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- DAZ 49/2003
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GMG und Apotheken
H. J. MeyerArzneimittelversand aus dem europäischen
Tiefgreifende Veränderung des Arzneimittel- und Apothekenrechts
Mit der Freigabe des Versandhandels greift das GKV-Modernisierungsgesetz tief in das bisher in Deutschland geltende Arzneimittel- und Apothekenrecht ein, da die Abkehr von der Verpflichtung zur Arzneimittelabgabe in der Apotheke künftig nicht nur die Arzneimittelzustellung im lokalen oder regionalen Bereich zulässt, sondern prinzipiell jeder Apotheke in der Europäischen Union und im europäischen Wirtschaftsraum den Versand von Arzneimitteln an deutsche Patienten erlaubt.
Entgegen anfänglichen Äußerungen der Gesundheitspolitik ergibt sich die Einbeziehung der ausländischen Apotheken als Konsequenz einer Freigabe des Arzneiversands zwingend aus dem europäischen Gemeinschaftsrecht und lässt sich – ist die Verpflichtung zur Abgabe in der Apotheke einmal gefallen – durch nationale Gesetzgebung nicht mehr verhindern.
Diese gemeinschaftliche Konsequenz nimmt das GMG dadurch vorweg, dass es nicht nur das Versandhandelsverbot aufhebt (§ 43 Arzneimittelgesetz – AMG), sondern auch das bisher bestehende "Verbringungsverbot" des § 73 AMG teilweise abschafft.
Nach dieser Bestimmung war der Arzneimittelimport nach Deutschland bislang – bis auf enge Ausnahmen – nur gestattet, wenn der Empfänger pharmazeutischer Unternehmer, Großhändler, Tierarzt, Apotheker oder zugelassener Importeur war. Demgegenüber lässt das GMG künftig auch die direkte grenzüberschreitende Abgabe von Arzneimittel an deutsche Endverbraucher zu.
Welche Standards gelten künftig ...
Das GMG unternimmt den ambitionierten Versuch, die Sicherheitslücke, die sich durch die Aufhebung des Versandhandelsverbots öffnet, dadurch zu schließen, dass es "die Anforderungen des innereuropäischen Versandhandels mit Arzneimitteln nach Deutschland an den in Deutschland geltenden Anforderungen" ausrichtet.
Das ist schon deshalb nicht ganz einfach, weil mit dem Wegfall des persönlichen Kontakts zwischen Patienten und pharmazeutischem Personal für den Kunden auch die Möglichkeit entfällt, "sofort Rückfragen zu stellen, während ein Kunde der Internetapotheke dazu nach Erhalt des Medikamentes erst unter der angegebenen Telefonnummer bei der Beklagten anrufen bzw. eine E-Mail schicken muss.
Dabei gerät er leicht in Versuchung, etwaige Fragen auf sich beruhen zu lassen und das Medikament einzunehmen, ohne mögliche Bedenken vorher abgeklärt zu haben." (Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 9.11.2000, Az.: 2-03 O 365/00).
Durch die gemeinschaftsrechtlich bedingte Einbeziehung aller europäischen Apotheken in den Arzneiversand nach Deutschland werden darüber hinaus gleich zwei weitere bisher wirksame Kontrollinstanzen für die Arzneimittelversorgung beseitigt:
- Im ersten Schritt entfällt beim grenzüberschreitenden Arzneimittelverkehr die zwingende Einschaltung eines der deutschen Arzneimittelüberwachung unterliegenden gewerblichen Empfängers,
- im zweiten Schritt entfällt beim grenzüberschreitenden Arzneimittelverkehr die zwingende Einschaltung einer den deutschen arznei- und apothekenrechtlichen Vorschriften unterworfenen und mit deutschsprachigem Personal ausgerüsteten Apotheke im Bundesgebiet.
Die Absicht des deutschen Gesetzgebers, den Wegfall dieser wirksamen Kontrollinstanzen durch nationale Regelungen zu kompensieren, ist auch deshalb überraschend, weil bislang keine Versuche der ansonsten in Arzneimittelfragen nicht gerade großzügigen deutschen Behörden bekannt geworden sind, den nach unserem Recht eindeutig illegalen Arzneiversand aus dem EU-Ausland durch Beschlagnahme von Sendungen, Kontrolle hiesiger Lieferanten oder gemeinschaftsrechtliche bzw. zwischenstaatliche Maßnahmen zu bekämpfen.
