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Drogenpolitik: Kabinett verabschiedet "Aktionsplan Drogen und Sucht"
Süchte schaden sowohl der eigenen Gesundheit als auch der Volkswirtschaft: Jedes fünfte Bett in deutschen Krankenhäusern ist ein "Suchtbett", jeder zehnte Arztbesuch ein "Suchtbesuch". Die volkswirtschaftlichen Schäden allein des Tabakkonsums werden auf jährlich 16 Mrd. Euro geschätzt. Diesen Missständen will die Bundesregierung mit ihrem Aktionsplan Drogen und Sucht entgegenwirken.
Der Plan, den sich Rot-Grün bereits im Koalitionsvertrag vorgenommen hat, entstand unter der Federführung der Parlamentarischen Staatssekretärin und Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Marion Caspers-Merk (SPD). Über 50 Stellungnahmen von Suchthilfeverbänden, Krankenkassen, Bundesärztekammer und anderen Organisationen wurden zur Erarbeitung eingeholt. Zudem wurden eine Ideenwerkstatt und Dialogveranstaltungen durchgeführt.
Probleme bereiten vor allem Alltagssüchte
Caspers-Merk bezeichnete den Plan bei seiner Vorstellung in Berlin als "moderne Agenda für die Bewältigung der Suchtproblematik". Er sei in die europäische und internationale Drogenpolitik eingebettet und vertrete eine "realitätsbezogene und ausgewogene Drogen- und Suchtpolitik", so die Staatsekretärin. Dabei blieben auch die Glücksspielsucht und neue Konsummuster – z. B. das Rauschtrinken bei Jugendlichen und der Mischkonsum in der so genannten Partyszene – nicht außen vor.
Aber auch dem Kampf gegen Alltagssüchte hat sich die Drogenbeauftragte verschrieben. Sie will sowohl die Raucherquoten als auch den Alkohol-Konsum deutlich senken. Derzeit raucht hierzulande jeder Fünfte bzw. 16,7 Mio. Menschen. Vor allem Frauen und Jugendliche greifen immer häufiger zur Zigarette.
Mittlerweile sterben jährlich über 9000 Frauen an Lungenkrebs – einer Todesursache, die bei Frauen früher praktisch nicht vorkam. Nun steigt die Zahl pro Jahr um etwa 3,5 Prozent.
Auch der Alkohol-Konsum ist in Deutschland im europäischen Vergleich besonders hoch. Die Zahl der Alkoholabhängigen wird auf 1,5 Mio. geschätzt. Dazu kommen 2,4 Mio. Menschen, die Alkohol missbräuchlich konsumieren. Über 40 000 alkoholbedingte Todesfälle sind pro Jahr zu verzeichnen. Weitere 1,4 Mio. Menschen gelten als medikamentenabhängig, davon sind zwei Drittel Frauen. Bei den Opiatabhängigen schätzt man die Zahl auf ca. 120 000 Betroffene.
Zielsetzung: Darüber reden und aktiv werden
Leitlinien des Aktionsplanes sind Prävention und die bestmögliche Hilfe für Suchtkranke bei Heilung und Ausstieg, erklärte Caspers-Merk. Zu den wichtigsten Zielsetzungen des Aktionsplanes Drogen und Sucht gehörten unter anderem die Veränderung des gesellschaftlichen Klimas hin zu einem kritischeren Umgang mit legalen und illegalen Suchtmitteln.
Zudem soll die Früherkennung des Missbrauchs von Suchtmitteln verbessert und neue psychoaktive Substanzen und Konsummuster möglichst schnell erkannt werden. Für die Gefahren des Mischkonsums sollen sensibilisiert besonders gefährdete Gruppen (z. B. Kinder aus suchtbelasteten Familien, Migranten etc.) zielgruppengerecht angesprochen werden. Ebenso soll die Betäubungsmittelkriminalität stärker bekämpft werden.
Der Aktionsplan Drogen und Sucht löst den "Rauschgiftbekämpfungsplan" von 1990 ab. Ein Drogen- und Suchtrat, dessen Einberufung für den Herbst 2003 geplant ist, wird die Umsetzung des Aktionsplanes begleiten. Die für die Länderkoordination federführende Gesundheitsministerkonferenz wird sich auf ihrer Sitzung am 2./3. Juli mit dem Aktionsplan befassen.
Den Aktionsplan Drogen und Sucht finden Sie im Internet unter: www.bmgs.bund.de/downloads/Aktionsplan_BPA_ges.pdf
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