Fortbildung

Der Patient sollte "seinen" Kopfschmerz kennen

Viele Patienten, die unter Kopfschmerzen leiden, behandeln diese mit freiverkäuflichen Schmerzmitteln selbst. Wichtig ist hier vor allem, den richtigen Kopfschmerztyp zu erkennen, denn die verschiedenen Formen sollten auch unterschiedlich medikamentös behandelt werden. Mit den Evidenz-basierten Empfehlungen zur Selbstmedikation bei Migräne und Kopfschmerz vom Spannungstyp liegen Empfehlungen der Deutschen Migräne- und Kopfschmerz-Gesellschaft (DMKG) vor, die den Qualitätsmerkmalen einer Evidenz-basierten Experten-Leitlinie entsprechen. Nach diesen Leitlinien sind von den in Deutschland zur Selbstmedikation von Kopfschmerzen verfügbaren Wirkstoffen bzw. Wirkstoffkombinationen nur wenige zu empfehlen.

Grundsätzlich können die primären Kopfschmerzen, Migräne und Kopfschmerz vom Spannungstyp, vom Patienten selbst behandelt werden. Anhand von Leitsymptomen lassen sich die Kopfschmerzen differenzieren und so von schwerwiegenderen Krankheitsbildern abgrenzen, die sich nicht für eine Selbstmedikation eignen.

Bei der Beratung von Kopfschmerzpatienten ist es daher von großer Bedeutung, den "richtigen" Kopfschmerztyp zu erkennen. Hier ist es ganz wichtig, den Patienten ernst zu nehmen, ihn zu ermutigen, seine Schmerzen, den Verlauf und die Häufigkeit sowie die genaue Art des Kopfschmerzes zu schildern. Hilfreich kann es dabei sein, den Patienten zum Führen eines Kopfschmerz-Tagebuches anzuhalten, in das Aufzeichnungen auch über einen längeren Zeitraum gemacht werden können.

Etwa 90 Prozent der Menschen mit Kopfschmerzen leiden entweder unter einem Kopfschmerz vom Spannungstyp, verkürzend meist Spannungskopfschmerz genannt, an Migräne oder einem Kombinationskopfschmerz aus diesen beiden Formen. Diese Kopfschmerzen werden auch primäre Kopfschmerzen genannt, d. h. sie sind keine Folge anderer Erkrankungen, sondern die Kopfschmerzen sind selbst die Erkrankung und aus medizinischer Sicht nicht gefährlich, auch wenn sie die Lebensqualität der Betroffenen teilweise ganz erheblich beeinträchtigen.

Kopfschmerz vom Spannungstyp

Circa ein Drittel der Deutschen leidet gelegentlich unter Spannungskopfschmerzen. Dieser Schmerz kann episodisch, das heißt weniger als 15 Tage im Monat, oder chronisch – bis zu 180 Tagen im Jahr – auftreten. Der Spannungskopfschmerz ist ein dumpfer, beidseitiger, drückender, ziehender Schmerz von leicht bis mäßiger Intensität.

Manchmal tritt ein Kältegefühl und Schwindel auf, gelegentlich auch Schmerzempfindlichkeit der Nackenmuskulatur. Körperliche Aktivitäten führen nicht zu einer Verstärkung und an der frischen Luft lässt der Schmerz oft nach. Daher wird zur Vorbeugung viel Bewegung an der frischer Luft empfohlen. Bei einem Anfall helfen oft Bettruhe, Entspannungsübungen oder ein warmes Bad. Auch Pfefferminzöl auf die Schläfen oder kalte Umschläge auf die Stirn können die Beschwerden lindern.

Migräne

Bei der Migräne handelt es sich um Kopfschmerzattacken mit einer Dauer von 4 bis 72 Stunden. Der Schmerz ist bei etwa 70 Prozent der Betroffenen einseitig, sein Charakter eher klopfend, pochend, pulsierend und seine Intensität mäßig bis stark, sodass übliche Alltagsaktivitäten erschwert oder unmöglich gemacht werden.