Es stellt sich die Frage, wieso man den niederländischen Rechtsbrechern diesen rechtsfreien Raum so lange eingeräumt hat, wenn man nun mit einem Federstrich "die Anforderungen des innereuropäischen Versandhandels mit Arzneimitteln nach Deutschland an den in Deutschland geltenden Anforderungen" ausrichten kann. Nach der Logik der Gesetzesbegründung ist es allerdings genau umgekehrt: Erst durch die Freigabe des europaweiten Versandhandels kann man ihn kontrollieren.
Ein anspruchsvolles Vorhaben ist die Ausrichtung des innereuropäischen Versandhandels mit Arzneimitteln nach Deutschland an den in Deutschland geltenden Anforderungen aber vor allem deshalb, weil es sich der deutsche Gesetzgeber damit zutraut, durch nationales Recht europaweit gültige Standards für den Versandhandel durchzusetzen.
Statt, wie vom Runden Tisch im Gesundheitswesen empfohlen, zunächst gemeinschaftsrechtliche Anforderungen an den Versandhandel zu etablieren, bevor man die Grenzen für den Versand von apothekenpflichtigen Arzneimitteln an deutsche Patienten öffnet, sollen nun die deutschen Regeln auf die Versandapotheken aus den 27 anderen EU-Mitgliedsstaaten angewendet werden.
Man darf aus drei Gründen gespannt sein, wie der vom Gesetzgeber angekündigte "geregelte, kontrollierte und überwachte Versandhandel einschließlich des elektronischen Handels mit Arzneimitteln" in die Tat umgesetzt werden wird:
1. In tatsächlicher Hinsicht setzt die arzneimittelrechtliche Überwachung und Kontrolle des Individualversandes an Privatkunden entweder die Schaffung neuer Behördenstrukturen in Deutschland voraus, da schon der heute stattfindende Arzneiversand nach Aussage der Gesetzesbegründung nicht überwacht wird.
Oder es gelingt der Bundesrepublik, in Verhandlungen mit den 27 anderen EU-Staaten, die Überwachung der dortigen Apotheken auf die Einhaltung der deutschen Vorschriften durchzusetzen. Es ist nicht bekannt, ob solche Verhandlungen aufgenommen wurden.
2. In rechtlicher Hinsicht gilt grundsätzlich das Territorialprinzip für arznei- und apothekenrechtliche Vorschriften. Wer in Deutschland Arzneimittel in Verkehr bringt, zum Beispiel im Wege des Versandes aus einem anderen EU-Staat, muss die deutschen Regeln einhalten.
Der Vollzug dieser Regelungen hängt jedoch davon ab, ob der Heimatstaat der Versandapotheke dabei mitspielt. Im Falle der niederländisch/deutschen Internetapotheke wurden behördliche Maßnahmen bzw. diplomatische Schritte der Bundesregierung zur Durchsetzung der §§ 43 und 73 Arzneimittelgesetz bislang nicht eingeleitet. Die Vollstreckung rechtskräftiger zivilrechtlicher Verbotsverfügungen ist nach drei Jahren noch nicht gelungen.
3. Durch die Abkehr von dem in die nationale Zuständigkeit fallenden Versandverbot öffnet der deutsche Gesetzgeber die Tür für die Anwendbarkeit des europäischen Gemeinschaftsrechts. Die deutschen Kriterien für den Versandhandel werden künftig daran gemessen werden, ob sie den freien Warenverkehr im Binnenmarkt behindern.
Das durch die E-Commerce-Richtlinie eingeführte Herkunftslandsprinzip durchbricht das Territorialprinzip noch weiter, da sich der grenzüberschreitende Internetanbieter grundsätzlich nur noch an das Recht seines Heimatstaates zu halten braucht. Eine Ausnahme gilt allerdings für "Anforderungen betreffend die Lieferung von Waren", wobei jedoch offen ist, welche Regelungen dies im Einzelnen betrifft.
Trotz dieser offenen Fragen sollte man die Ernsthaftigkeit der erklärten Absicht des deutschen Gesetzgebers, den innereuropäischen Versandhandel mit Arzneimitteln nach Deutschland an den in Deutschland geltenden Anforderungen auszurichten, nicht in Zweifel ziehen.
Es geht in den nächsten Wochen und Monaten vielmehr darum, die Anstrengungen der deutschen Behörden zur Umsetzung der neuen Anforderungen auch gegenüber ausländischen Versendern zu unterstützen. Nachfolgend sollen daher diese Anforderungen im Einzelnen dargestellt werden.
... für Zulassungspflicht und Verkehrsfähigkeit ...
