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Integrierte Versorgung: Von der Vision zur Realität – das "Brannenburger

MÜNCHEN (hvj). Rechtzeitig zur Verabschiedung des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG) im Bundesrat am 17. Oktober 2003 hat die Expertengruppe des Vereins für integrative Patientenversorgung ViP e. V., die seit über zwei Jahren mit organisatorischer Unterstützung der pharmazeutischen Unternehmen MSD Sharp & Dohme und HEXAL tätig ist, ihr Konzept für die integrierte Patientenversorgung und ein medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) fertig gestellt. Bekannt geworden ist es als "Brannenburger Modell" (www.brannenburger-modell.de), dessen erste Stufe im Jahr 2001 in dem oberbayerischen Ort Brannenburg entwickelt wurde.

Mit dem "Brannenburger Modell" hat ein innovatives Team von Vertretern verschiedener Bereiche des Gesundheitswesens der Stadt München bereits im Jahre 2001 vorweggenommen, was nunmehr Eingang in das ab Januar 2004 in Kraft tretende GKV-Modernisierungsgesetz zu Medizinischen Versorgungszentren (§ 95) und zur integrierten Versorgung (§ 140 a ff) gefunden hat. Aufgabe war es damals, gemeinsam eine Vision für die Gesundheitsversorgung im Jahre 2010 zu entwickeln. Bereits nach einem ersten Brainstorming auf der Basis eines im Vorfeld schriftlich abgefragten und anonymisierten Meinungsbildes der Teilnehmer zeichneten sich erstaunlich klare Konturen eines denkbaren künftigen Versorgungsmodells ab.

"Ziel des 'Brannenburger Modells' ist", so Dr. Elmar Schmid – Mitglied des Vorstands des ViP e.V. – "eine übergreifende und umfassende Versorgung der Patienten aus einer Hand". Mittlerweile ist dieses so ausgereift, dass einer praktischen Umsetzung nichts mehr im Wege steht. Verhandlungen mit Krankenhäusern im Raum München, dem Münchner Patient-Partner-Verbund (www.patient-partner.de) sowie mit potenziellen Investoren und Banken sind bereits im Gang beziehungsweise zum Teil abgeschlossen. Das Modell ist laut Dr. Elmar Schmid für die bundesweite Ausrichtung einer integrierten Patientenversorgung nach dem aktualisierten SGB V geplant und geeignet. Ein Vorteil ist, dass es regionalen Strukturen jederzeit angepasst werden kann.

Eckpunkte des "Brannenburger Modells"

Eckpunkte des "Brannenburger Modells" sind Patientenorientierung, eine sektoren- und professionsübergreifende Versorgung "aus einer Hand", kooperative medizinische, pflegerische und soziale Versorgung, effektiver und effizienter Ressourceneinsatz und die Sicherung der Versorgungsqualität. Grundgedanken waren außerdem eine klare Unternehmensstruktur mit Trägerschaft und Management sowie die Verbindlichkeit der Zusammenarbeit der Leistungserbringer. Auch gibt es konkrete Gedanken, welche Rolle die deutschen Apotheken in diesem Modell spielen könnten. Die Deutsche Apotheker Zeitung hat sich mit Dr. Elmar Schmid darüber unterhalten:

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Herr Dr. Schmid, als stellvertretender Vorsitzender des "Vereins für integrierte Patientenversorgung ViP e.V." zählen Sie sich zu einer Expertengruppe für integrierte Versorgung. Wer ist ViP und worin besteht dessen Kompetenz?

Schmid:

Die Mitglieder von ViP e.V. kommen aus den unterschiedlichsten Bereichen des Gesundheitswesens. Wir sind stolz, Vertreter der Universität, der Ärzte, der Apotheker, der Krankenkassen, der pharmazeutischen Unternehmen und der Landeshauptstadt München an einen Tisch bekommen zu haben. Weiterhin finden sich bei uns Repräsentanten aus der Ärztekammer, der Kassenärztlichen Vereinigung, aus dem Pflegebereich und forschenden Instituten sowie aus Verbänden und Managementunternehmen. Unsere Gesamtkompetenz ist die Summe der praktischen Erfahrungen im Gesundheitswesen, des Knowhows in Entwicklungsmanagement und wissenschaftlicher Planung sowie der täglich geübten Betreuung und Versorgung von Patienten jedes einzelnen Experten. Das Wissen um die Mängel unseres Gesundheitswesens und die Erfahrung im Bereich von Versorgungsketten gaben uns die Voraussetzung, das Brannenburger Modell zu entwickeln. Häufige Kontakte in das europäische Ausland gaben uns wertvolle Einblicke in funktionierende und mangelhafte Teilbereiche laufender Versorgungs-Projekte.