Beim Treppensteigen oder bei üblicher körperlicher Aktivität wird der Schmerz meist verstärkt. Während des Kopfschmerzes treten Begleiterscheinungen wie Übelkeit und/oder Erbrechen sowie Geräusch-, Licht- und Geruchsempfindlichkeit auf. Bei der Migräne mit Aura, an der etwa 15 Prozent der Migränebetroffenen leiden, treten vor der Kopfschmerzattacke zusätzlich neurologische Symptome auf, die sich allmählich über 5 bis 20 Minuten hin entwickeln und weniger als 60 Minuten anhalten. Die typische Aura besteht in Sehstörungen, halbseitigen Sensibilitätsstörungen, Hemiparese, Sprachstörungen oder einer Kombination solcher Symptome.

Der Clusterkopfschmerz ist der heftigste Schmerz

Mit einer Häufigkeit von 0,3 bis 0,8 Prozent ist diese Kopfschmerzart nicht sehr verbreitet. Dennoch verläuft der Clusterkopfschmerz häufig besonders dramatisch, denn es vergehen meist Jahre, bis die richtige Diagnose gestellt wird.

Typisch ist ein sehr heftiger und immer einseitiger Kopfschmerz, meist hinter einem Auge lokalisiert, der einhergeht mit Augentränen und Nasenlaufen oder -verstopfung auf der entsprechenden Seite. Die Attacken sind meist relativ kurz und können daher nur schlecht mit oraler Medikation behandelt werden.

Medikamenteninduzierte Kopfschmerzen

Medikamenteninduzierte Kopfschmerzen stellen in der Migräne- und Kopfschmerztherapie ein ernstes Problem dar. Es handelt sich dabei um einen diffusen, dumpf-drückenden Dauerkopfschmerz ohne Attackencharakter und ohne die typischen Begleitsymptome einer Migräne, der sich durch die tägliche oder fast tägliche Einnahme von Migränemitteln oder Analgetika entwickeln kann.

Nach einer Entzugsbehandlung kann er sich komplett zurückbilden. In der "Klassifikation für Kopfschmerzerkrankungen, Kopfneuralgien und Gesichtsschmerz" der International Headache Society sind verschiedene Unterformen wie z. B. der Ergotamin-Kopfschmerz, der Ergotamin-Entzugs-Kopfschmerz, der Analgetika-Kopfschmerz usw. aufgelistet.

Die Befürchtung, dass bei der Anwendung von Kombinationspräparaten häufiger mit der Entwicklung von medikamenteninduzierten Kopfschmerzen zu rechnen ist, als bei der Verwendung anderer Kopfschmerz- und Migränemedikamente, trifft nach heutigen Erkenntnissen nicht zu.

Leitliniengerechte Selbstmedikation

Unter Berücksichtigung der Kriterien für die Entwicklung Evidenz-basierter Leitlinien sind von den in Deutschland zur Selbstmedikation von Kopfschmerzen verfügbaren Wirkstoffen bzw. Wirkstoffkombinationen nur wenige zu empfehlen. Die Deutsche Migräne- und Kopfschmerz-Gesellschaft unterscheidet hier auch nach den verschiedenen Kopfschmerzarten.

Selbstmedikation bei Kopfschmerzen vom Spannungstyp Mittel der 1. Wahl ist:

  • Einzeldosis der fixen Kombination aus 500 mg Acetylsalicylsäure + 400 mg Paracetamol + 100 mg Coffein

    Mittel der 2. Wahl sind:

  • Einzeldosis mit 1000 mg Acetylsalicylsäure
  • Einzeldosis mit 400 mg Ibuprofen

    Bei allen anderen Wirkstoffen bzw. Wirkstoffkombinationen gibt es keine oder nur mangelhafte Hinweise für ihre Wirksamkeit. Einzelnen Patienten, die mit diesen Medikamenten bisher ihre Kopfschmerzen vom Spannungstyp erfolgreich behandelten, sollte diese Möglichkeit jedoch offen stehen.

    Selbstmedikation akuter Migräneattacken Mittel der 1. Wahl sind:

  • Einzeldosis mit 1000 mg Acetylsalicylsäure
  • Einzeldosis der fixen Kombination aus 500 mg Acetylsalicylsäure + 400 mg Paracetamol + 100 mg Coffein
  • Einzeldosis mit 400 mg Ibuprofen
  • Einzeldosis mit 1000 mg Paracetamol

    Bei allen anderen Wirkstoffen bzw. Wirkstoffkombinationen gibt es keine oder nur mangelhafte Hinweise für ihre Wirksamkeit.

