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Preise der Robert-Koch-Stiftung verliehen: Prionen-Krankheiten, Immunsystem, Hel
Robert-Koch-Preis 2003
Den Robert-Koch-Preis 2003 erhielt Professor Adriano Aguzzi, Professor an der Universität Zürich und Direktor des Instituts für Neuropathologie dieser Hochschule, für seine herausragenden wissenschaftlichen Beiträge zum Verständnis der Pathogenese von Prionen-Krankheiten und der Rolle des Immunsystems für ihre Entstehung.
Adriano Aguzzi ist (neben Stanley Prusiner und Charles Weissmann) einer der drei international herausragenden Forscher, die die Grundlagen zum Verständnis der Prionenkrankheiten gelegt haben, zu denen der Rinderwahn (BSE) und die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit gehören. Zu seinen Beiträgen gehören die Aufklärung wesentlicher Aspekte der Mechanismen, wie Prion-Proteine das Gehirn unter den Bedingungen der natürlichen Infektion erreichen können sowie die Schädigung von Gehirnzellen durch Prion-Protein.
In den vergangenen sechs Jahren beschäftigte er sich mit der Frage, wie Prion-Proteine das Immunsystem unterlaufen, um das Gehirn zu erreichen (Notwendigkeit von B-Lymphozyten für die Ausbreitung des Virus). Erkenntnisse über die Schutzwirkung neutralisierender Antikörper eröffnen eventuell erste Möglichkeiten zur Entwicklung eines Impfstoffes gegen Prionkrankheiten.
Arbeiten zur Epidemiologie und Pathogenese der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit beim Menschen führten zu der Beobachtung, dass sich Ablagerungen des pathogenen Prion-Proteins von Creutzfeldt-Jakob-Opfern auch in der Milz und im Skelettmuskel finden. Eventuell sind infektionsbedingte Creutzfeldt-Jakob-Krankheiten häufiger als bisher vermutet.
Robert-Koch-Medaille in Gold 2003
Die Robert-Koch-Medaille in Gold 2003 ging an Prof. Dr. Tadamitso Kishimoto, Präsident der Universität Osaka, der in drei Jahrzehnten wesentliche Grundlagen zum Verständnis der Signalübertragung zwischen verschiedenen Zellen und Komponenten des Immunsystems und damit zum Verständnis der molekularen Grundlagen von entzündlichen Krankheiten und Tumoren geschaffen hat.
So fand er einen löslichen Faktor von T-Lymphozyten, der spezifisch die Sekretion von Antikörpern der IgE- und EgG-Klasse induziert (Interleukin-6). Es gelang seiner Arbeitsgruppe, erstmals den kompletten Signalweg eines Zytokins von der Zelloberfläche bis zum Zellkern nachzuvollziehen.
Kishimoto fand, dass Interleukin-6 für die Entstehung mehrerer Immunopathien und Tumorkrankheiten relevant ist. Er war in den 90er Jahren einer der am häufigsten zitierten Wissenschaftler in der Biomedizin.
Postdoktoranden-Preise
Die Postdoktoranden-Preise wurden an Dr. Steffen Backert in Anerkennung seiner Arbeiten zur Analyse der Wirt-Pathogen-Wechselwirkung bei Helicobacter-pylori-Infektionen, an Dr. Wolfram Brune für seine Arbeiten zur genetischen Manipulation von Herpesviren sowie an Dr. Carsten Watzl für seine Arbeiten zur Regulation von NK-Zellen durch die Wechselwirkung positiver und negativer Signale, die durch unterschiedliche NK-Zellrezeptoren vermittelt werden, verliehen.
Forschungsfreundlicheres Klima in Deutschland angemahnt
Bundestagspräsident Thierse mahnte ein forschungsfreundlicheres Klima in Deutschland an – keine unkritische Wissenschaftsgläubigkeit; nicht alles was machbar ist, darf gemacht werden, Maßstab bleibt die Würde des Menschen.
Giuseppe Vita, Vorsitzender der Robert-Koch-Stiftung, beklagte, dass in Deutschland nicht nur ein Mangel an Geld, sondern vor allem ein Mangel an Enthusiasmus und Verständnis für die Wissenschaft herrscht.
Professor Fleckenstein, der Laudator, verwies auf die hervorragenden Rahmenbedingungen für Spitzenwissenschaft und industrielle Forschung in der Schweiz. Diese haben beispielsweise dazu geführt, dass die Robert-Koch-Stiftung seit ihrem Bestehen ihre Preise und Medaillen – gemessen an Bevölkerung und Wirtschaftskraft – sechs Mal häufiger an Schweizer Forscher verliehen hat als an Bürger der Bundesrepublik Deutschland. Adriano Aguzzi hat auch die Beobachtung gemacht, dass die Wissenschaftsberatung in der Politik Not leidend ist.
Der Robert-Koch-Preis gehört zu den angesehensten wissenschaftlichen Auszeichnungen der Bundesrepublik, er genießt auch eine hohe internationale Wertschätzung. Fünf der Preisträger seit 1977 haben später den Nobel-Preis erhalten.
Die Robert-Koch-Stiftung fördert finanziell und durch öffentliche Auszeichnungen wissenschaftliche Arbeiten auf den Gebieten der Grundlagenforschung bei Infektionskrankheiten, der Immunologie und Mikrobiologie und sie unterstützt Maßnahmen zur Lösung medizinischer und hygienischer Probleme in den Ländern der Dritten Welt. Mit der diesjährigen Preisverleihung wurde der Robert-Koch-Preis erstmals seit dem Krieg wieder in Berlin verliehen.
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