Ernährung aktuell

Spezielle Sportlernahrung – sinnvoll oder unsinnig?

Der Markt für Sportlernahrung boomt; es ist kaum noch überschaubar, ob ein Produkt sinnvoll ist oder ob es nur den Geldbeutel belastet. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) bemühte sich im Rahmen der 9. Ernährungsfachtagung am 8. Oktober 2002 in Stuttgart-Hohenheim darum, aktuelle wissenschaftlich fundierte Zusammenhänge zwischen Ernährung und Sport aufzuzeigen.

Wie wichtig ein Mindestmaß an Sport und zugleich eine ausgewogene Ernährung für die Gesundheit sind, hat eine Vielzahl an kontrollierten Studien in den letzten Jahrzehnten bewiesen. Erfreulicherweise haben viele Deutsche dies mittlerweile verinnerlicht: Bereits ein Drittel der Bevölkerung ist Mitglied in einem Sportverein. Die Bereitschaft, etwas für die eigene Gesundheit zu tun, ist demnach durchaus vorhanden.

Hand in Hand mit dem steigenden Gesundheitsbewusstsein erfreuen sich auch Nahrungsergänzungsmittel und speziell die Sportlernahrung wachsender Beliebtheit; 1999 wurden für Sportlernahrung rund 95 Millionen Euro ausgegeben. Den übereinstimmenden Aussagen der Experten zufolge waren diese Ausgaben allerdings überflüssig: eine ausgewogene Ernährung deckt die Bedürfnisse eines Sportlers ausreichend, eine Leistungssteigerung wird ihrer Meinung nach nicht durch Zusatzstoffe erreicht.

Sport ist nicht gleich Sport

Körperliches Wohlbefinden und Gesundheit werden durch Sport und Ernährung maßgeblich beeinflusst. Ein Großteil der Energie, die durch Nahrung zugeführt wird, wird für die Umsetzung in Bewegungsabläufe benötigt – das gilt sowohl für den Sportler als auch für den "Nichtsportler". Insofern ist es für beide wichtig, auf eine ausgeglichene Energiebilanz zu achten.

Größere Abweichungen sollten in jegliche Richtung vermieden werden: Eine Überernährung führt zu Übergewicht mit den bekannten Folgen, eine Unterversorgung zieht dagegen zwangsläufig Nährstoffdefizite nach sich. Relevant wird das in Sportdisziplinen, die ein möglichst niedriges Gewicht fordern. Der Sportler wird dazu verleitet, gerade in den besonders anstrengenden Wettkampfzeiten zusätzlich ein paar Pfunde "herunterzuhungern". Ab einem gewissen Grad kann das durchaus als kritisch für die Leistungsfähigkeit und vor allem für die Gesundheit betrachtet werden.

Die körperlichen Anforderungen und damit auch die benötigten Energieumsätze sind nicht bei jedem Sportler gleich. Je nach Intensität, mit der eine Sportart betrieben wird, unterscheidet man zwischen Freizeitsport, Breitensport, Leistungssport und schließlich Hochleistungssport.

Eine Expertenkommission der Europäischen Union beschäftigt sich mit der Bedeutung und Zusammensetzung einer gezielten Ernährung im Sport. Sie hielt in ihrem Bericht verschiedene Nährstoffgruppen und Nährstoffzusammensetzungen für wichtig, den Körper leistungsfähig zu erhalten. Für den Freizeit- und den Breitensport befindet die Expertenkommission eine normale, ausgewogene Ernährung als vollkommen ausreichend.

Erst im Bereich des Leistungssports, wo im Extremfall Tagesmehrumsätze von ca. 6000 kcal möglich sein können, kann eine gezielte Ernährung, die durch eine durchdachte Zusammensetzung an Nahrungsmitteln erreicht wird, notwendig sein. Ziel sollte es in jedem Fall sein, die zusätzliche Energie, die der Körper durch den Sport verbraucht, mithilfe einer ausgewogenen Ernährung zu ergänzen.

Vielseitige Ernährung schafft Vorteile ...

Es kann durchaus eine Leistungssteigerung erreicht werden, wenn die Ernährung eines Sportlers auf verschiedene Phasen wie Training, Wettkampf und Regeneration zugeschnitten ist. Vor allem zwei Grundsätze gilt es zu befolgen: Zum einen ist auf eine rechtzeitige und ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu achten, zum anderen ist es wichtig, die Kohlenhydratspeicher als Energielieferanten aufzufüllen und zu erhalten.