Nach europäischem Arzneimittelrecht muss jedes Fertigarzneimittel, das in einem Mitgliedsstaat in Verkehr gebracht wird, entweder die zentrale europäische Zulassung oder die nationale Zulassung des betreffenden Landes besitzen. Neben den vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zugelassenen Arzneimitteln sind in Deutschland nur noch die nach dem zentralen europäischen Verfahren zugelassenen Arzneimittel (EMEA) verkehrsfähig.
Für letztere gilt dies allerdings nur, wenn sie in deutscher Aufmachung in Verkehr gebracht wurden oder von einem Importeur im Rahmen einer Herstellungserlaubnis mit der deutschen Aufmachung und dem deutschen Beipackzettel versehen wurden.
Diese Vorschriften beziehen sich jeweils auf die einzelne Packung, sodass auch bei gleichem stofflichen Inhalt deren Verkehrsfähigkeit von der vom pharmazeutischen Unternehmer konkret gewählten Präsentation abhängt. Grenzüberschreitender Handel mit national zugelassenen Arzneimitteln ist daher nur in Form des Parallelimports möglich.
Dieser setzt voraus, dass der Importeur eine (vereinfachte) nationale Zulassung für die betreffenden Produkte im Empfängerland erwirbt, die Packung im Rahmen einer Herstellungserlaubnis an die deutschen Kennzeichnungsvorschriften anpasst und sie als pharmazeutischer Unternehmer, d. h. unter seinem Namen in Verkehr bringt.
Ein innereuropäischer Großhandel im Sinne eines Vertriebs unveränderter Packungen ist daher bis heute ebenso wenig möglich wie die generelle Abgabe europäischer Packungen durch deutsche Apotheker.
Die aktuelle Reform des europäischen Arzneimittelrechts (Änderung des Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel, Richtlinie 2001/83/EG) schreibt ferner die Verpflichtung des Importeurs fest, auch bei zentral zugelassenen Arzneimitteln seine Importabsicht dem Zulassungsinhaber und den zuständigen Behörden vorab mitzuteilen. Zusätzliche Exportrestriktionen gelten aufgrund der Beitrittsverträge ab 2004 für die meisten Beitrittsländer.
Dieses strikte Zulassungs- und Verkehrsfähigkeitsregime wird bislang nur durch enge Ausnahmen durchbrochen. Die wichtigsten sind der Einzelbezug durch den Endverbraucher ohne gewerbs- oder berufsmäßige Vermittlung in einer dem üblichen persönlichen Bedarf entsprechenden Menge aus dem europäischen Ausland (§ 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG) und der Einzelimport durch Apotheken mit geringen Mengen und auf besondere Bestellung einzelner Personen (§ 73 Abs. 3, 4 AMG).
Der Ausnahmecharakter dieser Regelungen wird durch das für diesen Vertriebsweg bestehende Werbeverbot unterstrichen (§ 3 Heilmittelwerbegesetz) und soll durch das 12. AMG-Änderungsgesetz weiter verschärft werden.
Demgegenüber lässt das GMG den Arzneimittelversand an deutsche Endverbraucher aus dem europäischen Ausland nicht etwa als Ausnahmeregelung, sondern als künftigen Normalfall neben den bisher zugelassenen Einfuhrarten zu.
Den eklatanten Widerspruch dieser liberalen Öffnungsklausel mit der weiterhin bestehenden strikt national begrenzten Verkehrsfähigkeit von Fertigarzneimitteln löst das GMG mit einem weiteren Federstrich: Der Versand an deutsche Patienten ist nur dann zulässig, wenn das Arzneimittel zum Verkehr in Deutschland zugelassen ist.
Damit dürfen Versandapotheken aus anderen Mitgliedsstaaten der EU oder des EWR nach deutschem Recht auch weiterhin keine Fertigarzneimittel nach Deutschland schicken, wenn diese nur die Zulassung ihres jeweiligen Herkunftslandes besitzen (Tab. 1).
Neben den in Deutschland zugelassenen Arzneimitteln sind nach dem Wortlaut der neuen Regelung auch zentral zugelassene Arzneimittel uneingeschränkt an deutsche Endverbraucher versendungsfähig. Allerdings ergibt sich hier aus den §§ 10 und 11 AMG, dass sie in Deutschland nur dann in den Verkehr gebracht werden dürfen, wenn sie deutsche Kennzeichnung und Beipackzettel aufweisen. Dies gilt auch für das Inverkehrbringen im Wege des Versandes an deutsche Patienten.
Eine komplementäre Regelung für deutsche Apotheken, an Patienten in anderen europäischen Staaten nur Fertigarzneimittel zu versenden, die im Empfängerstaat verkehrsfähig sind, existiert weder im deutschen noch im europäischen Recht. Ebenso wenig ist davon auszugehen, dass in den anderen EU-Mitgliedsstaaten eine entsprechende Vorschrift existiert, die den Versand nach Deutschland regelt.
