Fachliteratur

Frauen in der Pharmazie

Bekannt waren bisher sogenannte "Drei-Männer-Bücher" wie beispielsweise der "Karsten/Weber/Stahl" oder andere Prachtexemplare multiplen Männlichkeitswahns. Dies suchen die Autorinnen des vorliegenden Buches nun zu übertreffen und schufen ein "Fünf-Frauen-Buch", dessen Genese, es soll gerechterweise erwähnt werden, auf eine Wanderausstellung zurückgeht, die 1999 erstmals der Berufsöffentlichkeit vorgestellt wurde.

Zu Recht versehen die Autorinnen das erste Kapitel ihres Buches mit der Überschrift "Mythen und Legenden", denn hier taucht die unverwüstliche Hildegard von Bingen ebenso auf wie die unvermeidliche "Apothekerin im Schloss".

Kenner der Sozialstruktur der frühen Neuzeit wissen allerdings, dass sich diese "Apothekerinnen im Schloss" außerhalb der städtisch-ständischen Normen, die nur Männer zum Apothekerberuf zuließen, bewegten. Der frühneuzeitliche Adel orientierte sich kaum an "bürgerlichen" Normen – vielmehr war es der Hof, der im späten 16. und 17. Jahrhundert die Gesellschaft prägte. Trotz dieser Vorbildfunktion des Hofes fanden Frauen aufgrund der fehlenden Berufsausbildung und -zulassung in "bürgerlichen" Apotheken keine Anstellung als Apothekerinnen, wohl aber als mit-helfende Ehefrauen oder Mägde.

Anders verhält es sich in der Tat bei den von den Autorinnen angeführten Hebammen, die einen ehrbaren Frauenberuf ausübten, der allerdings strengen Regeln unterlag. Eine wiederum völlig andere Lage findet man bei den Unterschichten, die von "heilkundigen", aber unprofessionellen Frauen mit Arzneimittel versorgt wurden.

Im folgenden Kapitel beschreiben die Autorinnen die "Klosterapothekerinnen" des 17. und 18. Jahrhunderts, die nach der Säkularisation zu Beginn des 19. Jahrhunderts keine Rolle mehr spielten. Hingegen findet man im 19. Jahrhundert in Diakonissen-Krankenhäusern wiederum "Apothekerinnen" – ein bisher nur wenig untersuchtes Phänomen.

Erst die Bildungsideale des späten 19. Jahrhunderts ermöglichten Frauen den Zugang zu Schulen und den bisher allein den Männern vorbehaltenen Berufen. Neben den aus der neuen "Mittelschicht" stammenden Sekretärinnen, "Fräuleins vom Amt" und Buchhalterinnen strebten nun auch die Töchter "besserer Kreise" in Männerberufe, wobei sie das Studium der Medizin und Pharmazie vielleicht unter dem Einfluss des neuen Berufes "Krankenschwester" bevorzugten.

Hier mangelt es an einschlägigen Studien, die die Autorinnen durch geschickt ausgewählte "Lebensbilder" von frühen "studierten" Apothekerinnen zu ersetzen suchen. Zu knapp wird die Situation der in der Apotheke beschäftigten Apothekerinnen und "Helferinnen" nach dem Ersten Weltkrieg dargestellt, zumal die Nationalsozialisten unter Berufung auf ihr Idealbild der "Deutschen Frau" einen Verdrängungsfeldzug zu ungunsten des weiblichen Apothekenpersonals organisierten.

Die Situation der Apothekerinnen im "Dritten Reich" stellen die Autorinnen hingegen ausführlich dar, wobei auch die Vertreibung und Vernichtung jüdischer Apothekerinnen nicht vergessen wird.

Die Leistungen, die Apothekerinnen, aber auch Helferinnen, während des Zweiten Weltkrieges erbracht haben, werden gewürdigt, und in manchen Zitaten der Gegensatz zwischen der nationalsozialistischen Ideologie und der Wirklichkeit des Krieges mit seinen zum Teil verheerenden Bombenangriffen deutlich gemacht.

Konsequenterweise schildern die Autorinnen die historische Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik getrennt. Dabei legen die Autorinnen den Schwerpunkt auf die Emanzipation der Apothekerinnen in beiden deutschen Staaten, wobei die unterprivilegierte Stellung der Helferinnen in der BRD, die bei den Facharbeitern der DDR nicht so sehr ins Gewicht fiel, weitgehend ausgespart wird.

Das Unterkapitel "Die Apotheken" hätte das Kapitel "Zwischen Emanzipation und Dreifachbelastung – Apothekerinnen in der DDR" einleiten sollen, zumal eine Geschichte der Pharmazie in der DDR bis heute Desiderat ist.

