- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 43/2002
- Landesapothekerverband ...
DAZ aktuell
Landesapothekerverband Sachsen-Anhalt: Wirtschaftstage zwischen Hoffen und Bange
Auf dem Programm der Wirtschaftstage standen neben der Mitgliederversammlung ein Vortrag von Dr. Frank Diener zu den Perspektiven der Arzneimittelversorgung nach der Bundestagswahl, ein Internetseminar und eine gemeinsame Informationsveranstaltung zu Aut-idem mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV). Eine informative Industrieausstellung mit 13 Ausstellern und ein Rahmenprogramm rundeten die Veranstaltung ab.
Dank für Spenden
Vor den vertrauten Inhalten, die zu jeder Mitgliederversammlung gehören, berichtete der LAV-Vorsitzende Knut Vocke über ein außergewöhnliches Ereignis: das Jahrhunderthochwasser der Elbe. Vocke dankte allen Spendern, die dem Aufruf der Apothekerkammer des Landes gefolgt waren. Die Apotheker in Sachsen-Anhalt hätten etwa 100 000 Euro gespendet – und damit weitaus mehr als der Bundesdurchschnitt.
Aus dem Spendentopf fließen 6% der Spenden nach Sachsen-Anhalt. Die drei Apotheken, die derzeit noch immer in Containern arbeiten müssen, haben jeweils 15 000 Euro als Soforthilfe erhalten. Betroffene könnten weiterhin Anträge auf Förderung stellen, soweit dies noch nicht geschehen sei.
Vorschaltgesetz: Versorgung nicht mehr zu gewährleisten
In seinem Bericht ging Vocke zunächst auf bundesweit relevante Themen ein. Er beschrieb die Folgen, die sich für die Apotheken aus einem Vorschaltgesetz ergeben würden, wie es derzeit diskutiert werde. Diese waren auch Gegenstand des Vortrages von Dr. Frank Diener am Folgetag (siehe ausführliche Darstellung im Bericht zum Vorschaltgesetz in dieser Rubrik). Als Konsequenz würden die Apotheken ein bis zwei Drittel ihrer Roherträge verlieren.
Dies treffe die neuen Bundesländer besonders hart. Denn die dort meist neueren Apotheken hätten noch keine wirtschaftlichen Reserven. Mit den wenigen Apotheken, die nach einer solchen Maßnahme noch verbleiben würden, sei die Versorgung nicht mehr zu gewährleisten. Insbesondere kritisierte Vocke, dass der Pharmabereich weit überproportional und dort in erster Linie die Apotheken zur Einsparung beitragen sollten, obwohl gerade die Erträge der Apotheken im ersten Halbjahr 2002 schon zurückgegangen seien.
In der Rückschau kam auch die ausgezeichnete und in Sachsen-Anhalt überdurchschnittliche Resonanz auf die Unterschriftaktion "pro Apotheke" zur Sprache. Das im Land verwendete Flugblatt sei besonders wirkungsvoll gewesen. Da in der jüngsten Koalitionsvereinbarung eine Liberalisierung des Arzneimittelvertriebs vorgesehen sei, müsse diese Aktion weitergeführt werden.
Zukunft mit Home Service und DMP
Unter den Inhalten des Deutschen Apothekertages in Berlin hob Vocke die Angebote der ABDA an die Politik hervor: die Drehung der Arzneimittelpreisverordnung und die neuen Versorgungsformen Home Service und Disease Management. Der Home Service sei viel mehr als die erweiterte Logistik bei einem Versandhandel, da neue pharmazeutische Leistungen hinzukämen. Außerdem sei der Home Service der Apotheken viel schneller als der Versandhandel.
Als Konsequenz aus dem Home Service-Konzept der ABDA habe der LAV Sachsen-Anhalt beschlossen, das bestehende Diabetes-Modell-Projekt weiterzuentwickeln, da es eine geeignete Grundlage bilde. Neue Leistungen im Rahmen der Pharmazeutischen Betreuung könnten nun aber nicht mehr ohne eine qualitätsgerechte Vergütung erbracht werden.
Zusammenarbeit mit Ärzten, ...
Die Aut-idem-Regel habe sich aufgrund ihrer Ausgestaltung zu einer zusätzlichen Festbetragsregelung mit vielen Umsetzungsproblemen in der Praxis entwickelt. Doch gäbe es in Sachsen-Anhalt als vermutlich einzigem Bundesland gemeinsame Informationsveranstaltungen mit der KV. So hätten die Apotheker eine Gelegenheit, ihre Sicht der Thematik bei den Ärzten einzubringen.
... Landespolitikern ...
Außerdem berichtete Vocke über die intensiven Kontakte des Verbandes zur Politik auf Landesebene, die sich insbesondere durch das aktiv tätige Bündnis für Gesundheit ergäben. Sehr hilfreich hierfür seien die Datenlieferungen des NARZ, die aufgrund eines Schiedsspruches sogar zur Festlegung von Richtgrößen herangezogen werden.
