Arzneimittel und Therapie

Dermatopharmazie: Johanniskrautextrakt-Creme wirksam bei subakuter Neurodermitis

In der Volksmedizin wird Johanniskraut bei verschiedenen Hauterkrankungen und Hautverbrennungen verwendet, indem es topisch appliziert wird. Eine Freiburger Arbeitsgruppe um Priv.-Doz. Dr. Christoph M. Schempp hat die klinische Wirksamkeit einer Johanniskrautextrakt-Creme bei subakuter atopischer Dermatitis (Neurodermitis) nachgewiesen. Damit erwies sich erstmals ein dermatologisches Phytotherapeutikum gegenüber Plazebo als signifikant überlegen.

Moderne Johanniskrautextrakt-Präparate werden vor allem zur Behandlung von leichten Depressionen eingesetzt und sind für diese Indikation relativ gut erforscht. Dagegen wurde der Nachweis der Wirksamkeit von Johanniskrautextrakt bei einer Hauterkrankung nun erstmals in einer randomisierten plazebokontrollierten Doppelblindstudie erbracht.

Wirkprinzipien des Johanniskrautextraktes

Der klinischen Studie waren pharmakologische Untersuchungen von Johanniskrautextrakt und einzelnen typischen Inhaltsstoffen vorausgegangen; dabei hatte sich das Hyperforin als interessanter bakteriostatischer Wirkstoff herausgestellt: Hyperforin hemmte das Wachstum von grampositiven Bakterien wie Staphylococcus aureus oder Streptococcus pyogenes bereits in Konzentrationen von 0,1 µg/ ml; dies galt sogar für multiresistente Keime. Dagegen wirkte es bei gramnegativen Bakterien wie Pseudomonas aeruginosa und bei Candida albicans selbst in Konzentrationen von 0,1 mg/ml nicht wachstumshemmend.

Weiterhin wurden immunsuppressive und antiinflammatorische Effekte von Hyperforin entdeckt: Es hemmte die antigenpräsentierende Funktion von Langerhans-Zellen in der Epidermis und die Proliferation von Lymphozyten.

Prüfmedikation und Kontrolle

Als Prüfmedikation der klinischen Studie diente eine O/W-Creme (Öl-in-Wasser-Emulsion), die zu 5% einen apolaren Johanniskrautextrakt enthielt; aufgrund der Extraktion mit überkritischem CO2 war das Hyperforin im Extrakt auf 30% angereichert; das heißt, dass die Creme einen Hyperforin-Gehalt von 1,5% aufwies.

Dagegen fehlten im Johanniskrautextrakt die in der Droge enthaltenen Flavonoide und Hypericine, was beabsichtigt war. Denn aus dermatologischer Sicht sind das Flavonoid Quercetin wegen eines gewissen kanzerogenen Potenzials und das Hypericin wegen seiner photosensibilisierenden Wirkung unerwünschte Inhaltsstoffe des Johanniskrauts.

Als Plazebo bzw. Kontrolle der Prüfmedikation diente die Cremegrundlage. Hier ist anzumerken, dass die Cremegrundlage bei dermatologischen Erkrankungen einen therapeutischen Effekt ausübt, so dass diese klinische Studie nicht im klassischen Sinne plazebokontrolliert war; denn ein Plazebo ist definitionsgemäß hinsichtlich seiner stofflichen Zusammensetzung wirkstofffrei.

Studiendesign

In die Studie wurden 21 Patientinnen und Patienten mit symmetrisch ausgebildeter subakuter atopischer Dermatitis von begrenzter Ausbreitung eingeschlossen. Die erkrankten Hautareale der linken bzw. der rechten Körperhälfte wurden vier Wochen lang zweimal täglich entweder mit Plazebo oder mit Johanniskrautextrakt-Creme behandelt (Halbseiten-Design), wobei die Zuordnung der Präparate randomisiert erfolgte.

Ausschlusskriterien waren u. a. bestehende Infektionskrankheiten, gleichzeitige Behandlung mit antiinflammatorisch, immunmodulierend oder antibiotisch wirkenden Substanzen (Antihistaminika und Corticoide bis zwei Wochen vorher), Schwangerschaft und Stillzeit. Zu Beginn der Behandlung, nach einer Woche, nach zwei Wochen sowie nach vier Wochen (Abschluss der Behandlung) wurde der Zustand der erkrankten Hautareale an Hand des SCORAD-Index (Scoring of Atopic Dermatitis) beurteilt.

Signifikante Verbesserung der Symptomatik

Sowohl bei Verum- als auch bei Plazebo-Applikation besserte sich die Symptomatik während der vierwöchigen Behandlung kontinuierlich. Der SCORAD-Index sank

  • bei Verum-Applikation von 44,9 (± 16,9) auf 23,9 (± 17,9)
  • bei Plazebo-Applikation von 43,9 (± 17,9) auf 33,6 (± 16,5)

Die Johanniskrautextrakt-Creme wirkte signifikant besser als das Plazebo, allerdings nahm das Signifikanzniveau im Laufe der Behandlung ab: von p = 0,002 nach einer Woche auf p = 0,022 nach vier Wochen.

Eine mögliche Ursache für den therapeutischen Effekt der Johanniskrautextrakt-Creme ist deren antibakterielle Wirksamkeit, auf die bereits die pharmakologischen Untersuchungen Hinweise gegeben hatten. Ein Vergleich der Häufigkeit von Staphylococcus aureus auf den erkrankten Hautarealen der Patienten vor Beginn und nach Ende der Behandlung ergab in der Tendenz eine Abnahme der koloniebildenden Einheiten unter Verum-Applikation und nahezu keine Veränderungen unter Plazebo-Applikation.

Ob dieser Befund klinisch relevant ist, lässt sich derzeit noch nicht beurteilen. Mögliche antiinflammatorische und immunmodulierende Effekte der Prüfmedikation wurden im Rahmen dieser Studie bei den Patienten nicht verfolgt.

Handelspräparate

Aufgrund der Studienergebnisse wurde die Prüfmedikation zu den Handelspräparaten Bedan® Creme bzw. Lotion (Lichtwer Pharma) weiterentwickelt; die Creme wird vom Hersteller zur Intensivpflege der akut geröteten, entzündeten Haut empfohlen, die Lotion zur täglichen Basispflege der atopischen Haut. Die Präparate sind freiverkäuflich, werden jedoch derzeit nur in Apotheken vertrieben.

Ausblick

Die referierte klinische Studie lässt den Schluss zu, dass die geprüfte hyperforinreiche Johanniskrautextrakt-Creme ein wirksames Phytotherapeutikum zur Behandlung der leichten bis mittelschweren atopischen Dermatitis sein könnte. Um die Wirksamkeit eindeutig nachzuweisen, müssten weitere Studien mit größeren Patientenzahlen, darunter auch eine Vergleichsstudie mit einem Standardtherapeutikum (Corticoid), durchgeführt werden. Auch eine Dosisfindungsstudie wäre wünschenswert.

Auszeichnung

Priv.-Doz. Dr. Christoph M. Schempp, Leiter der Arbeitsgruppe Dermatopharmazie an der Universitäts-Hautklinik Freiburg, wurde für seine Habilitationsschrift, in der er seine Untersuchungen zur photosensibilisierenden, Apoptose-induzierenden und antibakteriellen Wirkung von Hyperforin und Hypericin präsentiert hat, mit dem Sebastian-Kneipp-Preis 2003 ausgezeichnet.

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