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Können Sie Ihr Konzept für die integrierte Patientenversorgung – das "Brannenburger Modell" – kurz beschreiben?

Schmid:

Stellen Sie sich einfach vor, Sie wären krank, hätten einen einzigen Kontakt und wären umfassend diagnostiziert, behandelt und versorgt, ohne sich um weitere Details kümmern zu müssen. Anders formuliert bietet unser Modell ein nach Leitlinien und Standards abgestimmtes Zusammenwirken unterschiedlichster Kooperationspartner unter einem organisatorischen, infrastrukturellen Dach mit einem gemeinsamen Management und einer Trägerschaft mit den Zielen Qualität, Transparenz und Wirtschaftlichkeit. Verschiedenste Kommunikationsinstrumente (z. B. IT), ein auf den Patienten abgestimmter Service und Betreuungsleistungen runden das medizinische Angebot ab und schaffen Professionalität in allen Bereichen.

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Welche konkreten Vorteile sehen Sie für die Leistungserbringer, die Kostenträger und insbesondere für die Patienten, wenn diese bei der integrierten Versorgung teilnehmen?

Schmid:

Lassen Sie uns beim Patienten beginnen. Die integrierte Versorgung nach unserem Modell bettet den Patienten in ein qualitätsgesichertes Versorgungssystem, das sich für ihn transparent darstellt. Er besitzt nach wie vor oder gerade erst dann seine persönlichen Ansprechpartner, die er sich in unserem System frei wählen kann. Dies können Hausärzte, aber auch Patientenbetreuer (Coach) sein. Gerade die Wahlfreiheit ist abhängig von Vertrauen und Zufriedenheit. Das Wissen, seine Gesundheitsversorgung aus "einer Hand" bekommen zu können, befreit ihn von vielen Wegen und Umständlichkeiten. Detaillierte Serviceangebote und eine Reihe von Vorteilen runden das umfassende Angebot ab. So unterschiedlich Krankheitsbilder sind, so differenziert muss Betreuung und Angebot offeriert werden.

Der Hauptvorteil der verschiedenen Leistungserbringer ist die Rückkehr zur Kernkompetenz. Hausärzte zum Beispiel gehen in einer Flut von bürokratischen Richtlinien unter. Fachärzte entwickeln sich immer mehr zu Maklern von Sonderleistungen. Apotheken gleichen immer mehr Supermärkten. Entlastungen von fachfremden Tätigkeiten bringen automatisch wieder mehr Zeit für den Patienten, Verkürzen die Wartezeiten und schaffen gleichzeitig mehr medizinische Leistung mit weniger Aufwand. Für Kliniken reduzieren sich durch die enge Verknüpfung mit dem ambulanten System Wiedereinweisungen und die Dauer von stationären Aufenthalten. So können Sie den politischen Auflagen nachkommen. Sektoren-übergreifende Standards erhöhen nicht nur die Sicherheit für den Patienten und sparen Doppeluntersuchungen und Fehlverordnungen, sondern reduzieren auch den Zeitaufwand jeder einzelnen Maßnahme. Es ist an der Zeit, dass die Motivation aller Beteiligten im Gesundheitswesen wieder steigt. Der Abgrund eines Mangels an Ärzten im Gesundheitswesen ist bereits deutlich erkennbar.

Die Kostenträger, denen das GMG eine Menge an Verantwortung und Organisation auflastet, werden aufatmen können, wenn sie ihren Versicherten eine qualitativ hochwertige Versorgung zu akzeptablen Preisen bieten können. Das Brannenburger Modell ist für ein lokales medizinisches Versorgungszentrum (MVZ), aber auch für ein flächendeckendes medizinisches Versorgungsunternehmen (MVU) geeignet. Es ist für Ballungsräume, wie für die Flächenversorgung ausgelegt. Wenn die Kostenträger in Ballungszentren hunderte von Einzelverträgen abschließen müssten, hätten sie neben einer riesigen Bürokratie auch die komplette Versorgungsverantwortung.

