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Arzneimittel und Therapie
Transdermale Kontrazeption: Das erste Verhütungspflaster auf dem Markt
Das 4,5 x 4,5 cm große Matrixpflaster besteht aus einer hautfarbenen Deckschicht und einer Kontakt-Klebeschicht, die gleichzeitig das Wirkstoffdepot darstellt. Darin enthalten sind 600 µg Ethinylestradiol und 6 mg Norelgestromin (17-Deacetylnorgestimat). Norelgestromin ist ein aktiver Metabolit von Norgestimat, das bereits seit einigen Jahren als Gestagen in oralen Kontrazeptiva eingesetzt wird. Die Freisetzung der Hormone aus dem Wirkstoffdepot in die tiefer gelegenen Hautschichten und von dort in den Blutkreislauf beginnt direkt nach der Applikation des Pflasters und erfolgt dann kontinuierlich. Täglich werden aus dem Pflaster 20 µg Ethinylestradiol und 150 µg Norelgestromin abgegeben, das entspricht einer Dosierung, wie sie in Mikropillen enthalten ist.
Einmal wöchentlich kleben statt täglich schlucken
Das Pflaster wird am ersten Tag der Menstruation aufgeklebt. Als Applikationsort können die Außenseite der Oberarme, Bauch und Po sowie der gesamte Oberkörper mit Ausnahme der Brust gewählt werden. An Tag 8 und 15 des Zyklus wird das gebrauchte Pflaster entfernt und sofort durch ein neues ersetzt. Dabei sollte die Anwenderin darauf achten, dass sie das Pflaster nicht wieder genau auf dieselbe Stelle klebt, sondern stets einen neuen Applikationsort wählt (entweder direkt daneben oder auch weiter davon entfernt, z. B. abwechselnd die rechte und linke Pohälfte). Der Wechsel kann zu jeder beliebigen Uhrzeit erfolgen. Die 4. Woche des Zyklus ist pflasterfrei. In dieser Woche kommt es zur Entzugsblutung. Der nächste Zyklus mit einer neuen Anwendung von Evra® beginnt dann sieben Tage nach Entfernen des letzten Pflasters wieder am "Pflasterwechseltag".
Wird das Wechseln des Pflasters am dafür vorgesehenen Tag vergessen, hat die Anwenderin maximal zwei Tage (48 Stunden) Zeit, um den Wechsel nachzuholen. Über diese Spanne bleibt die Sicherheit des Kontrazeptivums erhalten. Die Zeitspanne des pflasterfreien Intervalls darf hingegen nicht überschritten werden. Dauert es mehr als sieben Tage an, ist die Anwenderin nicht mehr ausreichend vor einer Schwangerschaft geschützt. In diesem Fall muss sieben Tage lang zusätzlich ein nicht hormonelles Kontrazeptivum angewandt werden.
Die Haut sollte trocken und sauber sein
Um die Hafteigenschaften des Pflasters nicht zu beeinträchtigen, sollte die Haut am dafür vorgesehenen Applikationsort trocken und sauber sein. Auf Make-up, Cremes, Lotionen, Puder oder andere Kosmetika sollte in Pflasternähe verzichtet werden. Das Pflaster muss fest angedrückt werden, bis die Ränder gut haften. Um sicherzustellen, dass das Pflaster noch fest anhaftet, wird eine tägliche Überprüfung empfohlen. Wenn sich das Pflaster teilweise oder ganz löst, darf es nur wieder aufgeklebt werden, wenn die Haftfähigkeit nicht beeinträchtigt ist.
Eine zusätzliche Fixierung mit Heftpflaster oder Verbandsmaterial ist nicht zulässig. Das Pflaster muss stattdessen durch ein neues ersetzt werden. Dabei gilt:
- Hat sich das Pflaster für weniger als 24 Stunden gelöst, bleibt der Schwangerschaftsschutz erhalten. Das Pflaster muss an einer anderen Stelle neu aufgeklebt oder durch ein neues Pflaster ersetzt werden. Zusätzliche Kontrazeptionsmaßnahmen sind nicht notwendig. Das nächste Pflaster wird am gewohnten Pflasterwechseltag aufgeklebt.
