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Arzneimittel und Therapie
"Wundermittel": DHEA - ein Hormon mit vielfältigen Wirkungen
Die Behandlung mit DHEA wurde oder wird bei verschiedenen Indikationen klinisch untersucht. Dazu gehören Lupus erythematodes, Diabetes, Depressionen, nachlassende sexuelle Leistungsfähigkeit und Verbrennungen. Für keine dieser Indikationen ist DHEA bisher als Arzneimittel zugelassen.
In Deutschland ist nur das Arzneimittel Gynodian Depot fiktiv zugelassen, das DHEA in Kombination mit Estradiol enthält und der Behandlung von klimakterischen Beschwerden dient."Nahrungsergänzungen" mit DHEA sind in Deutschland nicht verkehrsfähig, da sie als nicht zugelassene Arzneimittel gelten.
Die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA wies vor zehn Jahren ein Unternehmen an, das DHEA zur Gewichtsabnahme auf dem Markt hatte, den Verkauf einzustellen, und stufte DHEA als neues, nicht genehmigtes und rezeptpflichtiges Arzneimittel ein. Im Jahr 1994 wurde DHEA dann erneut eingestuft, und zwar als Nahrungsergänzungsmittel, was seitdem in den USA einen rezeptfreien Verkauf ermöglicht.
Im Alter sinkt der DHEA-Spiegel
Wenn Menschen altern, verändert sich auch der Stoffwechsel. Unter anderem lässt die endogene Produktion von DHEA und seinem Sulfat nach: 60-Jährige haben im Vergleich zu jungen Menschen nur noch ein Fünftel der Menge an DHEA im Blut. Bei Nebennierenrinden-Insuffizienz, bei Autoimmunerkrankungen, unter Immunsuppression und bei chronischen Intensivpatienten sind die DHEA-Plasmakonzentrationen ebenfalls erniedrigt. Auch Raucher oder Ex-Raucher haben häufig relativ wenig DHEA im Blut.
Durch Stress wird der DHEA-Haushalt empfindlich gestört. In Stress-Situationen produziert der Körper übermäßig viel Cortisol, wodurch die DHEA-Produktion abnimmt. Das Hormon Cortisol wirkt sich in zu hoher Konzentration schädigend auf bestimmte Gehirnzellen aus, so dass besonders die Gedächtnisleistung unter Stress auf Dauer zurückgeht.
Weitere Faktoren, die sich negativ auf den DHEA-Haushalt auswirken, sind starkes Übergewicht, falsche Ernährung, manche Arzneimittel und einige Tumorerkrankungen.Wie andere Substanzen, die im Alter vermindert gebildet werden, beispielsweise Melatonin, soll auch DHEA vor dem Altern schützen, wenn es von außen zugeführt wird.
Das Hormon gilt als "Jungbrunnen" schlechthin, der das Altern aufhält und senilen Herren zur Libido von Zwanzigjährigen zurückverhilft. Bodybuildern wird DHEA etwa ab dem 35. Lebensjahr empfohlen, weil es körperlich und geistig jünger machen soll.
Beweise für diese "Anti-aging"-Eigenschaften gibt es bis heute allerdings nicht. Möglicherweise ist der Abfall des DHEA-Spiegels eine Reaktion auf andere Prozesse im Körper und hat sogar eine Schutzfunktion. Deshalb ist es denkbar, dass die Zufuhr des Hormons bei älteren Menschen auch schädlich wirken kann.
Einfluss auf den Hormonhaushalt
Das Steroidhormon DHEA wird in den Nebennierenrinden aus Cholesterol synthetisiert und nach Bedarf in zahlreiche andere Hormone umgewandelt. Zwei der wichtigsten Hormone, die aus DHEA entstehen, sind Testosteron und Östrogen. Außerdem kann DHEA reversibel zum entsprechenden Dehydroepiandrosteronsulfat (DHEAS) verestert werden, das wahrscheinlich als Speicherform für DHEA dient.
Bei Männern wird DHEAS in den Testes, bei Frauen in den Follikeln durch eine Sulfatase wieder zu DHEA umgewandelt. Dieser Umbau wird durch einen Feedback-Mechanismus reguliert. Für DHEA selbst konnten bis heute weder ein eigener Rezeptor noch direkte Hormonwirkungen nachgewiesen werden. Die Substanz wirkt jedoch auf den Hormonhaushalt und beeinflusst die Wirkung anderer Steroidhormone. Außerdem spielt DHEA als Neurosteroid an GABA- und Sigma-Rezeptoren eine Rolle im ZNS.
Viele Einsatzmöglichkeiten sind denkbar
Wegen seiner neurotropen, androgenen und immunregulatorischen Wirkungen ist für das Hormon eine Vielzahl von klinischen Einsatzmöglichkeiten denkbar. Dazu gehören neben der Wirkung gegen das Altern der Einsatz bei Fettleibigkeit und eine Wirkung gegen den Krebs. Außerdem soll DHEA das Nervenzellwachstum stabilisieren, und es wird bei Alzheimer-Patienten getestet. Als weitere mögliche Einsatzgebiete des Hormons werden Stress, Bluthochdruck sowie virale und bakterielle Infektionen genannt. Für viele dieser Indikationen liegen mittlerweile mehr oder weniger aussagekräftige Daten vor.