Die Bundesregierung setzt offenbar darauf, im Laufe der nächsten Zeit durch Kooperation mit den anderen Mitgliedsstaaten nachträglich sicherstellen zu können, dass Verstöße gegen die deutschen Versand- und Zulassungsvorschriften durch die jeweiligen Heimatbehörden des Versenders im Wege der Rechtshilfe abgestellt werden. Die Kontrolle des grenzüberschreitenden Arzneimittelverkehrs durch Deutschland soll nach diesen Vorstellungen durch die Kontrolle der Versender durch deren Heimatstaaten ersetzt werden.
Solange dies noch nicht geschieht, muss die Einhaltung der deutschen Zulassungsvoraussetzungen beim Versand an deutsche Endverbraucher durch die massive Ausweitung der Überwachung des grenzüberschreitenden Arzneimittelverkehrs durch die zuständigen Zoll- und Aufsichtsbehörden sichergestellt werden.
Sollte dies ab dem 1. Januar 2004 nicht erfolgen, würde im Bereich des Arzneimittelversands ein rechtsfreier Raum entstehen, der das strikte Zulassungssystem für Arzneimittel einschließlich der besonderen Restriktionen für die Beitrittsländer ad absurdum führen würde.
.... für die Verschreibungspflicht ...
Eine der wichtigsten Aufgaben des Apothekers zur Wahrung der Arzneimittelsicherheit ist die Beachtung und Kontrolle der Verschreibungspflicht. Das erhöhte Risikopotenzial rezeptpflichtiger Arzneimittel rechtfertigt die Abgabe an den Patienten nur aufgrund einer ärztlichen Verordnung.
Bei Nichteinhaltung der Verschreibungspflicht droht dem deutschen Apotheker eine Freiheitsstrafe. Welche Maßstäbe gelten für den ausländischen Versender? Eine ausdrückliche Regelung enthält der neu eingefügte § 73 Abs. 1 Nr. 1a AMG nicht, doch sind auch hier die deutschen Vorschriften zur Verschreibungspflicht anwendbar, da das eigentliche Inverkehrbringen des Arzneimittels erst in Deutschland erfolgt.
Fraglich ist jedoch auch insoweit die praktische Kontrollierbarkeit und Durchsetzbarkeit, da aus dem gleichen Grund – die Abgabe erfolgt außerhalb der eigenen Jurisdiktion – der jeweilige Heimatstaat nach seinem eigenen Recht keinen Anlass zum Eingreifen hat. Es kommt hinzu, dass die Verschreibungspflicht in Europa bislang kaum vereinheitlicht ist, sodass ein in Deutschland verschreibungspflichtiges Arzneimittel in anderen europäischen Staaten durchaus verschreibungsfrei sein kann.
All dies führt jedoch nicht zur Straflosigkeit für den ausländischen Versender, da er sich beim Arzneimittelversand an das deutsche Recht zu halten hat. Er kann sich dabei auch nicht auf das Herkunftslandsprinzip der E-Commerce-Richtlinie berufen, weil die Verschreibungspflicht auf europäischem Recht beruht und "Anforderungen betreffend die Lieferung von Waren" betrifft.
Voraussetzung für eine wirksame Kontrolle ist allerdings, dass die deutschen Stellen, im Unterschied zum bisherigen Umgang mit illegalen Internetangeboten, auf diplomatischem Wege über den Heimatstaat tatsächlich die Ahndung derartiger Verstöße betreiben.
... die Apothekenpflicht ...
Die Apothekenpflicht für Arzneimittel gilt in Deutschland – wie in den anderen EU-Mitgliedsstaaten – als Grundsatz, der dem Verbraucherschutz und der Verhütung von Arzneimittelmiss- und -fehlgebrauch dient und nur durch die enge Ausnahme der freiverkäuflichen Arzneimittel durchbrochen wird.
Das GMG lässt den Versand aus dem europäischen Ausland an deutsche Endverbraucher nur durch Apotheken aus anderen EU- oder EWR-Staaten zu und dehnt damit die Apothekenpflicht auch auf den Versand freiverkäuflicher Arzneimittel aus dem Ausland aus. Ein ausländischer Versender, der keine Apotheke betreibt, würde daher gegen das deutsche Verbringungsverbot gem. § 73 Abs. 1 AMG verstoßen, wenn er Arzneimittel an deutsche Endverbraucher schicken würde.