- Ist das Pflaster für mehr als 24 Stunden teilweise oder ganz abgelöst oder kann die Anwenderin den Zeitpunkt der Ablösung nicht mehr bestimmen, ist der Schwangerschaftsschutz möglicherweise nicht mehr ausreichend. Die Anwenderin muss den laufenden Zyklus daher beenden und sofort einen neuen Zyklus beginnen. Der Pflasterwechseltag verschiebt sich dadurch entsprechend. In den ersten sieben Tagen muss zusätzlich ein nicht hormonelles Kontrazeptivum angewandt werden.
Kontrazeptive Sicherheit: Erbrechen und Durchfall spielen keine Rolle
Das Wirkprinzip des Verhütungspflasters entspricht dem monophasischer oraler Kontrazeptiva. Im Gegensatz zur oralen Kontrazeption werden nach der transdermalen Hormongabe jedoch keine Hormonspiegelspitzen beobachtet, und es findet auch kein First-pass-Effekt statt. Dadurch wird vor allem die Leber geringer belastet und Arzneimittelinteraktionen treten seltener auf. Gastrointestinale Störungen oder Erkrankungen wie beispielsweise Erbrechen, Durchfall oder Zöliakie haben keinen Einfluss auf die kontrazeptive Wirksamkeit des Verhütungspflasters.
Die Sicherheit und Verträglichkeit von Evra® wurde in klinischen multizentrischen Phase-III-Studien mit mehr als 3300 Anwenderinnen und über 22 000 beobachteten Zyklen geprüft. Der Pearl-Index lag in diesen Studien bei 0,9, nach Abzug der Anwendungsfehler bei 0,72. Die kontrazeptive Sicherheit von Evra® entspricht somit derjenigen oraler Kontrazeptiva. Bei übergewichtigen Frauen kann die kontrazeptive Wirksamkeit des Pflasters allerdings vermindert sein. Für Frauen ab einem Körpergewicht von 90 Kilogramm ist es nicht geeignet.
Hautreizungen sind ein häufiges Problem
Auch bezüglich der Verträglichkeit war das Verhütungspflaster in den Studien vergleichbar zu oralen hormonellen Kontrazeptiva. Die beobachteten Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Übelkeit und Menstruationsschmerzen entsprechen sowohl in Art als auch Häufigkeit denen der Pille. Brustschmerzen traten unter der transdermalen Kontrazeption in den ersten beiden Anwendungszyklen vergleichsweise häufig auf, nahmen ab dem dritten Zyklus bei den meisten Anwenderinnen jedoch wieder ab. Eine signifikante Gewichtszunahme, die für viele Frauen Anlass für einen Wechsel der Kontrazeptionsmethode ist, wurde unter der Pflasteranwendung nicht beobachtet.
Anders als bei der Pille spielt bei einem Kontrazeptionspflaster natürlich die Frage nach der Hautverträglichkeit eine große Rolle. Bei rund 17 Prozent der Evra®-Anwenderinnen kam es in den Studien zu Hautreaktionen an den Applikationsstellen. Sie wurden von mehr als 90 Prozent der Betroffenen als leicht bis mäßig stark eingestuft. In weniger als drei Prozent der Fälle wurde die Anwendung deshalb abgebrochen.
Mit dem Pflaster in die Sauna
Ebenfalls wichtig für die Beurteilung eines transdermalen Systems ist die "Alltagstauglichkeit", sprich die Haftfähigkeit des Pflasters unter verschiedenen Bedingungen wie Sport, Duschen, Saunieren etc. Die Haftfähigkeit von Evra® wurde im Rahmen von Studien bei verschiedenen sportlichen Aktivitäten sowie in feuchtwarmem Klima getestet. Dabei lösten sich insgesamt weniger als drei Prozent der Pflaster teilweise und weniger als zwei Prozent der Pflaster vollständig ab.
Sicherheit, eine gute Zykluskontrolle und eine geringe Nebenwirkungsrate – das sind die Kriterien, die Frauen bei der Wahl "ihres" Verhütungsmittels am wichtigsten sind. Die Pille konnte diese Kriterien bislang am besten erfüllen. Allerdings empfinden viele Frauen die tägliche Einnahme als lästig. Für sie steht mit dem Verhütungspflaster Evra, aus dem Ethinylestradiol und Norelgestromin freigesetzt wird, nun eine Alternative mit einem wöchentlichen Anwendungsrhythmus zur Verfügung. Evra ist das erste in Deutschland zugelassene transdermale therapeutische System zur hormonellen Kontrazeption.
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