    Selbstmedikation zur Prophylaxe von Migräneattacken

    Obwohl die wissenschaftliche Evidenz für eine Empfehlung der Migräneprophylaktika Cyclandelat, Magnesium und Pestwurz nicht ausreicht, sollte einzelnen Patienten, die eine Migräneprophylaxe hiermit anstreben, diese Möglichkeit offen stehen.

    Wichtiger als die Zusammensetzung der Präparate zur Selbstmedikation für alle Kopfschmerztypen ist jedoch die Häufigkeit der Einnahme: Die Deutsche Migräne- und Kopfschmerz-Gesellschaft empfiehlt daher, alle Kopfschmerz- und Migränepräparate nicht länger als drei Tage hintereinander und nicht häufiger als an zehn Tagen pro Monat anzuwenden!

    Quelle

    Evidenz-basierte Empfehlungen zur Selbstmedikation bei Migräne und Kopfschmerz vom Spannungstyp, herausgegeben von der Deutschen Migräne- und Kopfschmerz-Gesellschaft (DMKG). ck

  • Kopfschmerz-Tagebuch

    Um die richtige Therapie herauszufinden, sollte der behandelnde Arzt das individuelle Krankheitsbild eines Kopfschmerz-Patienten genau kennen. Ein wichtiges Hilfsmittel hierfür ist ein Kopfschmerz-Tagebuch. Darin sollten Patienten Art und Dauer der Schmerzen eintragen sowie deren Häufigkeit.Begleitsymptome wie Übelkeit oder eine vorausgegangene Aura müssen ebenfalls festgehalten werden. Notizen zu möglichen Auslösefaktoren geben wertvolle Hinweise für die Therapie. Auch die eingenommenen Medikamente sollten vermerkt werden.

    Kopfschmerz-Literaturtipp

    Die Kopfschmerzen. Ursachen, Mechanismen, Diagnostik und Therapie.

    Von Hartmut Göbel. bearb. Aufl., ca. 930 Seiten, 300 Abbildungen. Springer Verlag, Erscheinungsdatum November 2003, Euro 139,95 ISBN 3-540-03080-8

    Das umfassende Standardwerk über Kopfschmerzen liegt nun in der aktualisierten Auflage vor! Aktuelle Forschungsergebnisse über Ursachen und Entstehung, Möglichkeiten der Diagnostik und Klassifikation sind in übersichtlicher Form dargestellt. Checklisten und Fragebögen geben wertvolle Hilfestellung bei der Diagnose und Therapieentscheidung. Neu in der 2. Auflage: – Behandlung mit Triptanen und Botulinumtoxin – Neueste Ergebnisse über genetische Ursachen – Neue Klassifikation der Migräne.

    Kopfschmerzkliniken

    Neurologisch-verhaltensmedizinische Schmerzklinik in Kooperation mit der Universität Kiel 

    Heikendorfer Weg 9 – 27

    24149 Kiel

    www.schmerzklinik.de


    Fachklinik für Psychosomatik und Neurologie-Migräne Diagnose-Zentrum im Business-Center 2000 (Haus 1)

    Friedrich-Alfred-Str. 182 – 184

    47226 Duisburg

    www.migraeneklinik.de


    Migräne-Klinik Königstein Dr. med. Joachim Brand GmbH & Co KG

    Ölmühlweg 31

    61462 Königstein

    www.migraene-klinik.de

    Elztalklinik GmbH

    Pfauenstraße

    79215 Elztal-Oberprechtal

    www.elztalklinik.de


    Medizinisch-Psychosomatische Klinik Roseneck

    Am Roseneck 6

    83209 Prien am Chiemsee

    www.schoen-kliniken.de


    Psychosomatische Klinik Windach/Ammersee

    Schützenstraße 16

    86949 Windach

    www.klinik-windach.de


    Schmerztherapiezentrum Bad Mergentheim-Löffelstelzen

    Schönbornstraße 10

    97980 Bad Mergentheim

    www.schmerzklinik.com

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