Mit dieser Regelung wagt sich der deutsche Gesetzgeber auf juristisches Neuland vor, da er damit ein neues Monopol einrichtet, das sich zwar auf den deutschen Markt bezieht, aber an den jeweils national bestimmten Status des Anbieters anknüpft.
Zwar sind die gegenseitige Anerkennung der Diplome und Einzelfragen der grenzüberschreitenden Niederlassung der Apotheker in den Richtlinien 85/432/EWG und 85/433/EWG EWG europaweit harmonisiert, doch existiert weder eine gemeinschaftsrechtliche Definition der Apotheke noch eine Vereinheitlichung der Zulassungs- und Niederlassungsbedingungen.
Auch gibt es bislang keine gemeinschaftsrechtliche Grundlage für eine zwischenstaatliche Information über erteilte Apothekenzulassungen, sodass die Einhaltung der Apothekenpflicht derzeit nur aufgrund konkreter Anfragen geprüft werden könnte.
Die von den einzelnen Mitgliedsstaaten geregelte Apothekenpflicht für Arzneimittel stellt eine Beschränkung des freien Warenverkehrs dar, die jedoch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bis zum Beweis des Gegenteils aus Gründen des Gesundheitsschutzes gerechtfertigt ist.
Durch die Ausdehnung des Apothekenmonopols auf den grenzüberschreitenden Versandhandel durch Anbieter aus anderen Mitgliedsstaaten entsteht aber eine neue Konstellation, die möglicherweise zu anderen Ergebnissen führen kann. Dies ergibt sich vor allem daraus, dass die Abgrenzung der Apothekenpflicht sehr unterschiedlich gehandhabt wird.
Während in einigen EU-Staaten mehr Arzneimittel als in Deutschland von der Apothekenpflicht ausgenommen sind, gibt es andere, in denen zwar eine striktes Apothekenmonopol für alle Arzneimittel existiert, durch einen engere Arzneimittelbegriff jedoch weniger Mittel als in Deutschland zu den Arzneimitteln zählen.
Sollte sich ein Versender, der ein nach nationalem Recht freiverkäufliches Mittel nach Deutschland schickt, gegen eine deutsche Maßnahme unter Berufung auf die Warenverkehrsfreiheit wenden, so könnte die Apothekenpflicht schneller als erwartet auf dem gemeinschaftsrechtlichen Prüfstand stehen.
Dennoch stellt die Apothekenpflicht eine zentrale Vorbedingung für den Arzneimittelversand nach Deutschland dar. Es muss daher durch die deutschen Aufsichtsbehörden sichergestellt werden, dass diese Bedingung eingehalten wird. Zu diesem Zweck muss nicht nur die Kontrolle der importierten Arzneimittelsendungen verschärft werden, sondern auch ein Informationsaustausch mit den 27 anderen europäischen Staaten eingerichtet werden, um die zugelassenen Apotheken identifizieren zu können.
... die Befugnis zum Arzneimittelversand ...
Der deutsche Gesetzgeber legt Wert auf die Feststellung, dass er den Arzneimittelversand nicht bedingungslos freigegeben hat, sondern ihn an zahlreiche Bedingungen geknüpft hat, die das damit verbundene erhöhte Risiko einschränken sollen.
Dazu zählen vor allem die Erlaubnispflicht für den Arzneimittelversand, die Anforderungen an das Qualitätssicherungssystem und die vorgeschriebenen Beratungspflichten. Fraglich ist jedoch, inwieweit auch ausländische Versender diesen Anforderungen unterworfen sind. Der Gesetzgeber hat versucht, dies durch zwei in § 73 Abs. 1 Nr. 1a AMG enthaltene Bedingungen sicherzustellen.
Nach der ersten Bedingung darf nur diejenige Apotheke aus dem europäischen Ausland Arzneimittel an deutsche Patienten versenden, "welche für den Versandhandel nach ihrem nationalen Recht, soweit es dem deutschen Apothekenrecht in Hinblick auf die Vorschriften zum Versandhandel entspricht, oder nach dem deutschen Apothekengesetz befugt ist".
Die Versandbefugnis der ausländischen Apotheke kann sich also entweder aus dem nationalen Recht des Herkunftslandes ergeben oder durch eine Erlaubnis nach § 11a Apothekengesetz erworben werden.
In Ergänzung dieser Bestimmung hat das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung gem. § 73 Abs. 1 AMG in regelmäßigen Abständen eine aktualisierte Übersicht über die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und die anderen Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums zu veröffentlichen, in denen für den Versandhandel und den elektronischen Handel mit Arzneimitteln dem deutschen Recht vergleichbare Sicherheitsstandards bestehen.