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Welche Rolle sollen die deutschen Apotheker in dem "Brannenburger Modell" einnehmen bzw. wie sieht Ihre Expertengruppe den Apotheker als den Arzneimittelfachmann in der integrierten Versorgung?

Schmid:

Warum meinen Sie, dass Apotheker von Anfang an in die Modellentwicklung integriert waren? Bei uns wurde bereits 2001 der Hausapotheker in seiner Rolle als Experte für Arzneimittel und Versorgung geschaffen. Ein MVZ könnte wie eine Klinik zentral Arzneimittel beschaffen, deren Auswahl im Zusammenwirken von Ärzteschaft und Apotheker zu finden sein wird. Einfachere Lagerhaltung wird für die Abgabe an den Patienten über Leitlinien und Standards eine Selbstverständlichkeit werden. Im Bereich der Patientenberatung und -schulung wird der Apotheker die Rolle des Arzneimittelfachmanns ausfüllen. Marktbeobachtungen und Information über Verordnungsverhalten führen zu einem Arzneimittel-Benchmark, dessen Führung der Apotheker innehat. Selbstverständlich ist eine Prüfung des Verordnungsverhaltens eines MVZ oder eines MVU in seinen Händen bestens aufgehoben. Beratungen zur Wirtschaftlichkeit gehören zu seinem Auftragsumfang.

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Das zum 1. Januar 2004 in Kraft tretende GKV-Modernisierungsgesetz bringt für die deutschen Apotheker erhebliche Veränderungen, unter anderem die rechtliche Grundlage, an der integrierten Versorgung teilzunehmen. Wurde Ihr Konzept dahingehend geändert und spielen Einzelverträge eine Rolle?

Schmid:

Einzelverträge werden im MVZ kaum eine Rolle spielen. Der Apotheker ist wie jeder andere Leistungserbringer vertraglich in seinem Aufgabengebiet eingebunden. Die Veränderungen, die das GMG beinhaltet, passen deckungsgleich auf unser Modell, so dass kaum Anpassungen notwendig sind. Die wirtschaftlichen Voraussetzungen werden sogar neue Möglichkeiten in der Preis- und Rabattgestaltung schaffen, die weiter führen, als wir es angedacht haben. Diese Entwicklung nach vorne wird von uns begrüßt. Im Übrigen war der Apotheker in unserem Modell schon immer Teilnehmer an der integrierten Versorgung.

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Die Apotheker interessiert brennend, ob für Patienten, die bei der integrierten Versorgung teilnehmen, die freie Apothekenwahl eingeschränkt wird. Konkret: Dürfen Patienten nur noch in bestimmten Apotheken ihr Rezept einlösen, wenn sie sich in der integrierten Versorgung einschreiben? Was sieht Ihr Konzept diesbezüglich vor?

Schmid:

Die freie Wahl des Patienten wird in unserem Modell voll respektiert. Allerdings ist es eine Selbstverständlichkeit, dass nur wenige Apotheker in das Modell direkt eingebunden sind und so mehr Kompetenz, mehr Information und mehr Serviceanbindungen erfahren. Die Patienten werden mit den Füßen entscheiden, wo sie sich behandeln oder versorgen lassen. Unsere Regierung wollte den Wettbewerb und hat den Monopolen die rote Karte gezeigt. Wir werden uns als Unternehmen diesem Wettbewerb stellen. Einzelne Apotheker werden einen Teil unseres Unternehmens darstellen.

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Laut Pressemeldung planen Sie ein medizinisches Versorgungszentrum und stehen kurz vor der Realisierung. Wie muss man sich eine solche Einrichtung konkret vorstellen?

