BVA-Info

Stellungnahme des BVA: Die Gesundheitsreform ist ein Reförmchen

Viel Getöse um verschlossene Türen, die Androhung, ja nichts nach außen dringen zu lassen vor Ende der Gespräche, viele Worte um soziale Ausgewogenheit, moderate Belastungen für Versicherte und Schutz vor Überforderung ... diese Schlagworte kennzeichneten die Konsensgespräche zwischen allen Parteien zur Gesundheitsreform. Heraus kamen ein paar Eckpunkte, die bestenfalls ein Reförmchen sind, aber an wirklichen Strukturveränderungen wenig zu bieten haben.

In einem Punkt aber waren sich alle Politiker einig: Die Belastung für die Versicherten steigt durch Herausnahme bestimmter Leistungen wie Zahnersatz und Krankengeld, die Herausnahme von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln aus der Erstattungsfähigkeit, das "Eintrittsgeld" beim Arzt etc. im Laufe der nächsten Jahre stark an.

Dies steht in direktem Gegensatz zu den Ankündigungen einer "sozial ausgewogenen Reform". Ein wirklich mutiger Schritt in Richtung eines Umbaus des Gesundheitswesens durch die Auflösung ärztlicher Machtkartelle und die Verbreiterung der Einnahmebasis ist ausgeblieben. Damit werden die Probleme der Krankenversicherung nicht gelöst, sondern nur verschoben.

Die für die Apotheke wichtigsten Eckpunkte

Neuregelung der Kostenübernahme für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, Preisfreigabe für OTC-Arzneimittel

OTC-Arzneimittel sollen zukünftig vom Patienten selbst bezahlt werden; ausgenommen bleiben Kinder bis zum 12. Lebensjahr und Jugendliche mit Entwicklungsstörungen.

Für bestimmte Indikationen soll es einen Ausnahmekatalog geben, der vom Bundesausschuss Ärzte/Krankenkassen erarbeitet wird (z. B. ASS nach Schlaganfall). Arzneimittel für diese zehn bis zwölf Indikationen sollen weiterhin erstattet werden können.

  • Das meint der BVA dazu:

    Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel ausschließlich in die Eigenverantwortung der Versicherten zu übertragen, halten wir für falsch. Damit werden den Ärzten viele, bei weniger starken Beschwerden gut wirksame, relativ kostengünstige Arzneimittel zur Therapie genommen.

    Es besteht die Gefahr, dass Ärzte dann verschreibungspflichtige Arzneimittel verordnen, die medizinisch noch nicht angezeigt sind, aus dem alleinigen Grunde, weil diese erstattet werden.

    Ebenso lehnen wir eine Freigabe der Preise im OTC-Bereich aus Gründen des Verbraucherschutzes ab.

    Versandhandel

    Der Versandhandel mit Arzneimitteln soll möglich werden, allerdings soll ein Höchstmaß an Verbraucherschutz und Arzneimittelsicherheit gewährleistet werden. Außerdem soll es faire Bedingungen für den Wettbewerb zwischen öffentlichen und Versandapotheken geben.

  • Das meint der BVA dazu:

    Bereits heute gibt es die Möglichkeit, auf elektronischem Wege Arzneimittel zu bestellen. Der BVA befürwortet eine Zustellung durch einen pharmazeutischen Boten, um die Arzneimittelsicherheit jederzeit gewährleisten zu können. Daher ist in den Augen des BVA ein Hausapothekenmodell wie in Niedersachsen oder Schleswig-Holstein sinnvoller.

    Die Möglichkeit, besondere Preise für Versandarzneimittel mit den Krankenkassen vereinbaren zu können, lehnen wir ab, da dies zu einer Benachteiligung nicht versendender Apotheken führt. Hier müssen gleiche Wettbewerbsbedingungen herrschen.

    Mehrbesitz

    Hier findet sich in den Eckpunkten nur ein vager Satz: "Künftig darf eine Apotheke bis zu drei Nebenstellen haben; das Fremdbesitzverbot bleibt bestehen."

  • Das meint der BVA dazu:

    Hier kommt es entscheidend auf die gesetzlichen Formulierungen an, denn der zitierte Satz legt eher ein Zweigapothekensystem als einen echten Mehrbesitz nahe. Auch hier muss das Augenmerk auf gleiche Wettbewerbsbedingungen gerichtet werden, damit Mehrbesitzapotheken nicht bevorzugt werden.

    Grundsätzlich sind für Angestellte in Apotheken auch andere Modelle als die derzeitige Form der Apotheke vorstellbar. Die jetzige Einzelapotheke bietet nämlich für Angestellte nicht nur Vorteile, sondern auch Nachteile.

    So ist derzeit in der Apotheke die Gründung eines Betriebsrates oder die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes nicht immer möglich. In größeren Einheiten von Apotheken sind, wie Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, Berufs- und Aufstiegschancen für Angestellte oft besser.

    Der BVA begrüßt, dass das Fremdbesitzverbot bestehen bleiben soll.

    Arzneimittelpreisverordnung

    Hier sind im Wesentlichen die Vorschläge der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände aufgegriffen worden. Die bisherige AMPreisV soll grundlegend umgestaltet werden. Es gibt dann künftig ein preisunabhängiges Honorar und einen 3%igen Zuschlag auf den Apothekeneinkaufspreis. Das Abgabehonorar soll 8,10 Euro pro Packung betragen, der Apothekenrabatt wird auf 2 Euro je Packung festgelegt.

  • Das meint der BVA dazu:

    Hier wird umgesetzt, was der BVA schon lange fordert, nämlich eine preisunabhängige Honorierung der pharmazeutischen Leistungen in Apotheken. Allerdings ist noch ein Blick auf die Details nötig, etwa wie dynamisch der Festzuschlag gestaltet wird und von welchen Faktoren die Dynamik abhängt.

    Und dann gibt es da noch den schwammigen Satz: "Der Großhandelsabschlag wird so geregelt, dass übermäßige Belastungen der Apotheker vermieden werden". Darunter lässt sich wohl verstehen, dass uns ein BSSichG II erspart werden soll, und in gewissem Maße ist der Satz auch ein Eingeständnis eines Fehlers. Welch ein Trost!

  • Weitere Informationen zu den Eckpunkten unter www.die-gesundheitsreform.de, www.bmgs.de (Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung) und auf der Website des BVA www.BVA-online.de

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