Arzneimittel und Therapie

Hormonersatztherapie: Estrogen/Gestagen-Kombination bietet keinen Schutz vor Hir

In der WHIM-Studie (WHIMS) wurden Frauen im Alter von 65 Jahren und älter, die entweder ein bestimmtes Estrogen-Gestagen-Kombinationsarzneimittel oder Plazebo erhielten, daraufhin untersucht, ob diese Art der Hormonersatztherapie (HRT) altersbedingten Gedächtnisleistungsstörungen oder Demenzen vorbeugt. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass die untersuchte Wirkstoffkombination nicht vor Gedächtnisleistungsstörungen schützt, vielmehr ist das Risiko für das Auftreten von Demenzen in dieser Altersgruppe erhöht und nimmt mit höherem Alter weiter zu. Das Risiko für das Auftreten von Demenzen ist im Vergleich zur Plazebo-Gabe um den Faktor 2 erhöht und macht 23 zusätzliche Erkrankungsfälle pro 10 000 Frauen und Jahr aus.

Die WHIM-Studie (WHIMS, Women’s Health Initiative Memory Study) ist ein Teil der größeren Women’s Health Initiative (WHI)-Studie, deren Studienarm zur Untersuchung von Wirkungen des gleichen Estrogen-Gestagen-Kombinationsarzneimittels auf das Herz-Kreislauf-System im Mai des Jahres 2002 nach 5,2 Jahren Laufzeit wegen schwerer Nebenwirkungen in der Behandlungsgruppe (Thrombosen, Herzinfarkt, Schlaganfall, Brustkrebs) vorzeitig abgebrochen wurde.

Hormonersatz erhöht das Demenz-Risiko

Die Ergebnisse der prospektiven, randomisierten, doppelblinden Women’s Health Initiative Memory Study (WHIMS), die 4532 Frauen im Alter über 65 Jahren aus der Women’s Health Initiative rekrutierte, zeigen, dass eine Hormontherapie mit konjugierten Estrogenen und Medroxyprogesteronacetat (0,625 mg bzw. 2,5 mg täglich) zu einer Erhöhung des relativen Risikos einer möglichen Demenz-Erkrankung im Vergleich zur Plazebo-Gruppe führt.

Innerhalb der mittleren Studiendauer von 4,05 Jahren wurde eine Verschlechterung der Ergebnisse eines validierten Testinstruments (modifizierte Mini Mental State Examination) in der Hormongruppe im Vergleich zu Plazebo gefunden. Von 61 Frauen, bei denen eine "mögliche Demenz" diagnostiziert wurde, gehörten 40 der Hormon- und 21 der Plazebo-Gruppe an.

Damit ergibt sich ein relatives Risiko von 2,05 (Konfidenzintervall 1,21 bis 3,48). In absoluten Zahlen ausgedrückt bedeutet dies, dass 22 von 10 000 Frauen pro Jahr eine mögliche Demenz in der Plazebo-, aber 45 von 10 000 Frauen pro Jahr in der Hormongruppe entwickelten.

Die jetzt veröffentlichten WHIM-Studienergebnisse sind unerwartet und stehen im Gegensatz zu den meisten bisherigen – allerdings uneinheitlichen – Untersuchungsergebnissen zum Einfluss einer Hormonersatztherapie auf Demenzen oder die Gedächtnisleistung im Alter. Die neuen Daten beziehen sich auf die Wirkstoffkombination von konjugierten Estrogenen plus Medroxyprogesteronacetat.

Für andere Estrogen-Gestagen-Kombinationen gibt es keine Studien von vergleichbarer Größe und Qualität über die Risiken einer längerfristigen Anwendung. Solange solche Daten nicht vorliegen, kann man nicht davon ausgehen, dass andere kombinierte HRT-Produkte sicherer sind.

Die Ergebnisse gelten nicht für Estrogen-Monopräparate, dazu werden Informationen aus der fortgeführten WHI-Studie mit Estrogen-Monopräparaten noch in diesem Jahr erwartet.

Nutzen-Risiko-Beurteilung durch das BfArM

In Deutschland sind Arzneimittel zur Hormonersatztherapie nicht zur Vorbeugung von Hirnleistungsstörungen bei Frauen im Alter zugelassen. Sie werden vor allem zur Behandlung von ausgeprägten Wechseljahresbeschwerden angewendet, und für ihre kurzzeitige Anwendung in dieser Indikation besteht weiterhin ein günstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis.

Eine Verordnung von Hormonersatzpräparaten mit dem Ziel, Gedächtnisleistungsstörungen oder Demenzen zu verhindern oder deren Auftreten zu verzögern, ist medizinisch nicht gerechtfertigt. Außerdem werden HRT-Präparate zur Vorbeugung einer Osteoporose angewendet. Es ist fraglich, ob dieses Anwendungsgebiet heute noch vertreten werden kann.

Das BfArM wird zusammen mit den nationalen Gesundheitsbehörden der EU die neuen Studienergebnisse auswerten und in die Nutzen-Risiko-Beurteilung von Arzneimitteln zur Hormonersatztherapie, insbesondere zur Vorbeugung einer Osteoporose, einbeziehen.

Literatur

Pressemitteilung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) 15/03 vom 12. Juni 2003. Rapp, S.; et al.: Effect of Estrogen Plus Progestin on Global Cognitive Function in Postmenopausal Women, The Women’s Health Initiative Memory Study. J. Am. Med. Assoc. 289, 2663 – 2672 Shumaker, S.A.; et al.: Estrogen Plus Progestin and the Incidence of Dementia and Mild Cognitive Impairment in Postmenopausal Women The Women’s Health Initiative Memory Study. J. Am. Med. Assoc. 289, 2651 – 2662 (2003). ck

In der WHIM-Studie (WHIMS) wurden Frauen im Alter von 65 Jahren und älter, die entweder ein bestimmtes Estrogen-Gestagen-Kombinationsarzneimittel oder Plazebo erhielten, daraufhin untersucht, ob diese Art der Hormonersatztherapie (HRT) altersbedingten Gedächtnisleistungsstörungen oder Demenzen vorbeugt. Die Ergebnisse zeigen, dass die untersuchte Wirkstoffkombination nicht vor Gedächtnisleistungsstörungen schützt, vielmehr ist das Risiko für das Auftreten von Demenzen in dieser Altersgruppe erhöht und nimmt mit höherem Alter weiter zu.

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