Qualitativ ist die fitnessfördernde Ernährung der gesundheitsfördernden Ernährung gleichzusetzen:

  • Im Vordergrund steht die Aufnahme von Kohlenhydraten, während gleichzeitig die Fettzufuhr kontrolliert werden sollte. Kohlenhydrate beeinflussen die Glycogensynthese positiv; insbesondere bei wiederholter Belastung ist ein ausgeglichener Glycogenhaushalt wichtig. Kohlenhydrate werden am besten ausreichend lange vor, während (z. B. in Form von Getränken) und nach der Belastung zugeführt. Für die "Nudelparty" ist es am Abend vor dem Marathonlauf eigentlich schon zu spät.
  • Ebenfalls gilt es zu beachten, qualitativ hochwertiges Eiweiß zu verwenden. Das oftmals vernachlässigte pflanzliche Eiweiß bietet Vorteile, zumal hier gleichzeitig Kohlenhydrate geliefert werden (v. a. in Form von Getreide).
  • Bei der Wahl der Lebensmittel sind jene zu bevorzugen, die ein günstiges Verhältnis von Vitaminen und Mineralstoffen zum Energiegehalt aufweisen und somit über eine hohe Nährstoffdichte verfügen. Die bundesweite Kampagne "5-am-Tag", die dazu auffordert, fünf Portionen Obst und Gemüse pro Tag zu verzehren, kommt dieser Bedingung sehr entgegen.
  • Bei der Wahl der Getränke ist sowohl auf eine ausreichende Menge als auch auf die richtige Zusammensetzung zu achten. Gerade Sportlerinnen meiden oft die vermehrte Flüssigkeitsaufnahme aus Angst, häufiger zur Toilette zu müssen. Tatsache ist jedoch, dass ein Großteil der Flüssigkeit durch den Schweiß wieder verloren geht.
  • Die allgemeingültige Regel, lieber mehrmals kleine Portionen zu sich zu nehmen, als drei große Mahlzeiten zu verzehren, gilt in besonderem Maße für Sportler. Am besten werden die Mahlzeiten in sieben bis acht kleine Portionen über den Tag verteilt, angepasst an die jeweiligen Anforderungen und Möglichkeiten der betreffenden Sportart.

... die Betonung einzelner Nährstoffe nicht

Eine gesunde Ernährung sollte sich aus mindestens 55 bis 65 Energieprozent Kohlenhydraten, höchstens 25 bis 30 Energieprozent Fett und 10 bis 15 Energieprozent Eiweiß zusammensetzen. Der Alkoholkonsum sollte bei null liegen, da sich durch den Alkohol das Auffüllen der Glycogenspeicher bis zu 72 Stunden verzögert.

Dass Sport nicht gleichbedeutend mit gesunder Ernährung ist, beweisen Durchschnittswerte aus ca. 200 Ernährungsprotokollen von Leistungssportlern: Die Kohlenhydrate liegen im Schnitt bei 40 bis 45 Energieprozent, die Fette bei 38 bis 42 Energieprozent und die Proteine zwischen 12 und 20 Energieprozent. Interessanterweise ist der Alkoholkonsum in Einzelsportarten wie beispielsweise Schwimmen sehr gering, wogegen er in Mannschaftssportarten wie Fußball nahezu zehn Energieprozent bestreitet.

Ein weit verbreiteter Irrglaube ist die Annahme, dass allen voran die Kraftsportler für einen vermehrten Muskelaufbau zusätzlich Eiweiß zuführen müssten. Im Vergleich zum Durchschnittsmenschen hat der Kraftsportler tatsächlich einen Mehrbedarf an Proteinen von 10 bis 20 Prozent, der Ausdauersportler sogar 60 bis 70 Prozent.

Die Empfehlung für Sportler liegt bei täglich 1,2 bis 1,4 g Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht, einige Wissenschaftler gehen sogar deutlich tiefer mit ihren Angaben. Eine Zufuhr von täglich mehr als 2 g Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht gilt als nicht mehr vertretbar. Die geforderten Mengen werden in der Regel problemlos schon ohne den Einsatz von Eiweißkonzentraten erreicht: "Im Prinzip fehlt uns der Sport und nicht das Eiweiß" brachte Prof. Dr. Michael Hamm, Hochschule für angewandte Wissenschaften in Hamburg, die Situation in Deutschland auf den Punkt.