Wenn es in der amtlichen Begründung heißt, die Veröffentlichung dieser Liste "dient dem Verbraucher zur Orientierung beim Bezug von Arzneimitteln aus EWR-Vertragsstaaten und somit dem Schutz deutscher Verbraucher", so greift dies allerdings zu kurz.
Die Durchsetzung des Arzneimittelgesetzes obliegt den zuständigen Überwachungsbehörden, die gegen den Versand durch nicht autorisierte Versender vorzugehen haben. Soweit eine Apotheke nach dem Recht ihres Heimatlandes nicht zum Versand befugt ist oder das nationale Recht dem deutschen Apothekenrecht in Hinblick auf die Vorschriften zum Versandhandel nicht entspricht, darf sie nur dann Arzneimittel nach Deutschland versenden, wenn sie zuvor eine deutsche Versanderlaubnis erworben hat. Dies setzt die Erfüllung sämtlicher in § 11a Apothekengesetz geforderten Anforderungen voraus.
... die Anforderungen an den Arzneiversand und den E-Commerce ...
Die zweite Bedingung für den Arzneimittelversand an deutsche Patienten ist, dass das Arzneimittel von der ausländischen Versandapotheke "entsprechend den deutschen Vorschriften zum Versandhandel oder zum elektronischen Handel versandt wird" (§ 73 Abs. 1 Nr. 1a AMG).
Das bedeutet, dass sich die ausländische Apotheke an die Vorschriften zum Qualitätssicherungssystem, zu Verpackung, Transport und Auslieferung, zur kostenlosen Zweitzustellung, zum System zur Sendungsverfolgung und zur Transportversicherung zu halten hat.
Insbesondere muss der Versender auch die Hinweis- und Beratungspflichten durch pharmazeutisches Personal in deutscher Sprache erfüllen und ein System zur Benachrichtigung der Kunden über bekannt gewordene Arzneimittelrisiken einrichten.
Entsprechend der in der amtlichen Begründung genannten Zweckbestimmung dieser Vorschrift, einen geregelten, kontrollierten und überwachten Versandhandel sicherzustellen, wird es künftig Aufgabe der deutschen Überwachungsbehörden sein, die Einhaltung dieser Regelungen durch die Versender aus dem europäischen Ausland zu kontrollieren.
... einschließlich der sonstigen Vorschriften zur Arzneimittelabgabe.
Die Bedeutung dieser Vorschrift geht aber über die Anwendbarkeit der neuen Versandvorschriften und des Apothekengesetzes auf ausländische Versender weit hinaus.
Zu den "deutschen Vorschriften zum Versandhandel oder zum elektronischen Handel" im Sinne des § 73 Abs. 1 Nr. 1a AMG gehören auch die übrigen Regelungen zur Arzneimittelabgabe und sind daher ebenfalls für Versandapotheken aus der EU maßgeblich, soweit diese Arzneimittel an deutsche Patienten liefern.
Dies umfasst sämtliche einschlägigen Vorschriften des Arzneimittelgesetzes, des Heilmittelwerbegesetzes, des Apothekengesetzes und der Apothekenbetriebsordnung.
Neben der bereits erwähnten Einhaltung der Kennzeichnungspflicht, der Verschreibungspflicht, umfassen diese Anforderungen unter anderem auch das Verbot der Abgabe kostenloser Arzneiproben, die Pflicht, erkennbarem Arzneimittelmissbrauch entgegenzuwirken und insbesondere auch die Einhaltung der auf § 78 AMG beruhenden Preis- und Spannenvorschriften der Arzneimittelpreisverordnung.
Auch der ausländische Versender muss daher den gesetzlich vorgeschriebenen einheitlichen Arzneimittelabgabepreis für verschreibungspflichtige Arzneimittel einhalten. Da er ohnehin nur in Deutschland verkehrsfähige Arzneimittel versenden darf, basiert dieser Preis auf dem in Deutschland geltenden Herstellerabgabepreis und ist ohne weiteres der aktuellen Taxe zu entnehmen.
Auch all diese Anforderungen an die Versandapotheken der anderen 27 europäischen Staaten haben die für den Arzneimittelverkehr zuständigen Überwachungsbehörden künftig zu kontrollieren und Verstöße gegebenenfalls zu ahnden.
Was wird aus dem Einzelimport nicht zugelassener Arzneimittel?