... und Krankenkassen
Auch die Zusammenarbeit mit den Primärkassen sei gut. Der Entwurf für einen neuen Arzneiliefervertrag biete eine wirtschaftliche Grundlage für die künftige Arbeit und einige wichtige Verbesserungen in Details, z. B. bezüglich Retaxationen, Belieferungsfristen und Ausnahmen von der Genehmigungspflicht bei der Hilfsmittelversorgung an Wochenenden.
Doch habe die AOK Sachsen-Anhalt das Angebot des LAV für einen Vertrag über honorarfähige Screening- und Beratungsleistungen leider abgelehnt, obwohl so viel über Disease Management Programme (DMP) gesprochen werde. Unabhängig von der bisher ablehnenden Haltung der AOK werde der Verband sein Diabetes-Modell-Projekt in Richtung auf ein DMP umwandeln.
Im Rahmen des Modellversuches hatten 99 Apotheken im ersten Halbjahr dieses Jahres 2669 arzneimittelbezogene Probleme, 3333 Blutzucker-, 3510 Blutdruck- und 3418 Cholesterolmessungen und diverse weitere Dienstleistungen gemeldet. Dabei wurden 187 Personen zur Abklärung erhöhter Zuckerwerte zum Arzt verwiesen. So diene das Programm den Patienten und biete zugleich eine gute Möglichkeit, die Leistungen der Apotheken darzustellen.
Mit Daten überzeugen
Die Verordnungsdatenanalyse als Dienstleistung für Ärzte und KV gehört schon lange zum Angebot des LAV und des NARZ. Doch sollen die Daten künftig noch intensiver genutzt werden, wie Mathias Arnold, erster stellvertretender Vorsitzender des LAV, berichtete. Eine neu gegründete Arbeitsgruppe des LAV will Kriterien erstellen, nach denen die Daten strukturiert werden können.
Denn bisher liefert das NARZ die Daten in einer Rohfassung. Künftig sollen die Daten in Hinblick auf pharmazeutisch, medizinisch oder gesundheitspolitisch interessante Fragestellungen aufbereitet werden. Mit solchen Daten könne gegenüber Politikern weitaus treffender argumentiert werden als mit irgendwelchen Postulaten über den wissenschaftlichen Fortschritt. Als Ziel sollten die Daten in einer Form geliefert werden, die dem LAV selbst eine Auswertung ermöglicht.
Offene Fragen im geänderten Apothekengesetz
LAV-Geschäftsführer Matthias Clasen stellte die Arbeiten für die Internet-Homepage des LAV vor und erläuterte die jüngsten Änderungen des Apothekengesetzes. Die Homepage soll im November ans Netz gehen und sich primär an die Mitglieder wenden.
Über die Änderungen des Apothekengesetzes lägen nach nur zwei Monaten noch kaum Erfahrungen vor. Kernpunkte seien die bessere Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Apothekern bei der Versorgung von Zytostatikapatienten, die verbesserte Versorgung von Altenheimpatienten und die erweiterten Abgabemöglichkeiten der Krankenhausapotheken.
Für die Taxierung der Zytostatika gelte weiterhin die Hilfstaxe, doch sei die Preisbildung zwischen herstellender und abgebender Apotheke im Falle einer Auftragsherstellung nicht geregelt. Daher sei hier von einer freien Preisbildung auszugehen. Darüber hinaus enthalte das Gesetz noch einige auslegungsbedürftige Formulierungen, z. B. wie eine Anwendung "unmittelbar" am Patienten in der Krankenhausambulanz eingegrenzt werden soll und welche Arzneimittelmenge zur Überbrückung des Wochenendbedarfs angemessen sei.
Die Verblisterung bzw. das "Stellen" von Arzneimitteln vor der Abgabe sei weiterhin unzulässig. Nach der Abgabe müsse es als zusätzliche Leistung angemessen honoriert werden.
Letztlich stünden den Chancen für die verbesserte Patientenversorgung politische Risiken gegenüber. Die Trennung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung könne brechen. Außerdem drohe die Arzneimittelpreisverordnung durch die Versorgung ambulanter Patienten aus dem Krankenhaus aufzuweichen.
Kasten
"Das Trauma der Unterschriftensammlung lastet immer noch schwer auf dem Ministerium." Knut Vocke, Vorsitzender des Landesapothekerverbandes Sachsen-Anhalt
Der Landesapothekerverband Sachsen-Anhalt veranstaltete am 18. und 19. Oktober in Halle-Peißen seine 7. Wirtschaftstage. Die Inhalte der Vorträge und die Stimmung der Teilnehmer schwankten immer wieder zwischen Entsetzen über die wahrscheinlich vernichtenden Folgen eines möglichen Vorschaltgesetzes und dem Engagement für neue Versorgungsformen. Speziell die Apotheken in Sachsen-Anhalt bringen durch ihr Diabetes-Modell-Projekt gute Voraussetzungen für das Disease Management mit.
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.