Es ist bekannt, dass Sportler durch die stärkere körperliche Belastung vermehrt unter oxidativem Stress leiden. Deshalb werden auch etwas erhöhte "Schutzkonzentrationen" der antioxidativen Vitamine C und E sowie Betacarotin für Athleten empfohlen. Allerdings gilt auch hier: die Zufuhr sollte in Form von Obst und Gemüse erfolgen und nicht in Form von Tabletten, zumal mittlerweile bekannt ist, dass Vitamine – gerade Vitamin E und Betacarotin – auch überdosiert werden können.

Sport setzt natürliche Reize, die den menschlichen Körper bei regelmäßigem Training entsprechende Schutzmechanismen entwickeln lassen. In Tierversuchen wiesen zwar die Mäuse, die zusätzlich zur körperlichen Betätigung Vitamin E erhielten, verminderten oxidativen Stress auf, am Endpunkt der Studie litten sie jedoch stärker an Artheriosklerose als diejenigen Artgenossen, die kein Vitamin E zusätzlich zum "Sport" erhielten.

Flüssigkeitszufuhr von essenzieller Bedeutung

Sport ist eine schweißtreibende Angelegenheit – zwischen ein bis vier Kilogramm Flüssigkeit kann der menschliche Körper je nach Trainingszustand, Sportart und -dauer und auch Umgebungstemperatur verlieren. Außer der Flüssigkeit verliert der Körper auch Mineralien: Natrium, Kalium, Calcium und Magnesium sind vor allem betroffen.

Da Schweiß hypoton ist, kommt es bei starkem Schwitzen im Plasma zu einem relativen Anstieg der Osmolarität. Um diesen Problemen adäquat zu begegnen, sollten die Getränke, die der Sportler zu sich nimmt, die verlorene Flüssigkeit möglichst rasch ergänzen, zudem schnell verfügbare Kohlenhydrate enthalten und schließlich die verlorenen Elektrolyte ersetzen.

Es ist generell fraglich, ob fertige, speziell zusammengesetzte – zumeist entsprechend teuere – Getränke wirklich erforderlich sind. Liegt die Zeitdauer der sportlichen Betätigung unterhalb einer Stunde, ist reines Wasser als Getränk völlig ausreichend. Erst bei länger andauernder Aktivität sollte das Getränk leicht kohlenhydrathaltig sein. Hier bieten sich Glucose, Saccharose und Maltodextrin an.

Um eine schnelle Rehydratation zu erreichen, darf – entgegen der lange gehegten Meinung – der Natriumgehalt nicht zu niedrig angesetzt sein. Isotone, allenfalls leicht hypotone Getränke sind zu bevorzugen. Für Freizeit- oder Breitensportler ist die Saftschorle – ein Teil Saft und drei bis vier Teile Wasser – nach wie vor eine gute Alternative. Einzig für den Leistungssportler können die Sportlergetränke von Vorteil sein.

Bei einer Bewertung von 22 "Sportlergetränken", die Ökotest im Jahr 2000 veranlasste, wurden drei als eingeschränkt, sieben als weniger und zwölf als nicht empfehlenswert eingestuft. Zwar orientierte sich der Gehalt an Kohlenhydraten zumeist an den wissenschaftlichen Empfehlungen, unsinnig erscheint jedoch der Zusatz von Süßstoffen in den "Light-Produkten", da doch schnellverfügbare Kohlenhydrate erwünscht sind.

Der Gehalt an Kalium und Magnesium lag zumeist oberhalb der Richtlinien, Calcium war oft gar nicht enthalten. Ein sehr niedriger Gehalt an Natrium wurde negativ bewertet. Auffallend war, dass die Mehrzahl der Getränke hypertone Eigenschaften besaß. Für die Anwesenheit von zusätzlichen Vitaminen, die fast alle Getränke vorwiesen, gibt es keine wissenschaftlich begründete Notwendigkeit.

Sind ergogene Substrate sinnvoll?

Die Frage, ob einzelne, hochdosierte Nährstoffe in der Lage sind, die Leistungen eines Sportlers zu verbessern, interessiert die Wissenschaftler schon seit langem. Die Athleten erhoffen sich mit Hilfe dieser "ergogenen Substrate" ihre Energiereserven zu verbessern, mehr Muskelmasse aufzubauen, Entzündungsreaktionen besser zu begegnen und sportbedingte Zellschäden vermindern zu können. Mögliche Kandidaten sind Kreatin, L-Carnitin, Konjugierte Linolsäuren (CLA), verzweigtkettige Aminosäuren, Gelatine und Coenzym Q 10, um nur einige zu nennen.

