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- AZ 22/2004
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Deutscher Ärztetag: Hoppe: GMG - der Abschied von der wohnortnahen und flächen
Hoppe hob in seiner Rede darauf ab, dass für Ärzte und andere Heilberufe die Arbeit am Menschen mehr als nur eine Dienstleistung ist, nämlich auch Nächstenliebe und innere Berufung. Diese Bereitschaft zur menschlichen Zuwendung dürfe nicht ausgenutzt werden. In Köpfen von Gesundheitstheoretikern und Politikern habe sich jedoch, so Hoppe, "eine Ideologie des Wettbewerbs" festgesetzt: "Wer Wettbewerb predigt, der fordert Profitdenken und erwartet keine Nächstenliebe mehr." Der Ärztepräsident befürchtet, dass Barmherzigkeit in unserem Gesundheitswesen verloren geht und der Arztberuf sich auf den Weg in die völlige Kommerzialisierung und Merkantilisierung begibt. Aber: "Weder sind Ärztinnen und Ärzte Kaufleute noch sind die Patienten Kunden."
Freie Arztwahl muss erhalten bleiben
Das GKV-Modernisierungsgesetz habe einen Paradigmenwechsel eingeleitet, dessen Auswirkungen erst nach und nach sichtbar würden. Es werde viele Menschen geben, die nicht mehr so behandelt werden könnten wie früher. Der Wettbewerb zerstört nach Hoppes Ansicht die Chancengleichheit im Zugang zu unserem Gesundheitswesen: "Das ist nichts anderes als statistische Rationierung." Die Patienten sollten auch weiterhin auf ihre Ärzte vertrauen können, fügte Hoppe hinzu, "und nicht als Konsumenten in medizinischen Profitcentern enden".
Der Ärztepräsident sprach sich deutlich für den Erhalt der wohnortnahen ärztlichen Versorgung aus. Der Deutsche Ärztetag forderte daher nachhaltig eine Stärkung der hausärztlichen Versorgung auf freiwilliger Basis, die freie Arztwahl muss erhalten bleiben, ein Primärarztmodell wird abgelehnt. Als Hausarzt der Zukunft sehen die Ärzte den "Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin", so auch der Beschluss vom letztjährigen Ärztetag.
Gegen DRG und Fallpauschalen ...
Harsche Kritik äußerte Hoppe an der Einführung von Fallpauschalen und DRG (diagnosis related groups) im Krankenhaus: "Die Patienten werden einer Fallpauschale zugeordnet und dann entsprechend dieser Diagnose schnellstmöglich behandelt. Der Patient mutiert quasi vom Kranken über den Diagnosebesitzer zur Fallpauschalennummer." Ablehnend stand er auch den Disease-Management-Programmen gegenüber. Sie seien ein weiterer Indikator für Konzentration und Qualitätsverlust in der Versorgung und führten nicht zu einer optimalen medizinischen Betreuung: nur eine weitgehende Gleichheit der Behandlung, aber keine bessere Qualität.
Die Flut an bürokratischen Anforderungen - ein weiterer Punkt in Hoppes Rede - droht zudem die Patientenversorgung untergehen zu lassen, Verwaltung des Patienten scheint wichtiger zu werden als seine Behandlung. Die überbordende Bürokratisierung ist nach Meinung Hoppes auch ein Hauptgrund für den Ärztemangel. Versorgungsdefizite, vor allem in Ostdeutschland, verschärfen sich zusehends. Mit der Gesundheitspolitik der letzten Jahre zeigte sich der Ärztepräsident unzufrieden, sie sei nur noch eine Kostendämpfungspolitik, die letztlich Rationierung bedeute. Auch der Wettbewerb werde die Probleme nicht lösen. Weitere Einsparungen werden zu weiteren Rationierungen führen.
... aber für integrierte Versorgung
Hoppe sprach sich dagegen für Möglichkeiten zur integrierten Versorgung aus, mit fairen Ausgangspositionen für die niedergelassenen Vertragsärzte: Experimentierfelder der Krankenkassen für Einkaufsmodelle darf es hier nicht geben. Die geplante elektronische Gesundheitskarte begrüßte Hoppe, sie fördere die Leistungstransparenz auch für den Patienten. Allerdings müsse ihre Einführung gewissenhaft vorbereitet werden. Der vorliegende Zeitplan zur Einführung ist jedoch nach Ansicht Hoppes "illusorisch".
In Anwesenheit der Bundesgesundheitsministerin machte er seinem Ärger Luft: die Ärzte und alle anderen Berufe im Gesundheitswesen sind verärgert, dass "Chefideologen und pseudowissenschaftliche Phrasendrescher" unser Gesundheitswesen in den letzten Jahren so skrupellos herunterreden. Die Heilberufe empfänden dies als entwürdigend. Angesichts einer Umfrage, wonach 81 Prozent der Menschen glauben, durch die gesetzliche Krankenversicherung keine ausreichende medizinische Versorgung mehr zu erhalten, laute das Gebot der Stunde: Vertrauen schaffen.
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