Wer wollte das letzte Kapitel der Autorinnen: "Ein Jubiläum und 100 rote Rosen", in dem sie die Erfolge der Frauen in der Pharmazie zu Recht feiern, kritisieren? Der Apothekerberuf wird heute, statistisch gesehen, von Frauen dominiert. Aber war er, wie der Untertitel des Buches "Die Geschichte eines Frauenberufes" suggeriert, wirklich immer ein "Frauenberuf"? Historisch gesehen sicherlich nicht vor 1899!

Trotz dieses plakativen Versuchs einer historischen Umdeutung sollte jeder Leser dieses Buches den Autorinnen für ihre solide historiographische Arbeit 100 rote Rosen schenken – aber bitte nur Herren!

Frauen in der Pharmazie. Die Geschichte eines Frauenberufes. Von Gabriele Beisswanger, Gudrun Hahn, Evelyn Seibert, Ildikó Szász, Christl Trischler. VIII, 128 Seiten, 119 Abbildungen. Deutscher Apotheker-Verlag, Stuttgart 2001. Euro 19,80. ISBN 3-7692-2905-3

Wolf-Dieter Müller-Jahncke, Kirchen/Sieg

Arzneimittelqualität

In der Reihe "Materialien für die Weiterbildung" ist ein weiterer Band erschienen, der eine wertvolle Hilfe für Apotheker und PTA sein will, um die Weichen für höchstmögliche Arzneimittelqualität und -sicherheit richtig zu stellen.Das Buch ist in 4 Kapitel eingeteilt: 1. Ausgangsstoffe und Arzneimittelqualität 2. Entwicklung eines neuen Arzneimittels 3. Herstellung von Arzneimitteln 4. Stabilität von Arzneimitteln

Ein Tip vorab: Zu jedem Kapitel werden eine Reihe von Aufgaben gestellt, die Sie vor der Lektüre des Buches beantworten sollten. Egal ob Sie in einer Apotheke oder in der Industrie arbeiten: Sollten Sie nicht auf Anhieb alle Fragen beantworten können, so empfehle ich Ihnen das intensive Studium dieses Buches! Da ich sicher bin, daß nur wenige auf Anhieb auch nur einen Großteil der Fragen beantworten können, empfiehlt sich natürlich der Kauf dieses Buches.

Die einzelnen Kapitel verschaffen nicht nur dem Apotheker in der öffentlichen Apotheke einen Überblick über wichtige Zusammenhänge: Von der richtigen Beurteilung der Ausgangsstoffe über die Entwicklung eines neuen Arzneimittels zur Herstellung von Arzneimitteln und einen Überblick über die Rahmenbedingungen der Stabilität von Arzneimitteln.

Wichtig sind zum Beispiel die Lagerungshinweise für europäische Neuzulassungen ab Juli 1998, die bereits auch für national zugelassene oder sich in Zulassung befindliche Arzneimittel durchschlagen. Gerade der Apotheker in der öffentlichen Apotheke sollte die Zusammenhänge der entsprechenden Lagerungshinweise auf Arzneimitteln kennen, um Patienten sachgerecht informieren zu können. Auch die Aufzählung von typischen Stabilitäts- und Qualitätsmängeln sind eine wertvolle Hilfe für die tägliche Praxis in der Apotheke.

Den Autoren ist es gelungen, eine praxisorientierte und für den Alltag praktikable Hilfestellung zu geben, um über das komplexe Thema "Qualität" von Arzneimitteln einen guten Überblick mit dem Schwerpunkt für die Offizin zu erhalten.

Auch das zunächst nicht zu umfangreich erscheinende Literaturverzeichnis entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als wertvolle Anleitung für eigene Studien im Internet.

Einzelne Kapitel werden sicherlich in der Industrie mit einem erheblich größeren Umfang abgearbeitet, aber gerade die Kürze und die praktische Aufarbeitung durch entsprechende Fragen machen diese Kapitel auch für die Industrie so wertvoll. Mit Hilfe dieser Fragen könnte zum Beispiel eine Mitarbeiterschulung durchgeführt werden.

Dem Buch wünsche ich nicht nur im Rahmen der Weiterbildung zum Fachapotheker eine große Verbreitung, sondern sehe darin eine Chance, insbesondere fachfremde Quereinsteiger in der pharmazeutischen Industrie kurz und prägnant über Arzneimittelqualität, vom Ausgangsstoff zum Fertigarzneimittel, zu informieren.

Arzneimittelqualität. Vom Ausgangsstoff zum Arzneimittel. Von Peter Hauser und Iris Milek. VIII, 88 Seiten mit Abbildungen. "Materialien für die Weiterbildung" Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2002. Euro 34,–. ISBN 3-7692-2888-4

Dr. Günther Hanke, Heilbronn

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