Für die meisten der genannten Substanzen existieren keine wissenschaftlich fundierten Belege. Falls überhaupt Studien vorliegen, sind diese oft widersprüchlich oder raten gar von dem Gebrauch der jeweiligen Substanz ab. Einzig bei Kreatin wurden im Fall wiederholter, hochintensiver sportlicher Betätigung Erfolge festgestellt. Allerdings galt das nur für Sportler, deren initiale Kreatinkonzentration in den Muskeln sehr niedrig war.

Für eine längerfristige Anwendung eignet sich Kreatin in keinem Fall, es wurden Wassereinlagerungen in Muskelzellen beobachtet, die zu Gewichtszunahme aber auch zu erhöhtem Verletzungsrisiko führten. Zusätzlich können Muskelkrämpfe und Diarrhö auftreten, in einem Fall kam es nach längerfristiger Einnahme (vier Wochen) sogar zu akutem Nierenversagen.

Allgemein sollte daher eine Empfehlung ergogener Substanzen kritisch betrachtet werden. Häufig fehlen auf den entsprechenden Produkten Angaben zur Qualität (z. B. hygienische Unbedenklichkeit, frei von Begleitstoffe mit möglicherweise dopingähnlicher Wirkung), so dass unter Umständen mehr Schaden als Nutzen erzielt wird.

Einzelrichtlinie für Sportlerlebensmittel geplant

Auch wenn die Begriffe fälschlicherweise häufig vermischt werden, gehören Nahrungsergänzungsmittel und Sportlernahrung aus rechtlicher Sicht nicht derselben Gruppe an. Während Nahrungsergänzungsmittel vor kurzem als "Lebensmittel des allgemeinen Verzehrs" in einer speziellen Richtlinie EU-weit geregelt wurden, sind Sportlerlebensmittel bislang den diätetischen Lebensmitteln zugeordnet. Es wird jedoch bereits an einer entsprechenden Einzelrichtlinie gearbeitet.

Nach einer ausgiebigen Literaturrecherche bestätigte die Expertenkommission der EU, dass für den Sportler eine ausgewogene Ernährung die beste Grundlage für Erfolg darstellt. Da diese aus Zeitnot oder Bequemlichkeit häufig zu kurz kommt, erhalten bestimmte Sportlerlebensmittel dennoch ihre Berechtigung. Sie sind jedoch nicht für den Normalverbraucher konzipiert, sondern ausschließlich für den Hochleistungssportler bestimmt. Wie die Reglementierung der Sportlerlebensmittel im einzelnen vonstatten geht, wird gerade auf EU-Ebene diskutiert. Beispielsweise sollen – wie auch bei den Nahrungsergänzungsmitteln – obere Grenzwerte für die Mengen der einzelnen Nährstoffe festgelegt werden.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Voraussetzung für eine ausreichende, gesunde Ernährung für alle Menschen gleich ist – Sportler oder nicht. "Sportgerechte Ernährung heißt Ernährung nach der Lebensmittelpyramide", so ein Fazit des Symposiums. Die Aussage aller Referenten stimmte darin überein, dass ein Athlet bei optimaler Ernährungslage durch zusätzliche Nährstoffzufuhr keine Leistungsverbesserung erreiche.

Aus wissenschaftlicher Sicht seien viele der angebotenen Nahrungsergänzungen und Sportlernahrungen nicht sinnvoll, zudem ungenügend untersucht und nicht ausreichend gekennzeichnet. Vereinzelt mögen sie im Hochleistungssport sinnvoll sein, in jedem Fall sei ihre Zusammensetzung zuvor kritisch zu hinterfragen.

Quelle:

Nach Vorträgen von Prof. Dr. Aloys Berg, Freiburg; Prof. Dr. Michael Hamm, Hamburg; Prof. Dr. Peter Stehle, Bonn; Prof. Dr. Burckhard Viell, Berlin; Symposium "Power auf Dauer – Sport und Ernährung", Stuttgart-Hohenheim, 8. Oktober 2002, 9. Ernährungsfachtagung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. Sektion Baden-Württemberg.

Der Markt für Sportlernahrung boomt; es ist kaum noch überschaubar, ob ein Produkt sinnvoll ist oder ob es nur den Geldbeutel belastet. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) bemühte sich im Rahmen der 9. Ernährungsfachtagung am 8. Oktober 2002 in Stuttgart-Hohenheim darum, aktuelle wissenschaftlich fundierte Zusammenhänge zwischen Ernährung und Sport aufzuzeigen.

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