Als hochwirksames Steroidhormon birgt DHEA aber auch ein Potenzial für weitreichende Nebenwirkungen. Vor allem kann es den Hormonhaushalt stören. So kann es bei Tagesdosen von mehr als 25 mg zu androgenen Nebenwirkungen wie Seborrhö, unreiner Haut und vermehrtem Schwitzen kommen.
Darüber hinaus können bei Frauen Menstruationsstörungen, emotionale Veränderungen, Kopfschmerzen und Schlafstörungen auftreten. Auch wurden Fettstoffwechselstörungen und ein vorübergehender Anstieg von Leberenzymen beschrieben. Einige Studien lassen sogar auf ein erhöhtes Krebsrisiko - insbesondere von Leber- und Brustkrebs - und eine Begünstigung des Wachstums von Tumoren schließen.
Die Zufuhr in den Tierversuchen ist zu hoch
Mit einer Zufuhr von täglich 25 bis 50 mg DHEA (entsprechend 0,5 bis 1 mg/kg Körpergewicht) können Blutspiegel erreicht werden, die denen junger Menschen entsprechen. In den klinischen Studien wurden beim Menschen Dosierungen von 0,1 bis 40 mg/kg Körpergewicht pro Tag eingesetzt.
In Tierversuchen war die Dosis teilweise sehr viel höher. Außerdem bilden Ratten und Mäuse - im Gegensatz zum Menschen - DHEA in wesentlich geringeren Mengen. Deshalb sollten Ergebnisse, die in Tierversuchen mit DHEA erzielt wurden, immer besonders kritisch betrachtet werden, da sie kaum auf den Menschen übertragbar sind. Das gilt auch für Versuche, nach deren Ergebnissen DHEA vor Diabetes, Krebs oder Herzinfarkt schützen soll.
In einem Experiment mit Ratten, die eine hoch fetthaltige Diät erhielten, schützte DHEA vor einer Zunahme des Körpergewichts. In einer Studie mit fettleibigen jungen Männern zeigte sich mit 1600 mg DHEA täglich jedoch kein Effekt, auch nicht auf die Blutfettwerte.
Einige Ärzte in USA sind von den Tierversuchen jedoch so begeistert, dass sie nicht länger warten wollen, ob DHEA als Medikament zugelassen wird: Sie nehmen es selbst und verordnen es Tausenden von Patienten - ohne dass positive Wirkungen beim Menschen belegt wären.
Sehr wohl belegt sind dagegen negative Wirkungen im Tierversuch. So kann das Hormon bei Nagetieren Leberkrebs hervorrufen. Dies wird auf eine erhöhte Teilungsrate der Peroxisomen zurückgeführt, die aufgrund biochemischer Unterschiede beim Menschen jedoch nicht auftreten soll. Bei jungen Mäusen, die zu spontanen Tumoren der Eierstöcke neigen, vervielfachte niedrig dosiertes DHEA die Tumorrate.
Hormonsubstitution nach der Menopause
Ein naheliegendes Einsatzgebiet für DHEA ist die Hormonsubstitution bei alternden Frauen und Männern. So wurde zum Beispiel der Einsatz von DHEA bei Frauen mit Nebennierenrinden-Insuffizienz untersucht. Diese Frauen bildeten zu wenig endogenes DHEA. Hier verbesserte sich durch die Substitution mit 50 mg DHEA täglich das Wohlbefinden deutlich. Die Frauen der Behandlungsgruppe waren signifikant weniger depressiv, auch die Sexualität verbesserte sich. Diese Verbesserungen waren direkt mit dem Anstieg der Plasmaspiegel von DHEA verbunden und verschwanden wieder nach dem Behandlungsende. Bei diesen Patientinnen könnte die sonst übliche Therapie mit männlichen Sexualhormonen vielleicht durch die wesentlich nebenwirkungsärmere DHEA-Therapie ersetzt werden. Eine allgemeine Empfehlung für gesunde alternde Menschen kann jedoch nicht ausgesprochen werden.
Wirkungenauf das Immunsystem
In experimentellen Arbeiten wurden verschiedene Effekte von DHEA auf das Immunsystem beschrieben. Die wenigen vorliegenden klinischen Studien lieferten widersprüchliche Daten. In einer Studie wurde DHEA zum Beispiel vor einer Impfung gegen Influenza oder Tetanus oral eingenommen. Dadurch ließ sich die Impfreaktion verbessern: Die so behandelten Personen entwickelten nach der Impfung deutlich höhere Antikörpertiter als Personen, die kein DHEA eingenommen hatten.