Nach der amtlichen Begründung sollen die dargestellten Anforderungen des § 73 Abs. 1 Nr. 1a AMG an den grenzüberschreitenden Versandhandel sicherstellen, "dass nur solche Arzneimittel nach Deutschland versendet werden dürfen, die nach den Vorschriften des deutschen Arzneimittelgesetzes zum Inverkehrbringen in Deutschland zugelassen oder registriert oder von der Zulassung oder der Registrierung freigestellt worden sind oder nach dem europäischen Recht für das Inverkehrbringen in der Europäischen Gemeinschaft die Genehmigung von der europäischen Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln (EMEA) erteilt worden ist".
Gleichzeitig wurde jedoch die Bestimmung des § 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG beibehalten, nach der das Verbot der Verbringung nicht verkehrsfähiger Arzneimittel nach Deutschland nicht für Arzneimittel gilt, die "im Herkunftsland in Verkehr gebracht werden dürfen und ohne gewerbs- oder berufsmäßige Vermittlung in einer dem üblichen persönlichen Bedarf entsprechenden Menge aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum bezogen werden".
Es stellt sich daher die Frage, in welchem Verhältnis diese beiden Regelungen stehen. Zum einen ist dazu festzuhalten, dass der Versand in Deutschland zugelassener Arzneimittel an deutsche Patienten künftig zur Regel gemacht wird, während der Einzelbezug nicht zugelassener Arzneimittel eine auf der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes beruhende eng auszulegende Ausnahmeregelung bleibt.
Sie ist daher auf eine dem üblichen persönlichen Bedarf entsprechende Menge begrenzt und darf nicht unter gewerbs- oder berufsmäßiger Vermittlung erfolgen. Es bleibt auch bei dem Verbot des § 8 Heilmittelwerbegesetz, wonach für diesen Vertriebsweg nicht geworben werden darf.
Entscheidender Unterschied ist ferner, dass diese Ausnahme nur den "Bezug" aus dem Ausland erlaubt, den Exporteur selbst also nicht privilegiert. Ein ausländischer Versender darf also nach wie vor nicht unter Berufung auf diese Bestimmung Arzneimittel nach Deutschland versenden, die hier nicht zugelassen sind.
Es wird allerdings entscheidend darauf ankommen, dass die deutschen Behörden nun dazu übergehen, dieses Verbot auch tatsächlich gegenüber ausländischen Versendern durchzusetzen. Sollte es bei der bisherigen Praxis bleiben, in der faktisch auf die Durchsetzung des Verbringungsverbotes für in Deutschland nicht zugelassene Arzneimittel verzichtet wurde, würde die gesamte Neuregelung des § 73 Abs. 1 Nr. 1a ins Leere laufen.
Niemand könnte dann noch selbst bei Kontrolle eines einzelnen Päckchens feststellen, ob das darin an einen deutschen Endverbraucher verschickte Fertigarzneimittel mit ausländischer Zulassung unzulässigerweise unter Verstoß gegen § 73 Abs. 1 Nr. 1a AMG in Deutschland in Verkehr gebracht oder zulässigerweise aufgrund § 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG aus Deutschland bezogen wurde.
Die Situation wäre dann im Hinblick auf Arzneimittelsicherheit und Verbraucherschutz schlechter als zuvor, da sich nun legale und illegale Warenströme ununterscheidbar mischen würden.
Welche Rolle spielen künftig die Krankenkassen beim Arzneimittelimport?
In der amtlichen Begründung zu § 73 Abs. 1 Nr. 1a AMG heißt es, dass die Ausrichtung der Anforderungen des innereuropäischen Versandhandels mit Arzneimitteln nach Deutschland an den in Deutschland geltenden Anforderungen "in den Verträgen mit Leistungserbringern im Geltungsbereich des EG-Vertrages gemäß § 140e – neu – SGB V in Verbindung mit der Arzneimittelversorgung zu berücksichtigen ist".
Damit werden die Krankenkassen zum Garanten der Durchsetzung des deutschen Arzneimittelrechts gegenüber ausländischen Versendern erklärt. In der nächsten Folge wird untersucht, ob dieser Verweis sachdienlich ist oder damit vielleicht sogar "der Bock zum Gärtner gemacht wurde". Ferner soll darin untersucht werden, welche rechtlichen Möglichkeiten der einzelne Apotheker hat, sich gegen illegale Konkurrenz aus dem Ausland zur Wehr zu setzen.
