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- DAZ 12/2003
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Arzneimittel und Therapie
Darmtumoren: Chemoprävention mit Sulindac?
Rund 10% aller kolorektalen Karzinome gehen auf eine besondere genetische Prädisposition zurück. Zu diesen genetisch bedingten Tumoren gehört die adenomatöse Polyposis, die unbehandelt beinahe in allen Fällen in ein Karzinom übergeht. Die familiäre adenomatöse Polyposis (FAP) ist eine autosomal-dominant vererbbare Erkrankung mit einer Prävalenz von rund 1 zu 8000. Es kommt zu Mutationen des APC-Gens auf Chromosom 5q21. Nahezu alle Träger dieser Mutation entwickeln beginnend in der Adoleszenz bis zum 50. Lebensjahr Hunderte bis Tausende adenomatöser Polypen in Darm und Rektum. Wird keine prophylaktische Kolektomie durchgeführt, erkrankt beinahe jeder Patient an einem Kolonkarzinom. Die Einnahme von Sulindac oder Celecoxib (Celebrex®) kann zu einer Rückbildung bereits bestehender Polypen führen. Von dieser Beobachtung ausgehend, wurde untersucht, ob eine präventive Einnahme von Sulindac auch die Bildung adenomatöser Polypen verhindern kann.
Präventionsstudie mit Sulindac
Für die randomisierte, doppelblinde und plazebokontrollierte Studie wurden 41 Heranwachsende im Alter von 8 bis 25 Jahren ausgewählt, die eine für die adenomatöse Polyposis charakteristische Mutation am APC-Gen aufwiesen, aber noch nicht erkrankt waren. Während vier Jahren erhielten sie gewichtsentsprechend zweimal täglich 75 oder 150 mg Sulindac bzw. ein Plazebo.
In den folgenden vier Jahren wurden vierteljährlich Größe und Anzahl neuer Adenome registriert und die Nebenwirkungen der Therapie festgehalten. Ferner wurden Prostaglandinwerte in der kolorektalen Mukosa gemessen, wobei sich zeigte, dass die Prostaglandinwerte in der Verum-Gruppe geringer waren als in der Plazebo-Gruppe, was wiederum die Compliance der Studienteilnehmer bestätigte. Innerhalb von vier Jahren hatten 43% der Sulindac-Gruppe und 55% der Plazebo-Gruppe Polypen entwickelt, die sich weder in ihrer Größe noch in ihrer Anzahl unterschieden. Der Unterschied zwischen der Verum- und der Plazebo-Gruppe war statistisch nicht signifikant, d. h. Sulindac verzögerte oder verhinderte die Entwicklung adenomatöser Polypen nicht.
COX-2-Inhibitoren in der Onkologie
Obwohl in dieser Studie das Auftreten einer adenomatösen Polyposis nicht verhindert werden konnte, halten Autoren und Kommentatoren dieser Untersuchung Cyclooxygenase-Inhibitoren für viel versprechende Wirkstoffe in der Onkologie. Cyclooxygenase-Inhibitoren sollen ja nicht nur die – relativ seltene – adenomatöse Polyposis verhindern, sondern die weitaus häufiger auftretenden adenomatösen Polypen verhindern, die gleichfalls das Tumorrisiko erhöhen.
Die Bildung von Cyclooxygenase 2 ist im Kolon- und Rektumkarzinomgewebe überexprimiert, und in Tierversuchen konnte durch nichtsteroidale Antirheumatika das Auftreten kolorektaler Neoplasien reduziert werden. Kohortenstudien deuten ebenfalls darauf hin, dass durch Acetylsalicylsäure das Krebsrisiko für Darmtumoren gesenkt wird.
Noch ist unklar, welche Dosis und welche Einnahmedauer notwendig sind. Zur Zeit werden in Europa und in den USA Studien durchgeführt, in denen Rofecoxib (Viox®), Celecoxib (Celebrex®), Acetylsalicylsäure auf ihre Fähigkeit hin überprüft werden, das Wiederauftreten adenomatöser Polypen zu verhindern. Die bislang vorliegenden Ergebnisse deuten darauf hin, dass COX-2-Inhibitoren zukünftig bei der Prävention und Therapie kolorektaler Tumoren eine Rolle spielen werden.
Literatur Giardiello F., et al.: Primary chemoprevention of familial adenomatous polyposis with Sulindac. N. Engl. J. Med. 346, 1054 – 1059 (2002). Chau I., et al.: Cyclooxygenase Inhibition in cancer -– a blind alley or a new therapeutic reality? N. Engl. J. Med. 346, 1085 – 1087 (2002).
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