicht für den inländischen Markt produziert wurden? Kennzeichen dieser Importe sind drei Eigenschaften:
1. der Anbieter dieser Arzneimittel unterscheidet sich vom Originalhersteller, sodass auf dem inländischen Markt nunmehr ein Originalhersteller und beliebig viele Importeure mit dem gleichen Produkt auftreten;
2. die Importe verursachen neben den Transportkosten zusätzlich Kosten der Kennzeichnung und Umverpackung, um sie den gesetzlichen Vorgaben des Inlands anzupassen, der ausländische Herstellerabgabepreis, der bereits die Marge des Originalherstellers enthält, erhöht sich somit um die damit verbundenen Kosten, die Margen der ausländischen Großhändler und Transportkosten;
3. ihr Abgabepreis an den Handel bzw. an die Apotheken muss ungeachtet dessen immer niedriger sein als der des inländischen Originalherstellers, da ansonsten keine Anreize bestünden, Importe zu vertreiben.
Effekte auf den Markt durch Importe
Berücksichtigt man diese Merkmale von Importen, ergeben sich durch die Existenz von Importen für die oben genannten Marktteilnehmer und Einflussgruppen folgende Effekte:
Ob der auf der konsolidierten Konzernbetrachtung möglicherweise eintretende Umsatzrückgang auch von einem Gewinnrückgang begleitet wird, hängt von der Kostensituation in den Einkaufsländern der Importeure ab. Für die inländische Niederlassung des Originalherstellers stellt sich außerdem die Frage, ob das Vorhandensein der preisgünstigeren Importpräparate auf dem Markt zu einer verstärkten Verschreibung der Marke und damit zu einer Mengenausweitung führt oder ob lediglich ein Austausch des teureren gegen das preisgünstigere Präparat stattfindet.
In Abhängigkeit von den Marktverhältnissen und der Wettbewerbssituation lassen sich beide Effekte beobachten. Aus Konzernsicht ist daher fraglich, ob das Vorhandensein von Importen insgesamt gesehen positive oder negative Effekte hat. Lediglich aus Sicht der in der Regel als Profitcenter geführten inländischen Niederlassung des Originalherstellers ergibt sich eine Schwächung der Umsatz- und Gewinnsituation.
Inwiefern diese niedrigeren Umsätze auch zu niedrigeren Gewinnen der Großhändler führen, ist abhängig von den Einkaufskonditionen. Festzuhalten ist jedenfalls, dass die zumeist multinationalen Pharmagroßhändler am Importarzneimittel zweifach verdienen, wenn sie diese im Ausland an die Importeure verkaufen und beim Vertrieb an die inländische Apotheke.
Inwieweit die Umsatzeinbußen allerdings zu Gewinneinbußen auf Seiten der Apotheken führen, ist wiederum von den Einkaufskonditionen und der sich daraus ergebenden unterschiedlichen Handelsspannen des Präparats des Erstanmelders im Vergleich zum Importpräparat abhängig.
Die durch die vermehrte Verschreibung von Importen möglichen Einsparungen bei den Arzneimittelausgaben erlauben bei konstanten Gesamthaushalten der Krankenversicherungsträger bzw. Beiträgen der Versicherten schließlich eine umfassendere Versorgung des einzelnen Patienten.
Gleichzeitig entgehen ihm aber umsatz- und gewinnabhängige Steuern, die die Originalhersteller im Inland bezahlen müssten, wenn sie die Arzneimittel anstelle der Importeure vertreiben könnten. Andererseits zahlen natürlich auch die Importeure umsatz- und gewinnabhängige Steuern.
Als rein inländische Unternehmen haben sie zudem nicht die Möglichkeit einer Steueroptimierung durch Transferpreise. Die sich durch die Tätigkeit der Importeure ergebende zusätzliche Wertschöpfung hat Arbeitsplätze geschaffen, die Zuflüsse zu den Sozialversicherungen und Steuerzahlungen nach sich ziehen. Durch die zum Teil erheblichen Investitionen der Importeure in Deutschland ergeben sich weitere Beschäftigungs- und Steuereffekte.
Diese einfache Betrachtung der Effekte zeigt, dass eine Opportunitätsberechnung nur begrenzt möglich ist, wohl aber in jedem Fall zu dem Ergebnis führen würde, dass eine Förderung des Imports aus staatlicher Sicht sinnvoll bleibt.
Solange die multinationalen Originalhersteller ihre internationale Preisdifferenzierung im heute üblichen Rahmen betreiben, der Zugang zu diesen preiswerten Arzneimitteln über ausländische Großhändler gegeben ist und die Notwendigkeit der Senkung bei den Arzneimittelausgaben besteht, werden die Importeure die Gelegenheit haben, erfolgreich auf dem inländischen Markt für Arzneimittel zu agieren, und ihre Marktanteile weiter ausbauen.
Fazit
In der Gesamtschau wird deutlich, dass beim Import von Arzneimitteln unstrittig Arzneimittelausgaben eingespart werden können und außerdem der multinationale Großhandel, marktgerecht agierende Apotheken und die Importeure zu den Gewinnern und die inländischen Niederlassungen der Originalhersteller bei einer Betrachtung dieser Niederlassungen als Profitcenter zu den Verlierern zählen.
Ob die Originalhersteller in der konsolidierten Konzernbetrachtung zu den Gewinnern oder Verlierern zählen, muss im Einzelfall analysiert werden. Letztlich sind in dieser Situation die Originalhersteller, die aktuell in der Regel wenig überzeugende Befürchtungen und Argumente äußern, aufgefordert, mit einer Reformierung ihrer internationalen Preisdifferenzierung in die Offensive zu gehen.
Kasten
Prof. Dr. Jens Leker, der seit Oktober 1999 die Professur für Betriebswirtschaftslehre in den Naturwissenschaften, insbesondere der Chemie, inne hat, ist Leiter des im Jahre 2000 gegründeten Instituts für betriebswirtschaftliches Management im Fachbereich Chemie und Pharmazie. Nach seiner Ausbildung zum Diplom-Kaufmann an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel promovierte er bei Prof. Dr. Dr. h. c. Jürgen Hauschildt über Fragen der Krisendiagnose und des strategischen Managements.
Die Diskussion um den Import von Arzneimitteln ist zurzeit voll im Gange. Für Prof. Dr. Jens Leker vom Institut für betriebswirtschaftliches Management im Fachbereich Chemie und Pharmazie der Universität Münster greift die gängige Argumentation häufig zu kurz. Er hat deshalb in seinem Beitrag den Einfluss von Importen auf den inländischen Pharmamarkt untersucht. Die LAK Baden-Württemberg weist in einer Presseinformation auf Mängel von Importarzneimitteln hin und befürchtet mangelnde pharmazeutische Qualität.
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