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Apotheken nach der Reform: Die Kooperation als Ausweg aus der Krise?
"Die Gesundheitsreform wird für die Apotheken eine drastische Erhöhung des Ertragsdrucks mit sich bringen", erklärte Prof. Dr. Dieter Benatzky, Fachbereich Betriebswirtschaft der Fachhochschule Rosenheim. Der Rohertrag werde deutlich reduziert und der Großhandelsrabatt werde auf Skontogröße schrumpfen. Das heißt, im Prinzip wird die Apotheke durch die gesetzlich vorgesehenen Strukturänderungen vom Wertwachstum abgekoppelt. "Dies wird zunächst zu einer drastischen Reduktion der Apothekenzahl führen und anschließend zu einer Umverteilung der Erträge unter den verbleibenden Apotheken", prognostizierte Benatzky.
Wer dabei zu den "Winnern" gehöre und wer verlieren werde, hänge von verschiedenen Faktoren ab. Zum einen spiele dabei die Kundenstruktur eine Rolle. So seien Apotheken, die ihren Umsatz überproportional mit Privatpatienten und/oder im OTC-Bereich machen würden, gegenüber "GKV-Apotheken" begünstigt. Desweiteren hänge der Erfolg stark vom Standort ab. Benatzky zufolge haben nur große Apotheken mit einem gut arbeitenden Ärztehaus im Hintergrund oder Centerapotheken eine Chance, als eigenständig geführter Betrieb rentabel weiterzuarbeiten. Und auch bei ihnen werde sich die Spreu noch vom Weizen trennen – sprich nur Apotheken, die sich durch Professionalität und überdurchschnittlichen Service profilieren, halten können. "Der Trend wird bei großen Einzelapotheken wohl zum Gesundheits- oder Wellnesscenter gehen", meinte Benatzky.
Als Chance für heutige "Durchschnittsapotheken" nannte der Referent den Zusammenschluss in Kooperationen. Dabei sollten seiner Ansicht nach alle möglichen Modelle in Betracht gezogen werden, z. B. auch Franchising oder freiwillige Ketten in die Überlegung miteingehen. Die Konkurrenz durch Versandhandelsapotheken schätzt Benatzky zunächst eher niedrig ein. Dies werde eine Nische auf dem deutschen Markt mit einem Anteil von unter fünf Prozent werden. Allerdings könnte dieser Markt an Bedeutung gewinnen, wenn er von den Krankenkassen gefördert wird. Benatzky dazu: "Es sieht so aus, als würde genau das passieren. Dann verschiebt sich die Gewichtung natürlich deutlich. Und eines muss klar sein: Versorgungsverträge sind nichts anderes als Discountverträge."
Die Einzelapotheke auf dem Rückzug
Eine ähnliche Bedeutung des Versandhandels prognostizierte Jan E. Friske, Associate Director Finance, WestLB AG, Düsseldorf, wobei auch er von einer Krankenkassen-gesteuerten Versorgung ausging. Friske zeichnete ein Zukunftsszenario für den deutschen Apothekenmarkt ausgehend vom amerikanischen Beispiel und kam dabei ebenfalls zu einem Marktanteil des Versandhandels von rund fünf Prozent. Dabei ging er davon aus, dass sich dieser Anteil nicht auf viele "kleine" Versandhandelsapotheken verteilen, sondern von wenigen (ca. 10) Anbietern beansprucht wird. Diese hätten – aufgrund der betriebswirtschaftlichen Verhältnisse – ihren Fokus ganz klar auf hochpreisigen Verordnungen und würden sich insbesondere auf die Versorgung von Chronikern konzentrieren.