Schmid:

Das MVZ ist eine in sich geschlossene strukturelle und organisatorische Einheit. Es ist heute am sinnvollsten, das MVZ in Verknüpfung mit einem Krankenhaus zu organisieren, so dass sich die Sektoren auflösen und die Managementsysteme zusammenwachsen können. Sie verstehen sicher, dass ich nicht im Einzelnen auf Details oder bereits erfolgte Vertragsabsprachen eingehen kann. Es gibt bereits heute neu gegründete Gesellschaften, die unser Modell in manchen Teilen schon kopiert haben. Ich denke aber, dass in der heutigen Ausgangssituation in Ballungszentren kein Neubau eines MVZ "auf der grünen Wiese" Erfolg versprechend ist, zumal unter anderem Zulassungsbeschränkungen dieser Variante entgegenstehen. Bereits vorhandene Anbieter, die sich vor Qualität und Transparenz nicht scheuen, werden sich strukturell und organisatorisch zusammen mit den Kliniken vereinen und so eine neue Angebotsstruktur schaffen.

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MSD Sharp & Dohme und HEXAL haben Ihre Expertengruppe unterstützt. Welche Rolle spielen die pharmazeutischen Unternehmen im "Brannenburger Modell"?

Schmid:

Die beiden Pharmaunternehmen haben die Modellentwicklung inhaltlich und organisatorisch als Kompetenzpartner mitgetragen. Sie haben uns nun zweieinhalb Jahre infrastrukturell die Möglichkeit eröffnet, uns kostengünstig zu treffen und zu tagen. Für diese Unterstützung möchte ich mich ausdrücklich bedanken. Auch in Zukunft ist es sicher unumgänglich, die pharmazeutische Industrie als Partner in der Entwicklung, Forschung, besonders in der Versorgungsforschung wegen ihrer bewiesenen Kompetenz einzubinden.

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Welche Aktivitäten empfehlen Sie dem deutschen Apotheker hinsichtlich integrierter Versorgung zu entwickeln und sehen Sie z. B. den Versandhandel von Arzneimitteln als sinnvollen Bestandteil der integrierten Versorgung?

Schmid:

Es wird mit Sicherheit nicht einfach sein, Individuen, die bisher nur ihr eigenes Unternehmen im Vordergrund sahen, in eine Gemeinschaft einzubinden. Dennoch wird die Zukunft auch für die Apotheker im gemeinsamen Angebot liegen. Darum heißt es, sich an regionale Strukturen anzubinden, die in die integrierte Versorgung eintreten. Der Versandhandel, der bundesweit zu organisieren ist, gehört sicher nach dem GMG der Vergangenheit an. Regional werden jedoch Serviceleistungen bzw. neue Geschäftszweige ähnliche Projekte notwendig erscheinen lassen. Konkrete Projektierungen haben unsere Apotheker bereits entwickelt.

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Wann und wo wird das erste medizinische Versorgungszentrum jetzt eröffnet?

Schmid:

Sie verstehen sicher, dass ich mich bei dieser Frage ein wenig bedeckt halten muss. Wir werden mit großer Wahrscheinlichkeit in München unser erstes MVZ starten, da wir hier bereits in der Modellphase seit einigen Jahren ein Versorgungsunternehmen nach unserem Modell testen. Der Patienten-Partner-Verbund als flächendeckendes MVU wird das MVZ mit einer kooperativen Klinik in Zusammenarbeit mit dem ViP e.V. verwirklichen. Wir hoffen dieses Projekt noch im Jahr 2004 starten zu können, da wir bereits weit vor dem GMG unsere Planungen verhandeln konnten. Eine Klinik, eine Apotheke und etliche Arztpraxen haben ihr Einverständnis bereits gegeben.

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Herr Schmid, vielen Dank für das Gespräch!

Rechtzeitig zur Verabschiedung des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG) im Bundesrat am 17. Oktober 2003 hat die Expertengruppe des Vereins für integrative Patientenversorgung ViP e. V., die seit über zwei Jahren mit organisatorischer Unterstützung der pharmazeutischen Unternehmen MSD Sharp & Dohme und HEXAL tätig ist, ihr Konzept für die integrierte Patientenversorgung und ein medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) fertig gestellt. Bekannt geworden ist es als "Brannenburger Modell", dessen erste Stufe im Jahr 2001 in dem oberbayerischen Ort Brannenburg entwickelt wurde.

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