Mit der Aufhebung des Versandhandelsverbotes für apothekenpflichtige Arzneimittel wird der deutsche Apothekenmarkt ab 1. Januar 2004 für Versandapotheken aus der gesamten EU geöffnet. Zugleich dehnt das GMG die Erstattungspflicht der GKV generell auf aus dem Ausland bezogene Arzneimittel aus. Einschränkende Rahmenbedingungen sollen jedoch nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers dafür sorgen, dass die damit verbundene Gefährdung der Arzneimittelsicherheit zu Lasten der deutschen Patienten und die befürchtete Verzerrung des Wettbewerbs zu Lasten der deutschen Apotheken verhindert werden. Wie diese Regelungen aussehen und ob sie den versprochenen Zweck erfüllen werden, untersuchen wir in dieser Ausgabe.
Diese Änderung des Arzneimittelgesetzes dient somit dem Verbraucherschutz, da der Verbraucher durch einen geregelten, kontrollierten und überwachten Versandhandel einschließlich des elektronischen Handels mit Arzneimitteln besser als bisher geschützt werden kann.
Eine Beschränkung des Versandhandels einschließlich des elektronischen Handels mit nur verschreibungspflichtigen Arzneimitteln würde den oben angeführten notwendigen Verbraucherschutz bei diesem Handel mit nichtverschreibungspflichtigen Arzneimitteln ausschließen." (Amtl. Begründung zu § 43 AMG in der Fassung des GMG, BT-Drs. 15/1525, S. 165) … weil nicht sein kann, was nicht sein darf.
Teil 1: Die neue Aut-idem-Regelung (DAZ 43/2003, S. 81 f)
Teil 2: Die neuen Preis- und Spannenvorschriften (DAZ 44/2003, S. 61 f)
Teil 3: Neue Abschlags- und Rabattregelungen für Arzneimittel (DAZ 45/2003, S. 59 f)
Regeln für ausländische Versandapotheken kurz zusammengefasst
- Arzneimittel nach Deutschland versenden dürfen nur Apotheken aus anderen EU- oder EWR-Staaten, "welche für den Versandhandel nach ihrem nationalen Recht, soweit es dem deutschen Apothekenrecht in Hinblick auf die Vorschriften zum Versandhandel entspricht, oder nach dem deutschen Apothekengesetz befugt sind".
- Europäische Versandapotheken, die in Deutschland Arzneimittel in Verkehr bringen, müssen sich prinzipiell nach den deutschen Regelungen für das Inverkehrbringen von Arzneimitteln richten.
- Arzneimittel müssen von der ausländischen Versandapotheke "entsprechend den deutschen Vorschriften zum Versandhandel oder zum elektronischen Handel versandt werden" (§ 73 Abs. 1 Nr. 1a AMG).
- An deutsche Patienten dürfen aus dem EU-Ausland nur Arzneimittel versendet werden, die auch zum Verkehr in Deutschland zugelassen sind, das heißt keine Arzneimittel, die nur die nationale Zulassung des Versenderlandes haben.
- Auch zentral in Europa zugelassene Arzneimittel sind nur mit deutschsprachiger Kennzeichnung und deutschem Beipackzettel an deutsche Endverbraucher versendungsfähig.
- Rezeptpflichtige Arzneimittel dürfen auch von ausländischen Versandapotheken nur gegen Rezept an deutsche Patienten abgegeben werden. Es gilt die deutsche Arzneimittelpreisverordnung und der einheitliche Apothekenabgabepreis.
- Auch freiverkäufliche Arzneimittel dürfen aus dem EU-Ausland nur von Apotheken an deutsche Patienten versandt werden.
- Erlaubnis zum Versand apothekenpflichtiger Arzneimittel (§ 11 a ApoG).
- Versand nur aus einer öffentlichen Apotheke und nur zusätzlich zum üblichen Apothekenbetrieb mit seinen Anforderungen nach der ApBetrO.
- Sicherstellungsauftrag: Alle bestellten Arzneimittel sind zu liefern, Ausnahme: nicht verkehrsfähig oder verfügbar.
- Qualitätssicherungssystem.
- Verpackung, Transport und Auslieferung dürfen Qualität des Arzneimittels nicht beeinträchtigen.
- Auslieferung nur an namentliche benannte Personenkreise.
- Hinweis auf erforderliche Kontaktaufnahme zum Arzt bei Problemen.
- Beratung durch pharmazeutisches Personal in deutscher Sprache.
- Arzneimittel sind innerhalb von zwei Tagen nach Bestellung zu versenden.
- Ausnahme: steht nicht zur Verfügung oder andere Absprache mit Besteller; dann Benachrichtigung.
- System zur Benachrichtigung der Kunden über bekannt gewordene Arzneimittelrisiken.
- Kostenlose Zweitzustellung.
- System zur Sendungsverfolgung.
- Transportversicherung.
- Bei elektronischem Handel zusätzliche Einrichtungen.
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