Lupus erythematodes
Im Zusammenhang mit der möglichen Wirkung auf das Immunsystem wurde der Einsatz von DHEA auch bei verschiedenen Autoimmunkrankheiten erprobt. Eine gut untersuchte Erkrankung ist der Lupus erythematodes. Diese chronische Autoimmunkrankheit betrifft verschiedene Körperfunktionen.
In einer Studie mit 50 Patienten mit Lupus erythematodes konnte durch die Supplementation mit DHEA die Krankheitsaktivität signifikant gesenkt werden, ebenso in einer weiteren mit 10 Patientinnen. Dazu wurden täglich 200 mg DHEA oral über 36 Monate eingenommen. In diesen Studien wurde DHEA gut vertragen; die einzige Nebenwirkung war eine milde akneartige Dermatitis.
Chronisches Müdigkeitssyndrom und Depression
Auch das chronischen Müdigkeitssyndrom könnte mit Störungen des Immunsystems in Zusammenhang stehen, und Menschen, die unter diesem Syndrom leiden, weisen meistens niedrige DHEA-Spiegel auf.
In eine randomisierte doppelblinde Studie wurden 39 Patienten mit chronischem Müdigkeitssyndrom und niedrigen DHEA-Spiegeln eingeschlossen. Die DHEA-Substitution verbesserte ihre Beschwerden, wie auch ihre Stimmung und ihr Wohlbefinden.
Weitere Indikationen
DHEA wird derzeit in zahlreichen kleineren Studien an Patienten mit unterschiedlichen Erkrankungen geprüft. Die Ergebnisse sind jedoch bis heute nicht überzeugend und widersprechen sich häufig. Untersuchungen existieren zum Beispiel bei:
- Atherosklerose: Eine japanische Studie mit 990 Erwachsenen zeigte, dass hohe DHEA-Spiegel im Serum vor der Atherosklerose schützen könnten.
- Osteoporose: In einer Studie mit 14 menopausalen Frauen war durch die Behandlung mit DHEA die Knochenmineraldichte nach 12 Monaten signifikant angestiegen.
- Brustkrebs: In Studien aus England wurde ein abnormal niedriger DHEA-Spiegel bei Frauen mit Brustkrebs gefunden, der teilweise bereits neun Jahre vor der Diagnose erniedrigt war. Von den 5000 Frauen, die in dieser Studie beobachtet worden waren, entwickelten 27 Krebs, die meisten von ihnen hatten niedrige DHEA-Spiegel.
- Diabetes mellitus: DHEA (25 - 50 mg täglich) verbesserte in einigen Studien die Insulinempfindlichkeit bei Diabetikern und senkte die Serum-Triglyceride, die Cholesterin- und die HDL-Spiegel.
Kastentexte
DHEA ist in Deutschland nicht verkehrsfähig
"Nahrungsergänzungen" mit DHEA sind in Deutschland nach Aussage der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (DAZ 29/01, S. 10) nicht verkehrsfähig, da sie als nicht zugelassene Arzneimittel gelten.
Apotheken können DHEA-haltige Produkte allenfalls nach Paragraph 73 Absatz 3 AMG auf ärztliche Verordnung importieren. Nach diesem Gesetz dürfen Fertigarzneimittel, die nicht zum Verkehr im Geltungsbereich des AMG zugelassen oder registriert sind, auf ärztliche Verschreibung von Apotheken importiert werden, wenn sie im Herkunftsland in Verkehr gebracht werden dürfen.
Diese importierten Arzneimittel unterliegen dann nicht den staatlichen Prüfungen und nicht der Gefährdungshaftung durch den Hersteller. Daher treffen Arzt und Apotheker ein erhöhtes Haftungsrisiko. Der Apotheker muss darauf achten, dass die grundlegenden Anforderungen an die Arzneimittelsicherheit erfüllt sind und er muss sich vor dem Import genau über das Arzneimittel informieren und auch dem Arzt oder Patienten mögliche Risiken mitteilen
Wirkstoffe, die vor dem Altern schützen sollen, sind immer aktuell. Bereits seit einigen Jahren ist DHEA als Wundermittel gegen Alterserscheinungen in der Diskussion. Die Substanz soll außerdem bei Depressionen, Fettleibigkeit und gegen Krebs wirksam sein. Als hochwirksames Steroidhormon birgt DHEA aber auch ein Potenzial für Nebenwirkungen. Bisher liegen jedoch nur die Ergebnisse von Tierversuchen und von kleinen klinischen Studien vor, die teilweise sogar widersprüchlich sind.
6 Kommentare
DHEA
von Zoltan Pataki am 07.09.2019 um 12:54 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: DHEA
von Marcela am 03.11.2019 um 22:23 Uhr
Dhea
von Siss Malcharek am 21.05.2019 um 9:30 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 3 Antworten
AW: Dhea
von Misi am 30.05.2019 um 16:10 Uhr
AW: Dhea
von Nina am 13.06.2019 um 18:19 Uhr
AW: Dhea
von Marcela am 03.11.2019 um 22:21 Uhr
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