Auch Friske ging davon aus, dass es nach der Liberalisierung des Arzneimittelmarktes zunächst zu einem Apothekensterben und anschließend zu einer Umverteilung innerhalb der verbleibenden Betriebe kommt. In sein Szenario bezog er mit ein, dass sowohl das Mehrbesitz- als auch das Fremdbesitzverbot über kurz oder lang vollständig fallen wird (eine Einschätzung, die im Übrigen auch von Benatzky geteilt wurde). Dementsprechend gewichtete er auch Kettenapotheken als wesentliche Player im zukünftigen Apothekenmarkt, wobei er zwei Kettentypen unterschied. Zum einen werde es an Supermärkte angeschlossene Ketten geben, die stark im OTC-Bereich agieren würden, zum anderen Ketten, die eher traditionell orientiert seien und ihre Stärke im Erstattungsmarkt suchen würden.
Friskes These für beide Typen zusammen: "Kettenapotheken können aufgrund von Größendegressionseffekten deutlich effizienter arbeiten als Einzelapotheken und werden daher große Umsatzanteile beanspruchen. Der Marktanteil von Ketten wird voraussichtlich bei über 40 Prozent liegen." Allerdings werde dieser Anteil nicht von heute auf morgen erreicht. Aufgrund der spezifischen deutschen Gegebenheiten rechnet Friske mit einer langsamen Marktdurchdringung von Kettenapotheken und einer kontinuierlichen Steigerung des Marktanteils über einen Zeitraum von ca. 10 Jahren.
Auch Einzelapotheken werden Friskes Einschätzung zufolge aufgrund der gewachsenen Strukturen in Deutschland nicht vollständig verschwinden, jedoch umgekehrt proportional zum Zuwachs der Ketten an Marktbedeutung verlieren. Ihren Anteil am Apothekenmarkt in 10 Jahren bewertete der Referent mit unter 50 Prozent, noch weniger könnte es werden, wenn Möglichkeiten wie Kooperationen nicht genutzt werden.
Kooperation ja – aber welche?
Ganz dem Thema "Kooperation" widmete sich Klaus Hölzel, Geschäftsführer der Apotheken Management Institut GmbH. Auch aus seiner Sicht liegt hier eine der großen Zukunftschancen für Apotheken. "Ohne Kooperation wird es immer schwieriger, erfolgreich eine Apotheke zu führen", meinte Hölzel. Kooperationen könnten ihren Mitgliedern nicht nur wirtschaftliche Vorteile bieten, sondern sie auch durch gemeinsame Marketingstrategien und die Nutzung von Leistungen, die die eigene Apotheke nicht aufweist, unterstützen. Nicht jede Kooperation sei dabei allerdings gleich erfolgreich. Als Kriterien für eine zukunftsfähige Kooperation nannte Hölzel
- Größe bzw. Flächendeckung: Nur überregional arbeitende Kooperationen sind erfolgversprechend.
- Organisation: Eine wichtige Voraussetzung für das Funktionieren einer Kooperation ist eine zentrale Struktur. Kooperationen, die "im Hinterzimmer einer Apotheke" geführt werden, funktionieren Hölzel zufolge nicht.
- Vertragsnetzwerk: Je besser die Vertragssituation zwischen Kooperation, Kassen und Industrie ist, desto größer sind ihre Erfolgsaussichten.
- Innenverpflichtung: Voraussetzung für eine zukunftsfähige Kooperation ist eine einheitliche Qualität der Mitgliedsapotheken. Regelmäßige Mitarbeiterfortbildung sollte daher Pflicht sein.
- Außenauftritt: Überregionale Werbung, eine gemeinsame Dachmarke, Category-Management für Sicht- und Freiwahl, Marketing-Pakete und Datenaustausch werden Kennzeichen einer erfolgreiche Kooperation sein.
"Die Kriterienliste zeigt, wer sich mit dem Gedanken trägt, einer Kooperation beizutreten, sollte sich vorab gründlich informieren", meinte Hölzel. Abgesehen davon sollte man selbst auch "kooperationsfähig" sein. Hölzel dazu: "Allianzen sind keine lebenslange Liebesbeziehung, erfordern aber Bereitschaft zur Abgabe von Macht, Einfluss und Freiheit." Wer sich vorab nicht über diesen Punkt klar werde, sei später kein geeignetes Kooperationsmitglied.
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